Pannen-Werner übernimmt die Pole-Position

Wenn etwas schief ging in der Stadt, hatte das in jüngster Vergangenheit meistens mit Sozialbürgermeister Claus Boldt zu tun. In den letzten Wochen ist es um ihn ruhiger geworden. Seine Amtszeit endet in wenigen Monaten und er packt wohl schon die Koffer. Nun macht sein Amtskollege Kurt Werner durch etliche Missgriffe auf sich aufmerksam und ein Ende seiner Fettnapforgien ist nicht abzusehen. Dazu ein Kommentar von seemoz-Mitherausgeber und LLK-Stadtrat Holger Reile

„Kommunalpolitische Beobachter sind sich einig: Selten zuvor hatte Konstanz mehr Pech mit seinen Bürgermeistern. Die Pleitenserie von Claus Boldt ist sattsam bekannt, hat die Stadt zum Teil überregional der Lächerlichkeit preisgegeben und darüber hinaus eine Menge Geld gekostet: Maultaschenfall, Müller-Esch, vhs oder Philharmonie – dieser Bürgermeister hatte sein Amt nie im Griff und seine Wiederwahl ist völlig ausgeschlossen. Zu Boldts Verteidigung könnte man lediglich anführen, dass der Gesamtgemeinderat größtenteils diese desaströsen Entscheidungen mitgetragen hat, aber das macht die Sache auch nicht besser.

In Boldts Fußsstapfen getreten ist Baubürgermeister Kurt Werner, dessen Amtszeit Mitte 2014 zu Ende geht. Auch seine Planungen der letzten Jahre waren unverhältnismäßig teuer und zeugten nicht eben von städteplanerischer Weitsicht. Der Brückenbau am Bahnhof verschlang zusätzliche Millionen. Seit Jahren verzögert Werner den aus der Bevölkerung vielfach vorgetragenen Wunsch, den Münsterplatz mit einer Querung begehbarer zum machen. Die „Begegnungszone“, gerne auch „Stadtboulevard“ genannt, ist bestenfalls das Provisorium eines Provisoriums und hat weder was mit Begegnung noch mit Boulevard zu tun. Dass etwas weniger Verkehr zu verzeichnen ist und die Automobilisten einen Gang runter schalten, ist aber auch schon alles, was von den schöngeredeten Plänen nebst organisierter Begriffs- und Sprachverwirrung übrig geblieben ist.

Die Meile am Bahnhof ist ein Ärgernis, nicht nur wegen der falsch postierten Bushaltestellen knapp vor der Marktstätte. Alleine diese Fehlplanung, die man auch als groben Unfug bezeichnen könnte, führt täglich zu chaotischen Zuständen. Die albernen grünen Kringel auf dem Asphalt und die traurigen Topfpflanzen entlang der Straße runden die Hilflosigkeit aus dem Hause Werner nur noch ab. Ganz abgesehen davon, dass dieses „Jugend forscht“-Projekt keineswegs barrierefrei geworden ist, im Gegenteil. Aktuell liebäugelt man damit, die Bushaltestellen wieder an ihren ursprünglichen Platz direkt vor den Bahnhof zurückzuverlegen und auch das Gelände des Schweizer Bahnhofs soll auf seine Tauglichkeit als Bushaltestelle überprüft werden. Mit weiteren Überraschungen und verkehrspolitischen Bubenstreichen ist zu rechnen.

Hier wird an bedeutender Stelle geflickschustert und beschönigt auf Teufel komm raus. Es fehlt ein schlüssiges und zeitlich aufeinander abgestimmtes Gesamtkonzept und es fehlt vor allem die Bereitschaft, den Masterplan Mobilität zügig voranzutreiben. Und so bricht auch Werners fast schon amateurhafter Zeitplan völlig in sich zusammen. Sein Vorhaben, mit dem endgültigen Umbau der Begegnungszone im Herbst 2013 zu beginnen, um sie bei Beginn des Konziljubiläums Mitte 2014 mit stolzgeschwellter Brust einweihen zu können, ist geplatzt. Bei der Debatte zum Thema im TUA (Technischer- und Umweltausschuss) wurde mehrfach gefordert, der Baubürgermeister möge erstmal dafür sorgen, dass die momentanen Mängel schnellstmöglich beseitigt werden, über den Rest unterhalte man sich dann später.

