Protest gegen Erdoğans Angriff auf Afrîn

Spontan fanden sich am vergangenen Samstag gut 30 Menschen, vornehmlich Kurdinnen und Kurden, auf der Marktstätte in Konstanz zusammen, um gegen die seit mehr als zwei Wochen anhaltende Bombar­dierung des kurdischen Kantons Afrîn durch türkisches Militär zu protestieren. Die Anzeichen mehren sich, dass die erneute militärische Intervention des türkischen Staats nur der Auftakt eines Kriegs gegen die kurdischen Selbstverwaltungseinrichtungen in Nordsyrien ist.

Der türkische Machthaber Erdoğan will mit allen Mitteln das kurdische Autonomie-Projekt in der Region Rojava vernichten, zu der auch Afrîn gehört. Die basisdemokratischen Selbstverwaltungs-Strukturen, die Kurdinnen und Kurden zusammen mit anderen Ethnien in Rojava aufbauen, stehen den türkischen Vorherrschaftsplänen in der Region im Weg. Obwohl Teil der internationalen Anti-IS-Koalition, unterstützt Ankara deshalb auch islamistische Gruppierungen, um den kurdischen Widerstand zu schwächen.

Doch auch den an den Nahost-Kriegen beteiligten Großmächten ist das demokratische Kurdenprojekt ein Dorn im Auge, führt es doch anschaulich vor Augen, dass ein friedliches, selbstbestimmtes Zusammenleben der verfeindeten Volks- und Religionsgruppen in der zerrissenen Region möglich ist. Würde es Schule machen, verschlechterten sich die Machtoptionen von USA, Russland oder der EU, die nichts so sehr fürchten wie einen Verlust ihrer Einflussmöglichkeiten im rohstoffreichen und strategisch wichtigen Nahen Osten.

Nachdem es schon in den vergangenen Monaten immer wieder Angriffe auf Einrichtungen in dem Kanton gegeben hatte, ausgeführt nicht nur von regulären Armeeeinheiten, sondern auch durch von Ankara unterstützte islamistische Milizen, will Erdoğan offenbar nun zum finalen Schlag ausholen. Nach Informationen des kurdischen Nationalkongresses KNK hat die türkische Armee Truppen und militärisches Gerät entlang der Grenze zusammen­gezogen. Auf internationaler Ebene, so der KNK, verhandelte man im Vorfeld mit Russland, den USA und der EU, um grünes Licht für den Kriegseinsatz zu erhalten. Der Angriff auf das von 1,5 Millionen Menschen bewohnte Afrîn wäre danach nur der erste Schritt, um dem kurdischen Autonomieprojekt an der türkischen Grenze den Todesstoß zu versetzen.

Wie auf der Konstanzer Marktstätte erheben nicht nur Kurdinnen und Kurden dagegen weltweit Protest. Afrîn sei in den letzten fünf Jahren „zu dem sichersten Ort Syriens geworden“, weshalb auch eine große Zahl an Vertriebenen sich dorthin geflüchtet hätten, heißt es in einem auf der Marktstätte verteilten Flugblatt. Ein Angriff der türkischen Armee auf Afrîn oder einen anderen Ort in Rojava, so weiter, „kommt vor allem dem IS und anderen salafistischen Gruppen zu Gute“. Die internationale Öffentlichkeit dürfe dem Krieg Erdoğans deshalb „nicht schweigend zusehen“ und müsse sich für einen „Abzug der türkischen Armee von syrischem Boden einsetzen“.

jüg