Radolfzell: Angst um Allweiler-Arbeitsplätze

Mit einem Demonstrationszug und einer Kundgebung auf dem Radolfzeller Marktplatz demonstrieren die Beschäftigten von Allweiler für den Arbeitsplatzerhalt im Anlagenbau ihres Unternehmens in Gottmadingen und Radolfzell. Trotz guter Ertragszahlen soll der Anlagenbau verlagert oder verkauft werden. Beschäftigte und Bürger wehren sich. Die Bürgermeister der beiden Städte aber haben keine Zeit für die Demonstration

Am Freitag, 4. Februar 2011 um 10:45 Uhr, legen die Allweiler-Beschäftigten ihre Arbeit nieder und ziehen in einem Demonstrationszug durch die Innenstadt von Radolfzell zum Rathaus. Dort findet gegen 11:00 Uhr eine Kundgebung statt, bei der Betriebsräte und Gewerkschafter über die Arbeitsplatz-Angst bei Allweiler berichten werden.

„Es kann nicht sein, dass profitable Arbeit abgebaut oder verlagert wird. Gewinnbringende Abteilungen sollen geschlossen werden, weil es einem Vorstand in Amerika so gefällt. Dieser neoliberale Irrsinn darf  keine Zukunft haben. Nicht bei Allweiler, aber auch in keinem anderen Betrieb“, sagt Raoul Ulbrich, 2. Bevollmächtigter der IG Metall Singen. Der US-Mutterkonzern ist die Colfax Corporation, einer der weltweit führenden Anbieter von Schrauben- und Kreiselpumpen. Neben Radolfzell und Gottmadingen, wo Schmierölanlagen und Gasturbinen gebaut werden, verfügt der Konzern über Produktionsstätten in Schweden und den Niederlanden. Und zukünftig wohl auch in England.

Denn dorthin – so die Absicht der US-amerikanischen Bosse – soll die Gottmadinger Produktion verlagert werden. 25 Arbeitsplätze aus der Produktion in Gottmadingen und 20 aus den Planungs-Abteilungen in Radolfzell wären von dieser Verlagerung betroffen. Aber auch von Verkauf ist die Rede, sollte die Verlagerung nicht realisiert werden können.

Kritik kommt deshalb auch vom Allweiler-Betriebsrat (BR): Wolfgang Barz, BR-Vorsitzender von 775 Allweiler-Beschäftigten, von denen die meisten Gewerkschafts-Mtglieder sind, wettert: „Dieser Bereich ‚Anlagenbau‘ hat 2010 das beste Ergebnis seiner Geschichte eingefahren“. Auch der Betriebsrat weiß, dass es im laufenden Jahr Absatzschwierigkeiten gibt; das Iran-Geschäft ist aus – vorhersehbaren – politischen Gründen weggebrochen. „Doch Aufgabe des Managements wäre gewesen, den Vertrieb zu stärken und die Produkte weiter und für neue Märkte zu entwickeln. Nichts davon ist geschehen. So wird die Zukunft der Standorte in Deutschland aufs Spiel gesetzt“.

Mehr noch: Gewerkschaft und Betriebsrat befürchten, dass dieser Schritt nur der erste eines größeren Arbeitsplatz-Abbaus sein könnte: „Wer sind die nächsten, die um ihren Arbeitsplatz fürchten müssen, fragen sich viele Beschäftigte“, weiß Betriebsrat Barz. Deshalb bitten Ulbrich und Barz auch die Radolzeller Bevölkerung um Unterstützung durch zahlreichen Besuch auf dem Marktplatz. Denn ein Arbeitsplatz-Abbau in größeren Umfang würde die Gemeinden Gottmadingen und Radolfzell empfindlich treffen.

Umso unverständlicher ist es, dass die beiden Bürgermeister ihre Teilnahme an Demonstration und Kundgebung abgesagt haben. Anderer, wichtiger Termine wegen – mehr war aus den Rathäusern nicht zu erfahren.

Autor: hpk