Auch Werners Wunsch nach einem durchgestylten Konzilareal hat sich nahezu in Nichts aufgelöst. Er wollte den Platz einebnen lassen, der Rasen sollte weg, dazu Schnick-Schnack meist völlig sinnloser Art für insgesamt rund 1,3 Millionen Euro. In bestem Architekturkauderwelsch wurde das Projekt im Vorfeld den GemeinderätInnen unterbreitet und die stimmten mit großer Mehrheit einem Ideenwettbewerb zu, der gleich mal fast 100 000 Euro kostete. Ich habe für die Linke Liste von Anfang an das Vorhaben als „völlig überzogenes Luxusprojekt“ bezeichnet und gefordert, auf den kostenspieligen Wettbewerb zu verzichten. Desweiteren regte ich an, nur den in der Tat schadhaften Belag vor Ort zu erneuern, das sollte angesichts wichtigerer Aufgaben erstmal reichen. Aber nein, man wollte das durchboxen und wieder einmal wurde ohne Not viel Geld aus dem Fenster geworfen. Lediglich SPD-Rätin Brigitte Leipold äußerte sich ähnlich kritisch und wurde daraufhin von Werner als Vertreterin einer kleinbürgerlichen Kleingärtneridylle verhöhnt.

Erst als geharnischter Bürgerprotest aufkam, ruderte, außer Werner und seine engsten Mitarbeitern, eine Mehrzahl der Befürworter der beabsichtigten Umgestaltung hektisch zurück. Wenn aber der Südkurier behauptet, es sei auch der FGL (Freie Grüne Liste) zu verdanken, dass die Pläne zum Konzilumfeld „vor dem Scheitern“ stünden, ist das schlichtweg falsch. FGL-Rätin Anne Mühlhäußer hat die Umgestaltung im Ausschuss vehement verteidigt, ebenso ihr Kollege Peter Müller-Neff, der mehrmals dazu aufrief, an dieser Stelle „etwas Neues zu wagen und mutig zu sein“. Letzterer fällt zunehmend dadurch auf, dass er sein Fähnchen gerne in einen für ihn günstigen Wind hängt, diesen Wankelmut aber in der Regel geschickt nach außen verkauft. Nun wird es also dabei bleiben, dass man den Bodenbelag vor dem Konzil auswechselt und den Ideenrest auf längere Zeit in die Tonne klopft. Das hätte man schneller und billiger haben können. Und vor allem wäre es angebracht gewesen, vorab die BürgerInnen zu fragen.

Somit ist ein zweiter Dominostein aus Werners Stadtgestaltung hinsichtlich des Konziljubiläums weggebrochen, auch wenn er das in der Öffentlichkeit ständig verneint. Natürlich standen seine Pläne am Konzil, wie auch am Bahnhof, in enger Verbindung mit den Jubelfeiern ab 2014. Auf dem Platz vor dem Konzilsgebäude soll eine Schauwerft entstehen, auf der man in jahrelanger Arbeit der Weltöffentlichkeit demonstrieren will, dass man für rund 400 000 Euro ein paar alte Bretter zu einer mittelalterlichen Lädine zusammen nageln kann. Für dieses meiner Meinung nach ebenfalls völlig absurde Unternehmen war und ist immer noch der Konzilvorplatz vorgesehen – und zwar mit festem Untergrund und nicht mit einem Rasen.

Apropos Konziljubiläum: Seit fast drei Jahren weise ich im Ausschuss und im Gesamtgemeinderat darauf hin, dass die beabsichtigten Feierlichkeiten über mehrere Jahre hinweg künstlich aufgebläht sind und ein Abspecken der hochtrabenden Pläne längst auf die Tagesordnung gehört. Damit ich hier nicht falsch verstanden werde: Das Konzil von 1414 bis 1418 war ein großes historisches Ereignis der damaligen Zeit. Keine Frage, dass man daran mit gut konzipierten Ausstellungen und Vorträgen erinnert. Aber bitte mit Augenmaß für das Machbare und vor allem mit einem durchdachten Finanzkonzept. Bislang aber, und das nicht mal eineinhalb Jahre vor der Eröffnung, üben sich die Organisatoren in Jubelposen und Wolkenschiebereien. Angeblich, das kann man fast täglich lesen, seien die auf vier Jahre veranschlagten Feierlichkeiten „eine einzigartige Chance für Konstanz“ und begeisterten jetzt schon halb Europa. Mindestens fünf Millionen Euro sollen die Konstanzer Steuerzahler dafür aufbringen. Auch Oberbürgermeister Uli Burchardt trällert mit in diesem Chor. Er sollte auch als kommunalpolitischer Frischling wissen, dass er damit Begehrlichkeiten schürt, die sich nur schwer einlösen lassen.

Mittlerweile scheine ich als einsamer Rufer nun doch Gesellschaft zu bekommen. Jürgen Puchta, Fraktionsvorsitzender der Konstanzer SPD, ließ kürzlich verlauten, dass seiner Meinung nach eine Feierzeit von maximal zwei Jahren genug sei. Es riecht gerade noch rechtzeitig nach Notbremse. Ziehen wir sie gemeinsam.“

Autor: H.Reile