Pflegenotstand: OB Burchardt ist in der Pflicht
Normen Küttner reicht es: Der FGL-Stadtrat im Konstanzer Gemeinderat will endlich wirksame Schritte gegen den Pflegenotstand. „Ein erster Schritt, die Stadt zum Handeln zu bewegen, ist die Veröffentlichung des Stellenschlüssels für Pflegekräfte im Klinikum Konstanz“, sagt Küttner im seemoz-Gespräch. Der grüne Stadtrat, im Hauptberuf langjähriger Rettungsassistent beim DRK: „Der Rationalisierungsdruck führt in der Pflege zu einem gravierenden Stellenabbau und daraus folgender Arbeitsverdichtung“
Schon im Herbst 2011 hatte die FGL beim damaligen Bürgermeister Boldt einen Stellenschlüssel für das Personal im Klinikum Konstanz beantragt, aber keine Antwort erhalten, schreibt die FGL in einem aktuellen Antrag. Darin beklagt Küttner (s. Foto) eine „Industrialisierung der Medizin“ und fügt im Gespräch hinzu: „Der Rationalisierungsdruck führt in der Pflege zu einem gravierenden Stellenabbau und daraus folgender Arbeitsverdichtung“. Grund dafür sei die Einführung des DRG-Systems und dadurch die Abhängigkeit auch der Pflegekosten von Fallpauschalen. „So werden die Krankenhäuser aus wirtschaftlichen Gründen dazu angehalten, immer mehr Patienten in immer kürzerer Zeit zu behandeln.“
Viele werfen das Handtuch
„Der Stress, der Arbeitsdruck führt gerade bei pflegenden Berufen zu großer Unzufriedenheit – man/frau will dem Kranken helfen, ihn pflegen, findet aber nicht mehr die Zeit dazu“. Und er fügt hinzu, dass viele seiner KollegInnen deshalb das Handtuch werfen, ihren Beruf aufgeben oder anderswo nur noch in Teilzeit arbeiten oder gleich in die Schweiz abwandern. „Fast könnte man von einer Kannibalisierung im Pflegesektor sprechen, wenn ein Krankenhaus dem anderen das Personal abwirbt“. Und gerade in Konstanz sei wegen der Nähe zur Schweiz, wo deutlich besser bezahlt werde, das Problem der Abwanderung besonders gravierend: „Glauben Sie mir, ich weiß, wovon ich rede“.
Ganz wichtig ist Normen Küttner heraus zu stellen, dass die Pflegerinnen und Pfleger gerade im Klinikum Konstanz und im neuen Krankenhaus-Verbund „einen tollen Job machen. An ihnen liegt es nun wahrlich nicht, wenn es im Pflegebereich immer wieder zu Problemen kommt.“
Burchardt soll aktiv werden
Der FGL-Stadtrat registriert eine erhöhte Sensibilität für das Problem des Pflegenotstands. „Die Gewerkschaft ver.di, aber auch verschiedene Fachverbände fordern eine bundesweite, gesetzliche Regelung für eine Mindestpersonal-Bemessung in der Pflege“. Da trifft es sich gut, dass Oberbürgermeister Uli Burchardt jetzt Mitglied im Gesundheitsausschuss des Deutschen Städtetages geworden ist. In dieser Funktion, so Küttner, sollte sich der OB für eine gesetzliche Regelung stark machen.
Und Küttner will es nicht bei Appellen belassen: Zusammen mit der FGL-Fraktionssprecherin Charlotte Biskup fordert er namens seiner Fraktion, „dass der Oberbürgermeister dem Gemeinderat der Stadt Konstanz mindestens einmal im Jahr schriftlich und mündlich über seine Tätigkeit im Gesundheitsausschuss des Deutschen Städtetages berichtet.“ Aktuell bittet die FGL den OB, sich im Interesse des Klinikstandortes Konstanz und der weiteren Standorte im Gesundheitsverbund Landkreis Konstanz für eine Mindestpersonal-Bemessung in der Pflege einzusetzen.
In einem zweiten Antrag wird die Veröffentlichung des Stellenschlüssels im Pflegebereich des Klinikums Konstanz sowie im Krankenhaus-Verbund gefordert. „Denn“, so Küttner gegenüber seemoz, „wenn Initiativen auf Bundesebene ausbleiben, muss die Stadt Konstanz selber aktiv werden. Eines ist klar: Der Pflegenotstand in dieser Stadt muss beendet werden. Und wenn dazu Mittel aus dem städtischen Haushalt locker gemacht werden müssen“.
Autor: hpk
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wenn das Pflegepersonal bezahlbaren Wohnraum findet, wandert es auch nicht so oft in die Schweiz ab.
es bringt also nichts das Problem Wohnraum auszusitzen.
Herr Burchardt wird das spätestens im Alter zu spüren kriegen.