Paukenschlag zum Theater-Spielzeit-Start

Drei Premieren dreier hochkarätiger Regisseure an drei Tagen des kommenden Wochenendes an den drei Spielstätten des Konstanzer Stadttheaters, dazwischen ein rauschendes Theaterfest auf dem Münster­platz – der Saison-Auftakt könnte knalliger nicht sein. Und obwohl die Spielzeit 16/17 ohne Motto daher kommt, ist klar: Im Mittelpunkt steht die politische Aus­einander­setzung – mit Flüchtlingen und Fremdsein, mit Migration und Integration.

„Aber eigentlich beginnt unsere Saison schon am heutigen Donnerstag“. Intendant Christoph Nix kann es einfach nicht lassen, auch die Tagespolitik ins Spiel zu bringen, wenn er auf die heutige Sitzung des Konstanzer Kulturausschusses anspielt, in der die personelle Ausstattung des Theaters auf der Tagesordnung steht. Doch auf eine politische Vorab-Bewertung der Sitzung, die einmal mehr unter Ausschluss der Öffentlichkeit abgehalten wird, will er sich nicht einlassen. Nur soviel: „Ich hoffe auf eine sachliche Diskussion“.

Und obwohl der Kulturausschuss nicht öffentlich tagt (warum eigentlich? Darf die Öffentlichkeit nicht erfahren, wie einzelne RätInnen und Bürgermeister mit unserer Kultur umgehen?), wird seemoz berichten. Irgendwas wird irgendwann auch durch diese verschlossenen Türen dringen – dazu ist das Theater viel zu wichtig für diese Stadt.

Theaterfest mit Fasnachtsflair?

Von 14 bis 18 Uhr lockt am nächsten Samstag, 8. Oktober, das Theaterfest mit buntem Programm und zahlreichen Mitmach-Aktionen auf den Münsterplatz. Gestartet wird mit einem Umzug der Theaterleute durch die Stadt, angeführt vom Fanfarenzug und von den Fahnenschwingern der Narrengesellschaft Niederburg. Dieser närrische Einschlag ist sicherlich Mario Böhler zu verdanken, der das Fest verantwortet. Denn der ist seit Juli in der Marketing-Abteilung des Stadttheaters beschäftigt, in seiner Freizeit aber Präsident der Narrengesellschaft Niederburg.

Neben dem Münsterplatz werden auch Theater und Werkstatt zu Spielstätten: Da gibt es Kostüm-Versteigerungen und Vorführungen des Tanzclubs, es gibt eine Podiumsdiskussion und die Vorstellung neuer Ensemble-Mitglieder. Unbestrittene Höhepunkte aber werden wohl die Aufführungen vierer brandneuer Kurzstücke von Neil LaBute, die an verschiedenen Orten im Theater präsentiert werden.

Ein Amerikaner in Konstanz

Überhaupt Neil LaBute; Der US-Erfolgsregisseur und – -dramatiker, in Hollywood und auf internationalen Festivals hoch geehrt („Warum merkt das niemand in dieser Stadt, dass ein Weltstar hier arbeitet?“), beginnt den Premieren-Reigen am Freitag, 7. Oktober, mit seiner Inszenierung von Tschechows „Onkel Wanja“ im Stadttheater. Er hat der 120 Jahre alten Tragikomödie, schon für die vorige Spielzeit geplant, ein neuzeitliches Gewand geschneidert, wie er in der Presse-Vorbesprechung andeutete – wir dürfen gespannt sein.

Am Samstag bringt Alexander Marusch (im Foto links, rechts Neil LaBute) „Helden. Oder warum ich einen grünen Umhang trage und gegen die Beschissenheit der Welt ankämpfe“ von Karen Köhler auf die Bühne der Spiegelhalle, ein Stück über „Kameradschaft“ und Neo-Nazis, über Verrat und Versöhnung. Marusch gilt mittlerweile deutschlandweit als renommierter Theaterregisseur, der vor einem Jahr in Konstanz schon mit „Miss Sara Sampson“ zu sehen war. Außerdem mischt er in der Kooperation des Konstanzer Theaters mit Bühnen in Malawi mit.

Für den dritten Paukenschlag des Premieren-Wochenendes sorgt der in Konstanz längst bekannte und geschätzte Andrej Woron (von seinem „Woyzeck“ schwärmen Theaterfreunde rund um den Bodensee heute noch), der „Endspiel“ von Samuel Beckett am Sonntag in der Werkstatt präsentiert. Becketts „bestes Drama“ (O-Ton Woron) um die ganz persönliche Apokalypse seiner vier Hauptpersonen, aber eben auch um das Endspiel unserer Welt, scheint Woron, so war in der Vorbesprechung zu erahnen, besonders am Herzen zu liegen. „Denn Antworten verweigert Beckett, die muss der Zuschauer selber finden.“

hpk