Renovierung der GSS dauert länger als geplant
Die Renovierung der 1974–76 errichteten Geschwister-Scholl-Schule ist seit langem überfällig und für 2019–2024 geplant. Dieser Zeitplan wird aber nicht gehalten werden können, weil zusätzliche Arbeiten notwendig werden, nachdem jetzt in Wandelementen aus den siebziger Jahren Asbest entdeckt wurde. Die Verwaltung rechnet mit zwei Jahren Mehrarbeit und zusätzlichen Kosten von maximal 4 Millionen Euro. Gestern wurden erste Einzelheiten bei einer eigens einberufenen Medienkonferenz öffentlich gemacht.
Asbest galt lange als Wunderfaser, die seit dem Beginn des 20. Jahrhunderts vielfältig verwendet wurde, von der Werft- über die Textilindustrie bis hin zum Babypuder. Besonders am Bau war der Stoff höchst beliebt und wurde weltweit eingesetzt, ehe seine Herstellung und Verwendung zunehmend verboten wurden: in der Schweiz 1990, in Deutschland 1993, in der EU 2005, in anderen Ländern hingegen wird Asbest noch heute massenhaft gewonnen und verbaut. In zahlreichen Bauwerken insbesondere der 1960er und 1970er Jahre werden in Deutschland Asbestbauteile vermutet und gefunden. Dieser Stoff ist krebserregend, wenn seine winzig kleinen Fasern eingeatmet werden und sich in der Lunge festsetzen. Asbest in Gebäuden ist also dann gefährlich, wenn er aus dem Baumaterial in die Raumluft und dann in die Atemwege von Lebewesen gelangt.
Raumluft ist sauber
Die Raumluft der Geschwister-Scholl-Schule wurde in der Vergangenheit immer wieder geprüft, und es wurden keinerlei Asbest-Belastungen gefunden. Im Zuge der jetzt anlaufenden Renovierung der GSS hat ein Gutachter die Raumluft auf Holzschutzmittel (PCP, Lindan und DDT), Formaldehyd, PCB und Mineralfasern (Asbest, KMF) untersucht und laut Bericht vom 27.02.2019 nichts dergleichen gefunden.
Vor dem jetzt in den Sommerferien anstehenden Beginn der Sanierung von Dach und Haustechnik wurden im Rahmen von Materialuntersuchungen auch die Wandmodule unter die Lupe genommen, weil man dort Kabel zu verlegen gedachte. Solche Wandmodule sind etwa 3 Meter hoch und 1,25 Meter breit und in einem Umfang von etwa 5000 Quadratmeter in der Schule vorhanden, es dürften also über den Daumen gepeilt etwa 1000 solcher Segmente in der Schule verbaut sein [im Foto oben sind die einzelnen Module gut an den Fugen zu erkennen]. Diese Wandplatten sind oben und unten in Schienen eingesetzt und sollen eine eventuell nötige Veränderung der Raumaufteilung erleichtern, weil man sie leicht versetzen kann, um einen Raum zu vergrößern, zu öffnen oder sonst wie umzugestalten. Es handelt sich dabei um nicht tragende Innenwände, die der Raumaufteilung dienen.
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Wandmodule sind ein Problem
Bei der Untersuchung von Wandmodulen ergab sich laut Gutachten vom 17.06.2019 folgender Aufbau: Ein Wandmodul besteht aus Spanplatte, dann folgt im Inneren eine schwarze Bitumenschicht mit etwa 0,5 Prozent Asbest und dann außen wieder eine Spanplatte. Die asbesthaltige Bitumenschicht ist also nach außen abgekapselt, daher ist in den vergangenen Jahrzehnten kein Asbest in die Raumluft gelangt. Nach Angaben von Thomas Stegmann ist dieser Aufbau ungewöhnlich, weil die Bitumenschicht keine zusätzlichen Vorteile bringe, vielleicht habe man sich damals eine bessere Isolierung davon versprochen. Auch an Flanschdichtungen wurden schwach gebundene Asbestprodukte festgestellt.
Nach Angaben der Verwaltung dürften diese Module nach dem aktuellen gesetzlichen Stand weiterverwendet werden. Bürgermeister Dr. Andreas Osner betonte aber, dass er beim Thema Asbest kein Risiko eingehen werde und dass sämtliche Module fachgerecht entsorgt werden sollen, koste es, was es wolle.
Wie genau der Ausbau erfolgen kann, soll zunächst an zwei bis drei Wandmodulen erprobt werden. Nach Angaben des Hochbauamtes können Holz und Asbest nur auf einer einzigen Deponie in Deutschland zusammen entsorgt werden, und die nimmt nur Kleingebinde an. Eine Frage, die man bei einem Test klären will, ist daher, ob sich die Bitumenschicht leicht von den Spanplatten lösen lässt oder nicht, so dass sich beides vielleicht getrennt entsorgen lässt, was die Entsorgung erheblich erleichtern würde. Man denkt daran, die Module etwa in einer angemieteten Lagerhalle in ihre Bestandteile zu zerlegen. Auch im Falle eines Neubaus wäre übrigens beim Abriss des alten Gebäudes die fachgerechte Entsorgung dieser Bauelemente unumgänglich gewesen und genauso teuer geworden.
Wie es weitergeht
Viele Fragen zur sicheren Entsorgung dieser Wandmodule sind noch offen, die Verwaltung will darüber nach der Sommerpause informieren. Bisher setzt sie darauf, jeweils kleine Bereiche der Schule zum Entfernen der Wandsegmente abzusperren und mit einer Schleuse zu versehen, so dass der Schulbetrieb kaum gestört wird. Schulleiter Thomas Adam jedenfalls will diesen Wänden keine Träne nachweinen, da nach seinen Angaben die Dämmwirkung ohnehin unbefriedigend ist. Er sieht im Verschwinden dieser Wandmodule eine gute Chance, nach Jahren der laufenden Innenverdichtung in seiner Schule wieder großzügigere Räume zu schaffen, wie sie für moderne pädagogische Konzepte geeigneter seien.
Die geplanten Sanierungsschritte für Dach und Haustechnik sind durch den jetzigen Schadstofffund nicht berührt und können wie geplant durchgeführt werden. Auch an den Fördermitteln ändert sich nichts. Allerdings wird sich die gesamte Sanierungsphase vermutlich um zwei Jahre verlängern, aber nichts Genaues weiß man bisher nicht. Eltern, Schülerschaft und Öffentlichkeit sollen jeweils zeitnah auf dem Laufenden gehalten werden.
Der Schulleiter gab sich jedenfalls gelassen. Er attestierte seiner ohnehin leidgeprüften Schule die herausragende Fähigkeit, Zitrone in Zitronenlimonade zu verwandeln.
O. Pugliese (unter Verwendung einer Medienmitteilung der Stadt und von Wikipedia, Foto: Stadt Konstanz)