Rassismusvorwurf gegen Stadtführerin erhärtet

Wie seemoz bereits gegen Ende letzter Woche berichtete, hat sich die Konstanzer Stadtführerin Sylvia Grossmann bei einem Besuch einer Gruppe aus den USA abfällig über Farbige geäußert. Grossmann ging daraufhin umgehend in die Offensive und behauptet nun, die Beschwerdeführerin habe ihr diese Äußerungen nur „in den Mund gelegt“, um sich um das vereinbarte Honorar zu drücken. Doch für den Vorfall gibt es mehrere Zeugen.

Die Schilderung des Vorgangs wurde allen Gemeinderatsfraktionen, der Verwaltungsspitze und der hiesigen Presse per Mail geschickt. Die Reiseführerin der Gruppe erklärte gegenüber seemoz, mittlerweile habe sie neun Zeugen, die Grossmanns Ausfälle gegenüber MigrantInnen „im Zweifel“ bestätigen würden.

Einer davon (Name d. Red. bekannt), war am 23.10. vor Ort, als Frau Grossmann bei der Stadtführung auf zwei dunkelhäutige Männer wies, die unweit der Besuchergruppe auf einer Bank saßen. An Frau Grossmanns Aussagen kann er sich gut erinnern: „Here you can see two of them. It’s really a big problem in Germany. In the USA you have your problems too. I mean with all these Mexicans and so on. But the situation here is a much bigger problem. I would take 1000 Mexicans from you, if you would take 100 of these people“.

Der Zeuge weiter: „Die Äußerungen von Frau Grossmann waren zweifelsohne absolut unangebracht. Unterschiedliche Meinungen zur Flüchtlingssituation in Deutschland und den USA sind angesichts der im Grundgesetz verbürgten Meinungsfreiheit selbstverständlich zulässig, jedoch haben diese im Rahmen einer kostenpflichtigen Stadtführung absolut nichts verloren. Unter den Zuhörern der Besuchergruppe aus den USA waren mehrere dunkelhäutige Personen, eine Teilnehmerin ist zudem mit einem Mexikaner verheiratet“.

Der Zeuge räumt im Nachhinein ein: „Sicherlich hätte man Frau Grossmann unmittelbar in der Situation auf ihre Äußerungen ansprechen sollen. Diese Gelegenheit haben wir versäumt, da ich (…) und alle anderen anwesenden Personen angesichts dieser Äußerungen so perplex gewesen bin, dass wir die Gelegenheit zu einem direkten Gespräch leider nicht ergriffen haben und sich am Ende der Führung aus zeitlichen Gründen leider keine geeignete Gelegenheit zu einer Nachbesprechung ergeben hatte“.

Sylvia Grossmann hat ihre Sicht der Dinge umfassend auf der seemoz-Kommentarspalte dargestellt und bleibt weiterhin bei ihrer Aussage, dass an den Vorwürfen nichts dran sei. Daraufhin erinnerte sich auf Anfrage von seemoz Benjamin Güller, Vorstandsvorsitzender des Tourismusfördervereins „KonTour“, an einen ähnlichen Vorfall im Juli letzten Jahres. Grossmann begleitete als Stadtführerin eine Schweizer Gemeinde und habe damals, so Güller, einen durchaus nachhaltigen Eindruck hinterlassen:

„Anlässlich dieser Stadtführung wetterte Frau Grossmann mehrmals gegen Schweizer. Gemäß den Kunden hätte sie sich in übelster Weise gegen Schweizer ausgelassen und die Schweizer als Plage für Konstanz bezeichnet. Die Gäste aus der Schweiz waren darüber konsterniert, beruhigten sich aber wieder und hakten am Abend die negativen Erfahrungen ab. Trotzdem gaben sie der Organisation, in welcher Frau Grossmann tätig ist – oder welche sie sogar leitet – ein Feedback (Anm. d. Red.: Sylvia Grossmann betreibt die Firma „see-guide“). Auf dieses Feedback reagierte Frau Grossmann äußerst unverschämt und fremdenfeindlich. Die Schweizer seien hemmungslos und würden wie Heuschrecken über die Stadt herfallen und die Lebensqualität der Einwohner zerstören (…) Sie rechtfertigte sich damit, dass sie den Gästen nur den Spiegel vorgehalten habe, und diese seien selbst schuld, wenn sie dies nicht vertragen würden (…) Der Vorstand von KonTour war sich daraufhin sofort einig, Frau Grossmann aus unserem Verein auszuschließen. Frau Grossmann ließ sich erst kurz davor in den Beirat unseres Vereins wählen. Wir vom Vorstand waren uns aber einig, dass wir jemanden, der dem Tourismus und dem Ansehen der Stadt derart schadet, auf keinem Fall in unserem Verein dulden möchten“.

H. Reile (Foto: privat)


Kommentar: Was nun, Frau Grossmann?

(hr) Ihre Einwände gegen unsere Berichterstattung sind somit hinlänglich widerlegt. Die Ankündigung, dass mehrere Teilnehmer der Reisegruppe bestätigen – wenn es sein muss, auch mit eidesstattlichen Versicherungen – dass Sie sich in rassistischer Weise gegenüber BesucherInnen unserer Stadt geäußert haben, sollte Ihnen zu denken geben. Dabei handelte es sich bei Ihren Ausfällen beileibe nicht um einen vernachlässigbaren Lapsus, man darf Sie auch als Wiederholungstäterin bezeichnen. Das ist nicht hinnehmbar.

Finden Sie nicht, dass zumindest eine Entschuldigung angebracht wäre? Als bekannte Stadtführerin haben Sie auch eine Verantwortung für Ihre MitarbeiterInnen, die durch Ihr Auftreten, das keinesfalls nur „unbequem“ ist, in Misskredit geraten. Gerade in einer Zeit, in der sich Fremdenhass und völkisch-nationalistisches Gequake Bahn brechen und die Hemmschwellen dagegen zunehmend bröckeln, ist unsere Zivilgesellschaft gefordert. Wie auch immer: Eine Erklärung Ihrerseits wird von vielen erwartet.