Projektleiter Wössner: Scala-Ende alternativlos
Schweres Geschütz fährt Wulf Wössner auf: Rechtzeitig zur Ausschusssitzung am nächsten Donnerstag mischt er sich mit einer achtseitigen Stellungnahme auch öffentlich in die Scala-Diskussion ein – mit vielen, bislang unbekannten Informationen und einem niederschmetterndem Fazit: Keine Chance für das Scala-Kino auf der Konstanzer Marktstätte.
Nicht zu übersehen: Wössner ist Partei. Als Geschäftsführer der „für das Projekt verantwortlichen Gesellschaft“ (TWL GmbH) ist er an einer möglichst konfliktfreien Abwicklung der Verträge und Planungsabsichten rund um das Scala-Kino interessiert. Und gut möglich, dass er von der Konstanzer Stadtverwaltung, der erkennbar in dieser Auseinandersetzung die Nerven flattern, zu dieser einseitigen Bewertung gedrängt wurde.
„Die Miete stimmte nicht“
Jedenfalls zieht der TWL-Chef aus Freiburg (Originalton aus der TWL-Stellungnahme: „Herr Wössner hat selbst in Konstanz studiert und häufig das Scala besucht“) jedes nur denkbare Argument heran, um das Aus für das Scala zu begründen. Da sind zuerst die Mietkosten: Seit 2005 sei der Mietpreis „von 5,60 €/qm an die Anzahl der verkauften Tickets gekoppelt“. Nach Gründung des CineStar seien die Ertragszahlen („bei einer sonst ortsüblichen Miete von 35 €/qm“) mit einer Platzauslastung von nur 15% noch einmal kräftig eingebrochen. Klar ist darum für Wössner: Das ist keinem Eigentümer zuzumuten. Eine 2015 geforderte Mieterhöhung auf 6,60 €/qm aber wurde vom Betreiber Rabe abgelehnt und daraufhin das Mietverhältnis aufgelöst.
„Endet aber der Betrieb des Kinos, muss die ganze (Spezial)Immobilie umgebaut werden“, so Wulf Wössner Und das sei angesichts der eingeengten Verhältnisse auf der Marktstätte nur durch eine Vermietung an einen Einzelhändler zu bewerkstelligen. Nur habe es seit Aufnahme der Gespräche mit der Stadt ab Juli 2015 (!) Vorgaben gegeben („bloß kein weiteres Textil in der Altstadt“, „bloß keine Designmöbel“), die eine Vermietung an dm geradezu herausgefordert hätten. Was andersherum belegt: Die Verwaltung hat schon 2015 sehr wohl Einfluss genommen auf die weitere Nutzung – das war bisher immer bestritten worden.
Denkmalschutz interessiert nicht
Da wundert es auch nicht, dass aus Wössners Sicht die Denkmalschutz-Frage keine Rolle spielt. Schließlich habe es mit der „städtischen Denkmalbehörde“ längst Gespräche gegeben, die mögliche Bedenken ausräumten.
Und dann ein Eigenlob der Wössner-Firmengruppen, die zuletzt vorbildlich den Umbau des einstigen Finanzamtes am Konstanzer Bahnhof besorgt hätten. Die Firma Wössner+Lechner-Bauprojekte habe eigens eine Tochterfirma, die TWL GmbH, gegründet, die als Mieterin des Scala-Gebäudes für 30 Jahre eingetragen sei; der Vertrag sei nicht kündbar.
„Für ein ordentliches Kino-Programm wird gesorgt“
Aber es ist ja nicht so, dass sich Wulf Wössner nur um die wirtschaftliche Nutzung kümmert. Mit Prof. Dr. Behring hat er einen Gutachter gefunden, der es als „Filmwissenschaftler und Filmemacher“ geradezu grandios findet, dass das Scala-Programm im CineStar fortgeführt werden soll. „Nicht das Gebäude ist die Filmkunst, sondern die Filme sind es…“ schwadroniert der Prodekan der Medienfakultät/Hochschule Offenburg und macht sich anheischig, für ein ordentliches Kinoprogramm an neuer Stätte zu sorgen.
