Petition: Offene Fragen zum NSU klären!

Seit Anfang September läuft eine Online-Petition aus dem Umfeld des Vereins Die Anstifter, die den Landtag von Baden-Württemberg auffordert, Ungereimtheiten rund um die Aktivitäten des sogenannten NSU-Komplexes im Südwesten nachzugehen. Sie verlangt von den Abgeordneten die Klärung der Frage, ob das NSU-Mördertrio Unterstützer, Helfer oder gar Mittäter aus der rechtsextremen Szene im Land hatte.

Die beiden Untersuchungsausschüsse des Landtags, so die InitiatorInnen, hätten wichtige Indizien ausgeklammert. Aufklärungsbedarf sehen sie namentlich beim Mord an einer Polizistin in Heilbronn. Spuren, die zu einem militanten Neonazi führen, müsse dringend nachgegangen werden.

Die Petition

Die schreckliche Ermordung von 10 Menschen in den Jahren 2000-2007 durch den NSU-Komplex führte zu mehreren Untersuchungsausschüssen auch im Landtag von Baden-Württemberg. U. a. sollte hier die Frage geklärt werden, ob es bei den NSU-Morden mögliche Unterstützer, Mithelfer oder gar Mittäter aus der rechtsextremen Szene in Baden-Württemberg gab. Am 20.12.2018 präsentierte der zweite Untersuchungsausschuss seinen Abschlussbericht: Die Mörder der Polizistin Michèle Kiesewetter seien demnach ausschließlich Uwe Böhnhardt und Uwe Mundlos gewesen. Bei beiden Untersuchungsausschüssen blieben jedoch Vorgänge rund um den Namen eines militanten Neonazis aus dem Raum Heilbronn gänzlich unbehandelt, die von hoher Relevanz sind und dringend der Klärung bedürfen.

Eine „rückhaltlose Aufklärung“ wie sie Kanzlerin Merkel 2012 bei der Trauerfeier für die vom NSU getöteten Menschen versprach, fand ganz offensichtlich noch nicht statt. Auf diese Aufklärung aber haben die Gesellschaft, in der diese Morde und Anschläge verübt wurden, und vor allem die Opfer und deren Familien einen berechtigten Anspruch!

Durch den Mord an Herrn Lübcke erhalten diese offenen Fragen eine neue, furchtbare Relevanz!

Wir fordern deshalb die baden-württembergischen Abgeordneten nachdrücklich auf, dafür Sorge zu tragen, dass den unten aufgeführten Fragen im baden-württembergischen Landtag nachgegangen wird und sie erschöpfend geklärt und beantwortet werden.

Begründung

Wie die „Welt“ sowie die „Südwestpresse“ in den vergangenen Monaten berichtet haben, fiel bei einer Besprechung von thüringer und baden-württembergischen Ermittlern kurz nach den Vorgängen in Eisenach am 4. November 2011 im inhaltlichen Kontext der von Uwe Mundlos und Uwe Böhnhardt begangenen Straftaten der Name eines militanten Neonazis aus dem Raum Heilbronn. Der (im Original ausgeschriebene) Name dieses Mannes, Kai-Ulrich S., wurde von der LKA-Beamtin Sabine R. in einem entsprechenden Protokoll festgehalten, wie dieselbe im Januar 2019 als Zeugin vor dem Thüringer U-Ausschuss bestätigte. Wie aus der Vernehmung der Beamtin weiter bestätigend hervorging, handelt es sich bei der fraglichen Person um jenen gewaltbereiten und waffenaffinen Neonazi S., von dem die „Welt“ und Südwestpresse“ berichtet haben.

Es lag also für baden-württembergische Ermittlungsbehörden früh schon ein konkreter „Anfasser“ vor, wie Polizisten zu sagen pflegen. Im ersten baden-württembergischen NSU-U-Ausschuss wurde in Zeugenaussagen im Kontext Florian Heilig auf Kai-Ulrich S. als militanten Neonazi hingewiesen. Doch zentrale und für die Aufklärung des NSU-Komplexes relevante Fragen sind bisher nicht beantwortet, wie die Abschlussberichte der zwei baden-württembergischen NSU-U-Ausschüsse eindeutig zeigen. Es geht u.a. um folgende Fragen:

► In welchem inhaltlichen Kontext wurde bei der Besprechung von Thüringer und baden-württembergischen Ermittlern kurz nach den Vorfällen in Eisenach Anfang November 2011 der Name Kai-Ulrich S. genannt?
► Der Name Kai-Ulrich S. müsste in Akten thüringischer Sicherheitsbehörden zu finden sein. Seit wann und in welchem Kontext?
► Hatte Kai-Ulrich S. Kontakt zu Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe oder zu einzelnen des Trios? Wenn ja, in welchem Kontext?
► Im Juli 2011 wurden bei Florian Heilig eine Hausdurchsuchung sowie eine Vernehmung wegen des Verdachts des unerlaubten Waffenbesitzes vorgenommen. Welche Rolle spielte in diesem Kontext Kai-Ulrich S.?
► Hat Florian Heilig, worauf Zeugenaussagen im ersten baden-württembergischen NSU-U-Ausschuss hindeuten, Waffen von Kai-Ulrich S. bezogen?
► Wenige Wochen nach der Hausdurchsuchung bei Florian Heilig wurde auch bei Kai-Ulrich S. eine Hausdurchsuchung vorgenommen. Was war der Anlass? Gibt es einen kausalen Bezug zwischen beiden Hausdurchsuchungen? Wenn ja, welchen?
► Ist Florian Heilig von Kai-Ulrich S. bedroht worden?
► Kurze Zeit nach der Hausdurchsuchung bei Kai-Ulrich S. begannen Uwe Böhnhardt, Uwe Mundlos und Beate Zschäpe in ihrer Wohnung in Zwickau massierte Sicherungsanlagen einbauen zu lassen, wie u.a. der ehemalige CDU-MdB Clemens Binninger herausfand. Steht dies in einem kausalen Bezug zur Hausdurchsuchung bei Kai-Ulrich S.? Wenn ja, in welchem?
► Im Sommer 2011 gab es erneute Vernehmungen in Thüringen/Oberweißbach durch das Landeskriminalamt Baden-Württemberg. Was waren die Gründe? In welchem Kontext liefen diese Vernehmungen?
► War bzw. ist Kai-Ulrich S. als Vertrauensperson für eine Staatsschutz- bzw. Sicherheitsbehörde tätig? Wenn ja, für welche Behörde und zu welchem Zeitpunkt?
Um zu klären, ob es mögliche Mitwisser, Mithelfer oder gar Mittäter bei den Straftaten des NSU gab, ist die Beantwortung dieser Fragen zwingend notwendig.

www.welt.de/politik/deutschland/plus185708566/NSU-Gehe-ich-zur-Polizei-bin-ich-noch-tiefer-in-der-Scheisse.html
www.heise.de/tp/features/NSU-Polizistenmord-Versteckte-Spur-4352098.html

Vielen Dank für Ihre Unterstützung, Christine Hildenbrand, Andreas Grandic aus Schwäbisch Hall


jüg (Foto: Die Anstifter)


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