Niederburg – ein Stadtteil soll leben
„Kein Museum, sondern ein Quartier voller Leben“ soll nach den Worten von Andreas Fritz die Niederburg sein. Der Weinhändler und Weinkeller-Besitzer aus dem ältesten Stadtteil von Konstanz engagiert sich mächtig im „Förderverein Niederburg Vital“, der jetzt sein Aktionsprogramm für 2012 vorstellte. Und mit Fritz setzen sich mittlerweile bereits 86 Niederburg-Vereinsfreunde mit zahlreichen Aktionen für die Belebung des Viertels ein.
Am 4. Mai ist es wieder so weit: Immer am ersten Freitag eines jeden Sommermonats strömen nicht nur Niederbürgler zum „Gassen-Freitag“ durch die Straßen des Stadtteils, die in der Niederburg nur „Gassen“ heißen. Musik an fast jeder Gassenecke, Bücherflohmarkt und Mikrotheater und überall geöffnete Läden haben die „Gassen-Freitage“ seit vier Jahren zu einem festen Event-Termin in Konstanz werden lassen. Wenn auch die Kommerzialisierung des einstigen Nachbarschaftstreffens manchem Einheimischen böse aufstößt – die Einzelhändler und Kneipiers freut’s.
„Wir sind scharf auf Sie“ ist dann auch das Vereinsmotto im Jahr 2012, das auf den zahlreich verteilten Buttons prangt. Und unumwunden geben die Vorständler des Fördervereins (s. Foto) zu, dass die Ankurbelung des Umsatzes zu den wichtigsten Motiven ihres Engagements zählt. Immerhin sind weit über die Hälfte der Vereinsmitglieder aktive Gewerbetreibende, sprich: Einzelhändler oder Gastronomen. Und die registrieren mit Sorge, dass in der Niederburg immer mehr Geschäfte schließen, immer mehr Gaststätten dicht machen, immer häufiger nur noch Stadtführungen die Gassen beleben. „Aber die Niederburg soll leben“, haben die Vitalfreunde auf ihre Fahnen geschrieben und kurbeln mit zahlreichen Ideen das Wohlfühl-Gefühl im ältesten Quartier von Konstanz an.
Denn nicht nur die Gassen-Freitage gehören zum Event-Programm. Auch in diesem Jahr wird es wieder zwei Büchermärkte auf dem Münsterplatz geben, wieder einen JazzAdvent, wieder einen Niederburger Krippenweg, wieder ein Kulturfest, um nur die wichtigsten Termine zu nennen. Und wie in den vergangenen vier Jahren – so lang ist ‚Niederburg Vital‘ schon aktiv – setzt sich der Verein weiter für eine Rheintorturm-Brücke ein, um die Anbindung des Stadtteils auch für KonstanzerInnen jenseits des Rheins zu verbessern.
Es rührt sich also was zwischen Münsterplatz und Rheinufer, zwischen den Ateliers und Kneipen, dem Dritte-Welt-Laden und dem Grünen-Parteibüro. Denn, darüber sind sich nicht nur die Aktiven des Fördervereins einig: Die Niederburg muss nicht nur erhalten, sie muss zusätzlich belebt werden.
Autor: hpk
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@ hpk
Am 23. August 2011 haben Sie geschrieben: „Das Charmante ist unterdes verflogen. Wie zu Fasnacht ziehen sich die Niederbürgler zurück, überlassen das Feld den Geschäftemachern und erdulden die aufgesetzte, alkoholisierte Fröhlichkeit einmal im Monat.“
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Und heute? Nur weil es noch mehr tolle Events geben soll, sind Sie voll des Lobes? Durch die Geschäftemacher kommt das Charmante ganz bestimmt nicht zurück!!!
Die wenigen Einzelhändler, die noch in der Niederburg ausharren, haben von den Gassenfreitagen und den anderen geplanten Veranstaltungen keinen Vorteil – im Gegenteil – denn die Läden sind leer, wenn draussen vor der Tür der Punk abgeht.
Mag sein, dass die Kneipiers sich freuen. Aber die Aufenthaltsqualität im ältesten Konstanzer Stadtteil dümpelt am unteren Rand der Möglichkeiten. Um die Niederburg nachhaltig attraktiver zu machen, muss dieser Stadtteil auch als gute Einkaufsadresse und besonderes Wohnquartier wahrgenommen werden – dann käme eine dauerhafte Belebung ganz von allein. Von diesem Ziel sind wir aber noch sehr weit entfernt……
Die Niederburg lebt schon jetzt, immer noch und ist nicht dem Untergang geweiht, wie man dem Vorgehen des Vereins „Niederburg – vital“ entnehmen könnte. Die „Gassenfreitage“ sind nicht anderes mehr als kleine Stadtteilfeste. Ja, es gibt noch ein paar Einzelhändler die geöffnet haben, aber das gros hat diese Fress-, Sauf-, und Lärmveanstaltung doch schon den Rücken gekehrt. Was einem da als Anwohner allmonatlich begegnet grent ist unwirklich: irgendwelche stellen selbstgemalte Verkehrsschilder auf, dass die Durchfahrt verboten ist. Wenn ich, wie jeden Freitagabend gegen 20 Uhr nach Hause komme und wie jeden Freitag vor meinem Haus ausladen will, muss ich mich durch einen Haufen ungläubig Glotzender durchwühhlen und mir Anfeindungen gefallen lassen. Auch dass immer mehr nicht-Niederburg-Ansässige-Händler ihre Tische aufschlagen, ist wohl nicht ganz im Sinne des Erfinders. Und für den Dreck auf der Strasse und das Gegröhle nachts sind dann etliche der „Vital“-Freunde auch nicht mehr zuständig, da sie ja hier nicht wohnen. Für mich hat diese Veranstaltung ihr ursprüngliches Ziel verfehlt. Da kommen doch keine Nachhaltigen Umsatzsteigerungen oder gar bessere Kundenbindungen heraus.