Neuordnung der Berufsschulen im Landkreis: Radolfzell legt zu, Konstanz gibt ab

Über die Zukunft der Berufsschulen im Landkreis Konstanz stritt lang und heftig der Kreistag. Insgesamt elf Klassen sollen um­ziehen – sieben allein aus Konstanz – in das neue Berufsschulzentrum (BSZ) in Radolfzell. Ursprünglich waren 15 Umzüge vorgesehen. Dafür wird in Konstanz ein neues Zentrum hochgezogen werden – 2025 soll das bezugs­fertig sein und dann fast 50 Millionen Euro gekostet haben.

Das Problem: Das Berufsschulzentrum in Radolfzell (Foto) gilt als überdimensioniert. Ob der externe Gutachter, die Experten im Landratsamt oder die Schulleiter falsch geplant haben oder ob die Prognosen über die Entwicklung der Schülerzahlen schlicht aus dem Ruder liefen, weil Berufsfelder verschwinden oder sich stetig ändern – Fakt ist: Die Klassen-Kapazitäten müssen umgeschichtet werden, wenn nicht dauerhaft Steuergelder versenkt werden sollen. Und seitdem herrscht Konkurrenzkampf zwischen den betroffenen Schulstandorten.

Sicher scheint, dass die Mettnau-Schule Radolfzell am bisherigen Standort erhalten bleiben soll. Allerdings wird das Biotechnologische Gymnasium mit drei Vollzeitklassen an das BSZ Radolfzell verlagert. Auch die Hohentwiel-Gewerbschule, die Robert-Gerwig-Schule (beide Singen) und das BSZ Stockach scheinen gesichert, könnten aber Klassen abgeben müssen – eine Arbeitsgruppe aus Schulleitern sowie Experten aus dem Regierungspräsidium und dem Landratsamt soll die Einzelheiten dieses Umzuges erarbeiten.

Konstanzer Aderlass

Der größte Aderlass kommt auf die Konstanzer Berufsschulen zu. Die Wessenberg-Schule und die Zeppelin-Gewerbeschule sollten ursprünglich zehn Vollzeitklassen abgeben; nach der Diskussion im Kreistag sind es nur noch sieben, um das auf 11,6 „Vollzeitäquivalente“ reduzierte Angebot am BSZ Radolfzell zu erfüllen.

Das aber hört sich schlimmer an als es ist: Da beide Schulen ohnehin im neuen Berufsschulzentrum Konstanz zusammen gelegt werden sollen, das zudem noch teilweise mit der neuen Gemeinschaftsschule dort kooperieren wird (dafür sind allerdings noch nicht einmal die Grundstücke beisammen), könnte das neue Zentrum in Konstanz kleiner und damit kostengünstiger als vorgesehen entstehen. Der Kreistag jedenfalls gab letzten Montag grünes Licht für die Fusion beider Konstanzer Schulen, für die Planung des BSZ-Neubaus und zu Kaufverhandlungen für die Grundstücke. Bis zu 50 Millionen sind für das neue Berufsschulzentrum avisiert, die größtenteils über Kredite finanziert werden sollen. „Eine Investition, mit der wir nachfolgende Generationen belasten“, gab Landrat Hämmerle zu bedenken.

CDU-Verzögerungstaktik

Bevor sich die 68 Kreistagsmitglieder jedoch zu dieser Entscheidung durchgerungen hatten, gab es nervenaufreibende Diskussionen. Zunächst hatte der Singener OB Bernd Häusler für die CDU eine Vertagung dieser Diskussion beantragt, wohl aus Sorge vor wieder nicht zuverlässigen Statistiken; dann gab es Widerstand der Konstanzer Abgeordneten, die eine Schwächung ihres Standortes befürchteten und nur zähneknirschend dem Kompromiss, sieben statt zehn Klassen abgeben zu müssen, zustimmten; schließlich herrschte arge Verwirrung nicht nur bei der Sitzungsleitung, was denn nun wie beschlossen werden soll.

Ergebnis: Elf Klassen werden Radolfzell zugeschanzt, sieben aus Konstanz abgezogen, die übrigen kommen aus der Mettnau-Schule; ein neues Zentrum für Berufsschulen in Konstanz wird in Angriff genommen, die Grundstücksverhandlungen können starten.

Das alles wird kosten, nicht nur Steuergelder. Für Schüler und Lehrer fallen höhere Fahrtkosten an, Umbauarbeiten werden wohl auch im BSZ Radolfzell nötig. Noch sei der Finanzbedarf nicht abzuschätzen, notiert das Landratsamt in seiner Vorlage, doch siebenstellig dürfte der Fehlbetrag wohl ausfallen. Und man fragt sich, ob bei gewissenhafterer Planung dieses Geld nicht hätte eingespart werden können. Hoffentlich lernen die Fachleute aus diesem Fiasko …

hpk