Neuer Vonovia-Milliarden-Deal: Mieter*innen zahlen die Zeche

Für knapp eine Milliarde Euro hat der Immobilienkonzern Vonovia 30 Prozent seiner Anteile an seiner Tochter Süddeutsche Wohnen (SÜDEWO) an einen Investor verkauft. Von dem Geschäft sind über 600 Mieterinnen und Mieter aus Konstanz und Umgebung betroffen. Hier eine Presseerklärung des Deutschen Mieterbundes.

„Die neuen Kapitalanleger wollen regelmäßig Geld sehen: Das bezahlen die Mieterinnen und Mieter, die sich auf weiter steigende Mieten einstellen müssen“, befürchten die Vorstandsmitglieder Herbert Weber und Winfried Kropp vom Deutschen Mieterbund Bodensee (DMB).

Rechtlich ändere sich für die Mieterinnen und Mieter durch den Verkauf der Anteile nichts, betont Herbert Weber, der Vorsitzende des Mieterbund Bodensee. Es gelte der Rechtsgrundsatz „Kauf bricht nicht Miete“. Das heißt: Neue Eigentümer übernehmen alle Rechte und Pflichten bestehender Mietverträge. Gleiches gilt für den Verkauf einer Minderheitsbeteiligung an einer Wohnungsbaugesellschaft. Nichts ändern werde sich auch bei der Bewirtschaftung der Wohnungen, die nach wie vor durch Vonovia erfolge. Es werde keinen Wechsel der Ansprechpartner geben.

Sorge macht den Mietervertretern, dass bislang unklar ist, wer genau die Anteile an der SÜDEWO erworben hat. „Die Verlautbarung der Vonovia ist äußert intransparent“, sagt Pressesprecher Winfried Kropp, der auch Mitglied des Landesvorstands ist. Die Rede sei von einer Verwaltungsgesellschaft, die von einem Unternehmen namens Apollo verwaltet werde. Wo Apollo seinen Sitz habe und welche Investoren sich an dieser Gesellschaft beteiligen werden, wisse derzeit noch niemand. „Mieter wollen verständlicherweise erfahren, wem ihre Wohnung gehört und wohin die Mietzahlungen fließen.“

Vonovia stehe derzeit unter erheblichem wirtschaftlichem Druck, so Kropp. Durch zahlreiche Wohnungskäufe in der Vergangenheit sei der Konzern hoch verschuldet und wolle durch den Verkauf von Wohnungen Kredite und Anleihen zurückzahlen. Gleichzeitig wollten Aktionäre wie der Finanzkonzern BlackRock oder skandinavische Rentenfonds Dividenden sehen. Mit dem Verkauf der SÜDEWO-Anteile habe der Konzern eine neue „Monopoly-Runde mit den ehemals über 20.000 landeseigenen Wohnungen in Baden-Württemberg“ eingeleitet. Diese wurden 2012 von der Landesbank Baden-Württemberg mit Billigung der damaligen grün-roten Landesregierung privatisiert. „Damals gingen für die Wohnungsgesellschaft etwa 1,4 Milliarden Euro über den Tisch, heute sollen die Wohnungen insgesamt 3,3 Milliarden Euro wert sein. „Der jetzige Verkaufspreis zeigt uns, wie hoch die Spekulationsgewinne auf Kosten der Mieterinnen und Mieter, aber auch der Kommunen ausfallen“, sagt Herbert Weber.

Der Mieterbund Baden-Württemberg hatte Ministerpräsident Winfried Kretschmann und Wohnungsbauministerin Nicole Razavi aufgefordert, mit Vonovia das Gespräch über deren Verkaufspläne zu suchen, nachdem diese vor einem Jahr veröffentlicht wurden. „Von Regierungsseite wurde uns nicht einmal geantwortet. Mietersorgen sind der Landesregierung leider wurscht“, kritisiert Winfried Kropp.

Vonovia-Mieter müssen in Konstanz alle 15 Monate mit einer Mieterhöhung rechnen, so der Mieterbund. Das Unternehmen gehe stets bis zur Obergrenze des rechtlich Zulässigen und wirke so zum Preistreiber bei den ohnehin teuren Konstanzer Mieten. „Wohnen ist ein Menschenrecht. Das sollte unsere Gesellschaft nicht an börsennotierte Aktiengesellschaften verkaufen“, erneuert Herbert Weber die grundsätzliche Kritik des Mieterbunds am Immobilienkonzern. Es sei daher höchste Zeit, dass die Bundesregierung ihre mietrechtliche Untätigkeit aufgebe: So bieten Index-Mietverträge Vonovia derzeit die Möglichkeit zu hohen Mieterhöhungen. Davon mache das Unternehmen auch in Konstanz Gebrauch. „Dagegen muss die Bundesregierung etwas tun und den Koalitionsvertrag abarbeiten“, appelliert der Mieterbund auch an die örtlichen Bundestagsabgeordneten.

Text: MM/red, Bild: Jürgen Geiger