Zum Schluss dann die juristische Keule
Nicht nur die Bürgerini „Rettet das Scala“, nicht nur die Stadtverwaltung, auch Herr Wössner hat sein juristisches Gutachten. Und das besagt – wunder, wunder: Keine juristische Handhabe gegen die Planungsabsichten der TWL möglich, gekoppelt mit einer Klageandrohung. So soll auf dem letzten Drücker dem Gemeinderat, der zuletzt häufig verlustreiche Klagen mehrheitlich abgenickt hatte, der Mut zu diesem parlamentarischen Widerstand genommen werden.
hpk
Hallo, Dr. Rügert; die in diesem Artikel verarbeiteten Informationen basieren sämtlich auf Aussagen aus Wulf Wössners Papier, das auch Ihnen vorliegt. Adressat möglicher Richtigstellungen, beispielsweise zur Art der Einzelhandels-Angebote auf der Marktstätte, kann also nicht seemoz, sondern nur Herr Wössner sein.
Hans-Peter Koch, seemoz-Redaktion
Hallo Herr Koch, in der Öffentlichkeit wurde teilweise behauptet, die Verwaltung wisse schon seit drei Jahren von den Umbauplänen. Dies haben wir bestritten, weil es falsch ist. Richtig ist, dass die Verwaltung im vergangenen Jahr, als die Pläne öffentlich wurden, mit den Betroffenen im Mai das Gespräch gesucht hat. Hierbei galt es auszuloten, was möglich und nötig ist, um das Kino am aktuellen Standort zu erhalten. Gegenüber Herrn Wössner gab es nach meinen Informationen keine dezidierten Vorgaben, sondern er wurde bei einem Gespräch im Juli darum gebeten, bei seinen Plänen auf Qualität zu achten. Namen von potenziellen Mietern wurden von ihm nicht genannt, auch nicht dm.
Walter Rügert, Pressereferent
Dass Hr. Wössner seinen Geschäftsplan zu schützen versucht, ist begreiflich. Auch, dass er dazu möglichst harte Bandagen anzieht; Knete & Reibach, oder um das wohlklingender zu benennen: Umsatz & Rendite sind starke Motive.
Dass Hr. Wössner nötig findet, sich mit harten Bandagen in den Ring der Öffentlichkeit zu begeben, zeigt allerdings: Ihm ist sehr wohl bewusst, dass das Stadtparlament über Steuerungsinstrumente verfügt, seinen Geschäftsplan zu kippen.
Auch zwei weitere Schwachstellen sind ihm bewusst:
Sonst hätte er nicht versucht, mit juristischen Drohungen jede Kontaktaufnahme mit dem Hausbesitzer zu verhindern — nach allem, was mir zu Ohren gekommen ist, l i e b t dieser freundliche alte Herr das Kino, er hätte nur gern endlich einen Aufzug, und auf der Suche nach jemandem, der ihm den bauen würde, geriet er an Hrn. Wössner;
und zweitens: dass das Gebäude, anders als Hr. W. glauben machen will, sanierungsbedürftig sei und eine Investition von mindestens fünf Mio. Euro erfordere, wird dadurch widerlegt, dass die beiden oberen Etagen, in denen die Besitzerfamilie lebt, n i c h t „saniert“ werden sollen. Ein Aufzug müsste eingebaut, vielleicht einiges an Leitungen erneuert werden, va bene: hinter der Wössnerschen Vokabel „Sanierung“ aber verstecken sich das Herausrupfen der Kinoeinrichtung und der Umbau der beiden unteren Etagen für die Zwecke eines Drogeriemarktes.
Hoffentlich ist dem Gemeinderat bewusst, dass der Wechselkurs zwischen SFr und € jederzeit in die entgegengesetzte Richutung pendeln kann; woraufhin es in sämtlichen Konstanzer dm-Märkten plötzlich ziemlich leer würde: Egal ob das fünfe oder nur viere wären.