Personalrätin Keller: „Es muss endlich um Inhalte gehen“

Im Rathaus ist man sprachlos: Dass der Personalrat des Klinikums geschlossen zurücktritt, hat die Entscheidungsträger völlig überrascht. Weniger sprachlos ist Elisabeth Keller, Personalrats-Vorsitzende auf Abruf: Im Gespräch mit seemoz fordert sie Geschäftsleitung und Bürgermeister zum Dialog auf: „Es muss endlich um Inhalte gehen.“ Recht hat sie – die Prinzipienreiterei um die Probleme des Klinikums muss aufhören.

Wie sollte man Euren Rücktritt überschreiben? Frust, Verzweiflung, Protest?

Sicherlich etwas von allem. Aber in erster Linie wollen wir ein deutliches Zeichen setzen: So geht es nicht weiter, so darf man mit Mitarbeitern nicht umspringen – mit Chefärzten nicht und mit Personalräten auch nicht. Oder, wie wir es in unserer gestrigen Erklärung formuliert haben: Diese Vorgehensweise ist ein andauernder Beweis des Fehlens einer vertrauensvollen Zusammenarbeit innerhalb unseres Klinikums. Wir verstehen unter Vertrauen etwas anderes.

Ist das wahr? Gibt es immer noch keine Reaktionen der Geschäftsführung, kein Gesprächsangebot aus dem Rathaus?

Doch. Bürgermeister Boldt hat den Personalrat zum Gespräch gebeten. Dabei soll es um die Frage gehen, ob wir nicht unsere Kompetenzen überschritten, als wir in der Causa Müller-Esch an die Gemeinderatsmitglieder geschrieben haben. Ich glaube, wir sollten einen Rechtsanwalt mitnehmen zu dem Gespräch. Denn wieder soll es nur um Formales gehen, wieder sollen Inhalte ausgespart bleiben.

Der Personalrat bleibt im Amt, bis eine neue Mitarbeiter-Vertretung gewählt ist. Das kann dauern. Ein Wahlvorstand muss bestimmt werden, wochenlange Fristen sind einzuhalten, Kandidaten müssen gefunden werden. Wird der alte Personalrat auch der neue sein?

Eine Kollegin hat mir gerade gesagt, unter diesen Umständen kandidiere sie nicht mehr. Und sie fügte hinzu: Das sind Umstände wie in der ehemaligen DDR – niemand im Klinikum traut sich mehr, offen seine Meinung zu sagen, Kollegen tuscheln nur noch miteinander, Zimmertüren bleiben verschlossen. Auch ich ganz persönlich schwanke noch, ob ich mich erneut aufstellen lasse.

Andererseits braucht die Belegschaft gerade in dieser Lage einen starken Personalrat.

Der Rücktritt ist uns nicht leicht gefallen, da wir uns unserer Verantwortung für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nur zu bewusst sind. Eine derartige Maßnahme kann nur das absolut letzte Mittel in einer ausweglosen Situation sein. Aber vielleicht bewirkt unser Protest ja doch etwas: Dass endlich doch noch vertrauensvoll miteinander diskutiert wird. Vielleicht gibt es doch einen Ausweg…

Autor: hpk