OB Burchardt unterläuft Gemeinderatsbeschluss

In seiner Sitzung am 25.10. 2018 hat sich der Konstanzer Gemeinderat auf Antrag der Linken Liste Konstanz (LLK) mehrheitlich dafür ausgesprochen, Konstanz zum „sicheren Hafen“ zu erklären. Das heißt, Konstanz verpflichtet sich, Flüchtlinge aus der Seenotrettung aufzunehmen. Ober­bürger­meister Uli Burchardt interessiert das nicht und hat Ministerpräsident Kretschmann Anfang Dezember ein dementsprechendes Schreiben geschickt.

Die Initiative „Seebrücke“ ist, so ihre aktuelle Pressemitteilung „empört“, hatte sie doch Burchardt bereits am 29.11. gebeten, mit Hilfe von Bundesaußenminister Maas „die Bereitschaft zu signalisieren, die 12 vom spanischen Fischerboot `Nuestra Madre de Loreto` geretteten Menschen in Konstanz aufzunehmen.“ Auch die Fraktionen von FGL und FDP plädierten für die Aufnahme der Flüchtlinge.

Das wiederum hat Burchardt dazu bewogen, Ministerpräsident Winfried Kretschmann am 7.12.2018 wissen zu lassen: „Unser Gemeinderat hat zwar in der Sitzung am 25.10.2018 eine Erklärung zum ’sicheren Hafen‘ beschlossen, doch bei aller Hilfsbereitschaft müssen wir auch die Grenzen unserer Möglichkeiten erkennen. Die Stadt Konstanz kann zur Zeit ihrer Verpflichtung in der Anschlussunterbringung leider nicht nachkommen, weil die Wohnraumsituation in unserer Stadt außerordentlich angespannt ist (…) Im Hinblick auf diese Wohnraumsituation sehe ich leider keine Möglichkeit, die Flüchtlinge auf der ‚Nuestra Madre de Loreto‘ in Konstanz aufzunehmen – so wünschenswert dies aus humanitären Gründen auch wäre. Auch fehlt uns für eine solche Aufnahme schlichtweg die Zuständigkeit.“

Zählt für den Konstanzer Oberbürgermeister damit nicht, was der Gemeinderat mehrheitlich beschlossen hat? Mit seinem selbstherrlichen Alleingang zeigt er ein weiteres Mal unmissverständlich, was er von einer Entscheidung der gewählten RätInnen hält. Ein ziemlich einzigartiger Vorgang, der nicht ohne Konsequenzen bleiben sollte.

Das sieht auch die Initiative „Seebrücke“ so und erklärt dem Oberbürgermeister: „Damit setzen Sie sich über den verbindlichen Gemeinderatsbeschluss hinweg und entziehen sich der Verantwortung, die mit der Erklärung der Stadt Konstanz zum „sicheren Hafen“ einhergeht. Wir bitten Sie daher eindringlich, sich dieser Verantwortung zu stellen und den Beschluss des Gemeinderats umzusetzen, indem die Stadt Konstanz Bereitschaft signalisiert, die 12 von der ‚Nuestra Madre de Loreto‘ geretteten Menschen aufzunehmen. Wir bitten Sie außerdem, Stellung zu der Frage zu beziehen, wie die Stadt Konstanz künftig den Beschluss des Gemeinderats umzusetzen gedenkt.“

Auf die Antwort des Oberbürgermeisters darf man gespannt sein.

MM/hr (Fotomontage: jüg)

LLK boykottiert Weihnachtsessen und will OB-Verhalten im Rat behandeln

Die Linke Liste (LLK) will das Verhalten des OBs nicht auf sich beruhen lassen. In einer Medienmitteilung kündigen die LLK-StadträtInnen den Boykott des traditionellen Weihnachtsessens von Verwaltung und Gemeindrat an und ruft die anderen Fraktionen auf, ihrem Beispiel zu folgen. Außerdem soll der Fall ein Nachspiel im Gemeinderat haben. Die LLK-Mitteilung im Wortlaut:

Auf Antrag der Linken Liste Konstanz beschloss der Gemeinderat am 25.10.2018 mehrheitlich, Konstanz zum „sicheren Hafen“ zu erklären und sprach sich somit dafür aus, aus Seenot gerettete Flüchtlinge auch in unserer Stadt aufzunehmen.

Aus konkretem Anlass bat die Konstanzer Initiative „Seebrücke“ am 29.11.2018 per E-Mail Oberbürgermeister Burchardt, die 12 vom spanischen Fischerboot „Nuestra Madre de Loreto“ geretteten Flüchtlinge aus Libyen in Konstanz unterzubringen und gleichzeitig diese Bereitschaft auch gegenüber Bundesaußenminister Maas zu signalisieren. In Erinnerung an den vom Konstanzer Gemeinderat gefassten Beschluss plädierten auch die Fraktionen von FGL und FDP für diesen Schritt.

Nun aber mussten wir erfahren, dass Oberbürgermeister Burchardt in einem Schreiben an Ministerpräsident Kretschmann am 7.12. wissen ließ, dass er nicht gewillt sei, den vom Gemeinderat gefassten Beschluss umzusetzen, weil „die Wohnraumsituation in unserer Stadt außerordentlich angespannt ist“.

Somit setzt sich der Oberbürgermeister der Stadt Konstanz über den verbindlichen Gemeinderatsbeschluss selbstherrlich hinweg und missachtet damit die demokratische Mehrheitsentscheidung der von den BürgerInnen gewählten StadträtInnen. Die Geflüchteten vom Fischerboot sind zwischenzeitlich zwar von Malta aufgenommen worden; für zukünftige Seenot-Fälle fordert die LLK aber den Oberbürgermeister auf, den Beschluss des Gemeinderats umzusetzen.

Aus Protest gegen die oberbürgermeisterliche Willkür werden wir nicht am kommenden Weihnachtsessen teilnehmen und würden uns wünschen, dass sich auch andere Fraktionen, die Ende Oktober die Entscheidung, Konstanz zum „sicheren Hafen“ zu erklären, mitgetragen haben, diesem Boykott anschließen. Wir akzeptieren nicht, dass Herr Burchardt glaubt, er könne im Alleingang Entscheidungen ignorieren, die von einer Mehrheit des Rates getragen werden. Damit zeigt er auch seine Missachtung gegenüber dem Gremium. Die Linke Liste wird beantragen, das Thema auf der nächsten Gemeinderatssitzung zu behandeln.

Holger Reile/Anke Schwede (MM 17.12.18)