Nur Plattitüden zur Kulturpolitik
Es ging ums Scala-Kino und um Schauspieler-Gehälter, um das Theater als Dienstleistungsbetrieb und ums liebe Geld. Aber ging es bei der Podiumsdiskussion am Montagabend im Konstanzer Stadttheater wirklich auch um Kultur? Wohl eher nicht…
Hätte man dem hochtrabenden Titel „Welche Kulturpolitik wollen wir in den Städten und welche Kulturpolitik braucht Konstanz?“ gerecht werden wollen, dann hätten zum Beispiel mit Tobias Engelsing oder Beat Fehlmann die Museums- und Philharmonie-Verantwortlichen aufs Podium gehört, dann hätten Vertreter der kleinen, freien Künste (während der Diskussion nur „Semi-Professionelle“ genannt) zu Wort kommen sollen. Dann hätte womöglich die Kultur der Flüchtlinge eine Rolle spielen können – so wurde die Chance kultureller Erneuerung durch die Neunankömmlinge mit keinem Wort erwähnt.
Stattdessen Plattitüden (Wolfgang Mettler, Leiter des Sinfonischen Chors Konstanz: „Wenn der Umbau der Laube 300 000 Euro mehr kostet, wird das durchgewunken, wenn 50 000 für neue Instrumente benötigt werden, wird wochenlang gestritten“) und Selbstverständliches (Theater-Intendant Christoph Nix: „Wir dürfen im Theater nicht auf dem Status quo beharren – wir brauchen freches Theater“).
Zumindest wurde es dann ein munteres Gespräch, das einen Moderator gar nicht brauchte – Gesprächsleiter Jürgen Hoeren, einst Leiter „Kulturelles Wort“ des SWR, kam kaum zu Wort. Das lag vor allem daran, dass die Promis unter den Diskutanten, OB Uli Burchardt und Christoph Nix, um ein fröhliches Miteinander bemüht waren – sogar Selfies aus der Fasnacht wurden auf der Bühne rumgereicht.
Und auch die Fragen aus dem Publikum sorgten für wenig Prickelndes: Uli Burchhardt, auf den Erhalt des Scala-Kinos angesprochen, beharrte auf seinem „Wir können nichts ändern“; Nix immerhin regte ein gemeinsames Gespräch mit dm-Gründer Werner an. Nix sorgte dann auch für die einzige Aussage mit Newswert, als er ein 2000-Euro-Mindestgehalt für seine Schauspieler ab September ankündigte. Aus welchem Topf das Geld kommen soll, sagte er allerdings nicht.
Dass es keine Verteilungskämpfe zwischen Hochkultur und freier Kunst, aber auch nicht mit den Sportverbänden geben dürfe, dass Kulturbetriebe nicht zu Dienstleistungsunternehmen verkommen dürfen und dass die Konzilfeierlichkeiten eine Erfolgsgeschichte (Originalton Burchardt) seien – alles tausendmal gesagt. Auch das Plädoyer des Intendanten für eine faire Streitkultur hat man von Nix schon häufiger gehört.
Und so leerte sich nach fast zwei Stunden der nahezu gefüllte Theatersaal von Bildungsbürgern, die Aufhellenderes erwarten hatten, die einer verpassten Chance nachtrauerten. Oder wie es meine Nachbarin ausdrückte: „Glücklicherweise ist die städtische Kulturpolitik nicht so flau wie diese Diskussion“.
hpk