Ratsfraktionen wollen Gedenktafel für Martin Katschker
Ende August jährt sich der Mord an dem damals siebzehnjährigen Martin Katschker zum fünfzigsten Mal. Den Boden für die Bluttat hatte ein in der Stadt wohlgelittenes NPD-Mitglied bereitet, das später als Stadtrat beste Beziehungen zu OB und Verwaltung pflegte. Die Linke Liste beantragt jetzt, am Schauplatz der Tat eine Gedenktafel aufzustellen. Vier weitere Fraktionen haben sich dem Antrag angeschlossen.
Am 29. August 1970 schoss ein Druckereiarbeiter auf dem Blätzle-Platz Martin Katschker mit einem im Volksmund Hasentöter genannten Bolzenschußgerät mitten ins Herz. Dem Lehrling wrude zum Verhängnis, dass er sich an diesem Samstag nach der Arbeit mit zwei Freunden an dem damals beliebten Jungendtreff verabredet hatte. Die Bluttat fand in einem aufgeheizten Klima statt, das sich gegen Jugendliche richtete, die in jenen Tagen in nicht geringer Zahl die sommerliche Stadt besuchten, um sich bei Festen und Konzerten zu vergnügen. Das passte so manchem honorigen Einheimischen gar nicht ins muffig-spießige Weltbild.
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Angeführt wurden diese „besorgten Bürger“ vom NPD-Mann Walter Eyermann, der öffentlich immer wieder gegen „Gammler“, „Negermusik“ und „asoziales Gesindel“ hetzte und die Aufstellung einer Bürgerwehr ins Spiel brachte. Seine Tat beging der Mörder mit den Worten: „Ich bin von der Bürgerwehr …“ Der diesen März gestorbene geistige Anstifter Eyermann wurde nicht nur nie zur Rechenschaft gezogen; er brachte es zum erfolgreichen Immobilienmakler und machte später als Lokalpolitiker Karriere, obwohl (oder weil?) er aus seiner rechten Gesinnung nie ein Hehl machte.
Fünfzig Jahre nach dem Verbrechen wollen nun LLK, FGL, SPD, JFK und FDP mit einer Gedenktafel am Ort des Geschehens an das Opfer erinnern, dem rechter Hass das Leben genommen hatte. „Gerade in Zeiten, in denen Rechtsradikale in Parlamenten sitzen und bundesweit dazu beitragen, die Gesellschaft zu spalten, stünde diese Erinnerung der Stadt Konstanz gut zu Gesicht“, begründen die Fraktionen ihren Antrag. Einen passenden Tafeltext könnten etwa Stadtarchivar Jürgen Klöckler und Museumschef Tobias Engelsing entwerfen, regen sie an.
jüg| Das Bild zeigt die Tatwaffe, einen sogenannten Hasentöter (Foto: Privatarchiv)
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Lange genug wurde Martin Katschker todgeschwiegen. Und wenn darüber gesprochen oder geschrieben wurde, hatte er meist nicht einmal einen Namen. Der Mord an Martin Katschker wurde zum „Gammlermord“. Sein Mörder nur zum Totschläger. Obwohl er nach Hause ging, um seinen „Hasentöter“ zu holen.
Ich hab das damals als Kind mitbekommen und war schockiert. Bin ich heute noch.
Das alles kam mit dem Tod von Walter Eyermann wieder hoch, als man uns weismachen wollte, was er doch für ein Ehrenmann gewesen sei.
Ja, es wird Zeit für ein Mahnmal.
daniB