Rassismus auf dem Münsterplatz

(hpk) Peinlich, peinlich und sogar skandalös: Eine US-amerikanische Delegation erlebt auf dem Münsterplatz eine Konstanzer Stadtführerin, die farbige Geflüchtete beschimpft. Noch peinlicher: Auch in der Gruppe befanden sich drei farbige Menschen. Eric Thiel übrigens, Konstanzer Tourismus-Chef, beeilt sich mitzuteilen, dass diese Stadtführerin nicht im städtischen Auftrag unterwegs war. Vielmehr trat sie als Kandidatin bei den letzten OB-Wahlen an und gründete dann eine Agentur, die Führungen anbietet. Lesen Sie selbst, was die Delegationsleiterin in ihrem weit gestreuten Brief zu berichten weiß:

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister, sehr geehrte Fraktionsvorsitzende, sehr geehrte Damen und Herren des städtischen Tourismusbüros,
Ich organisiere gerade eine Bildungsreise für US-amerikanische Bildungsadministratoren zum deutschen Berufsbildungssystem nach Stuttgart und Konstanz. In Stuttgart haben wir bereits das Kultusministerium und die Firma Trumpf besucht. Heute Nachmittag hatten wir einen sehr informativen Vortrag bei der IHK Hochrhein Bodensee mit Frau Speckmayer, deren Leistung und Einsatzbereitschaft ich hier ausdrücklich positiv hervorheben will. Alle Teilnehmer/innen aus den USA waren sehr beeindruckt.

Leider muss ich Sie aber auch über eine unschöne Begebenheit während einer anschließenden Stadtführung mit Frau Sylvia Grossmann informieren. Frau Grossmann war bereits während der IHK Veranstaltung anwesend und hat sich dort mit unpassenden Kommentare über ihre IHK-Pflichtmitgliedschaft ausgelassen, obwohl sie als Stadtführerin gar nicht zur Gruppe gehörte.

Hier nun zur Situation: Frau Speckmayer (von der IHK) sprach kurz darüber, wie Flüchtlinge sich aus Ihrer Sicht positiv auf die Ausbildungslandschaft auswirken und dass sie die politische Krise, die daraus gemacht wird, aus der IHK-Perspektive nicht verstehen kann. Darauf nahm Frau Grossmann dann später während der Stadtführung Bezug: Als wir auf dem Münsterplatz ankamen, hielt sie an und deutete mit der Hand auf zwei farbige Personen, die friedlich auf einer Bank in Hörweite von uns saßen und sagte: ‘Da wir ja vorhin von Flüchtlingen sprachen, hier können Sie zwei solcher Exemplare sehen. Also ehrlich gesagt, wenn ihr Eure Mexikaner nicht haben wollt, ich nehme alle Eure Mexikaner, wenn ihr dafür die hier nehmt. Diese Flüchtlinge brauch‘ ich hier nämlich alle nicht.’ Dazu machte sie noch eine abwertende Handbewegung und verzog angewidert das Gesicht.

Wir alle waren wahnsinnig geschockt und peinlich berührt. Wir haben 3 farbige Menschen in unserer Reisegruppe. Das macht Ihre Aussagen nicht schlimmer als sie schon sind, aber nur noch peinlicher für uns alle und hat sicher auch kein Willkommengefühl bei diesen Gruppenmitgliedern in einer aus unserer Sicht ohnehin schon sehr “weißen” Stadt hervorgerufen. In diesem Augenblick, war ich mir nicht sicher, ob ich die Tour sofort abbrechen soll, da ich für diesen Teil des Reiseprogramms nicht verantwortlich war und den Teilnehmern den Besuch im Münster noch ermöglichen wollte. Im Nachhinein schäme ich mich, dass ich es nicht getan habe. Ich habe nun meine Kollegen gebeten, die Reiseagentur über den Vorfall zu informieren und sie zu bitten, den Vertrag mit Frau Grossmann aufzulösen und die Tour nicht zu bezahlen.

Es ist mir bewußt, dass Frau Grossmann nicht für die Stadt Konstanz arbeitet. Allerdings machen Besucher diese Unterscheidung sicher nicht. Ich denke, die Stadt muss hier aktiv werden, so dass externe Reiseveranstalter vor dieser Person gewarnt werden oder sie zumindest nicht auf offiziellen Stadtführungslisten finden.

Mit freundlichen Grüßen,
Raphaela Schlicht-Schmälzle