Pro-ECE-Votum: Entscheid gegen eine Stadt für alle
Trotz breiter BürgerInnenproteste stimmten nur drei von 30 anwesenden StadträtInnen am Dienstag im Singener Gemeinderat gegen das am Bahnhof geplante ECE-Einkaufszentrum. Einstimmig votierte das Gremium gleichzeitig dafür, am 17. Juli die Singener Bevölkerung über das Projekt abstimmen zu lassen.
Wie erwartet, stimmte auch Oberbürgermeister Bernd Häusler für die Shoppingmall, die mit 16 000 Quadratmetern noch größer werden soll als das Konstanzer Lago. Damit setzte sich das Gremium über alle Bedenken hinweg, die von großen Teilen des Einzelhandels, der Gewerkschaften und auch namhaften Stadtplanern geäußert wurden. Nicht zur Kenntnis nehmen wollte die ganz große Pro-ECE-Fraktion auch die Negativ-Erfahrungen, die andere Städte mit solchen Konsumtempeln gemacht haben: Ladensterben, Arbeitsplatzverluste und verödete Innenstädte.
Dabei kann nicht verwundern, dass das vom Südkurier schon als „Jahrhundert-Vorhaben“ gefeierte Projekt bei CDU, FDP und Neuer Linie auf uneingeschränkte Zustimmung stößt. Die neoliberalen Marktfetischisten würden die Stadtplanung am liebsten vollständig vertrauensvoll in die Hände von privaten Investoren legen, für sie bemisst sich Lebensqualität an Profitabilität.
Wenn aber eine Fraktion, die sich sozialdemokratisch nennt, geschlossen und begeistert für ein Geschäftsmodell die Hände hebt, das nur auf der Basis von Lohndumping, Leiharbeit und Gewerkschaftsfeindlichkeit funktioniert, ist das schon ein jämmerliches Armutszeugnis. Und wie wollen eigentlich die zwei Grünen-Befürworterinnen ihrer Klientel erklären, dass ihre Landtagskandidatin landauf, landab mit dem Versprechen Wahlkampf gemacht hat, man sei aus guten ökologischen Gründen gegen ECE?
In etwas mehr als sechs Wochen können die Singener Bürgerinnen und Bürger diese Gemeinderatsentscheidung korrigieren, die sich gegen die Interessen der großen Mehrheit der Bevölkerung, des Einzelhandels und der Beschäftigten richtet. Die Bürgerinitiative „Für Singen“ hatte schon vor dem Gemeinderatsvotum angekündigt, dass sie nicht lockerlassen will. Sie verdient in ihrem Kampf für eine Stadtlandschaft, die für alle lebenswert ist, jede Unterstützung.
J. Geiger