Runder Tisch zum Scala Kino
Begegnung oder Beschwichtigung? Oberbürgermeister Burchardt hat Vertreter der Bürgerinitiative zum Erhalt des Scala-Kinos, Vertreter der DM-Drogerie, den Bauherrn sowie den Betreiber des Scala-Kinos, Leute vom Zebra-Kino, Juristen und Dezernenten zu einem Runden Tisch eingeladen. Die Aussichten werden eher skeptisch beurteilt.
Das war auch die zentrale Botschaft, die Lutz Rauschnick, Sprecher der Initiative „Rettet das Scala“, gestern am frühen Abend den gut 70 Demonstranten bei einer spontanen Aktion vor dem Scala mitteilen konnte. Doch unter den Filmfreunden, fleißig von SWR-Kameraleuten für die Landesschau abgefragt und abgefilmt, war man in der Bewertung dieser Einladung, zwei Tage vor der nächsten Sitzung des Konstanzer Gemeinderates, uneins
Warum gibt es keinen neutralen Moderator, wollte eine Konstanzerin wissen und warnte vor einer „Laberrunde“. Eine gute Chance sei das, das Scala-Thema weiter in die Öffentlichkeit zu tragen, meinte eine Studentin. Aber warum so kurz vor der entscheidenden Sitzung, fragte ein FGL-Stadtrat wohl nicht nur sich und argwöhnte, auf diese Weise könnte die politische Diskussion in den parlamentarischen Gremien abgewürgt werden. „Aber wir werden dort unsere Sache offensiv vertreten“, versicherte Lutz Rauschnick (Foto) für die Bürgerini, die sich nicht entmutigen lässt: Für den 16. April ist dann auch ein „Kultur-Nachmittag“ vor dem Kino geplant
Doch der Betreiber scheint das Kino schon abzuwickeln – dem SWR-TV-Team jedenfalls wurde am gestrigen Vormittag recht rüde eine Drehgenehmigung sogar nur vor dem Scala verweigert. Und in einer Vitrine prangt seit einigen Tagen die Einladung „an die lieben Gäste“, ab 2017 doch regelmäßig ins CineStar zu pilgern
Die gut 70 Protestierer pilgerten nach der kurzen Kundgebung erst einmal ins Scala-Kino und guckten Filme mit den beziehungsreichen Titeln „Spotlight“ und „Don Quichotte“ (wird wirklich so geschrieben). Auch eine Art der Solidarität.
hpk (Foto: Beate Fleischhauer)
Ergebnis der TUA Sitzung gestern aus meiner Sicht:
5 ja Stimmen für einen Bebauungsplan
7 nein Stimmen gegen einen Bebauungsplan (hauptsächlich CDU)
Der Stadt fehlt ein Instrument, Kulturgüter (wie das Programm-Kino) zu erhalten, wenn es um die Nutzung privaten Eigentums geht.
Der Finanzpoker zwischen 1-facher und 10-facher Miete wird gegen Kulturinteressen eingesetzt.
Die Situation eignet sich, um über das „Flair-Sterben“ deutscher Innenstädte zu diskutieren und Instrumente einzuführen.
Es geht um die Frage: Wenn das geliebte und ausgezeichnete Kino mitten in der Innenstadt wegstirbt: Passiert dann etwas gesellschaftlich Schlechtes? Das trifft und betrifft die Konstanzer und Kreuzlinger Bevölkerung und viele Besucher am Bodensee.
Was mache ich in der Stadt? Einkaufen und Leben und das Leben schön finden. Wenn Leben wegfällt (z.B. nach Ladenschluss), was ist dann passiert? Haben wir im entscheidenden Moment zu wenig getan?
Herzlichen Dank für Raumverleiher und Kinobetreiber und an alle Arbeiter im Kino für all die schönen Jahre. Euer Einsatz wird gewürdigt und das um so mehr, wenn es finanziell nicht besonders lukrativ war oder ist. Ich danke jeder Person, die die emotionalen Aspekte dieser Angelegenheit respektiert und evtl. zum Unterstützer des Projekts „Rettet das Scala“ überwechselt.
Familie Rabe hofft, die „ausserordentlichen Kinofreunde“ ab 2017 im CineStar begrüßen zu können – kann man lesen. Es geht um die Möglichkeit, auch in Konstanz weiterhin „ausserordentliches Kino“ erleben zu können. Mit dieser Aussicht wäre es gewährleistet. Ob diese Verlagerung von den „ausserordentlichen Kinofreunden“ goutiert wird, vielleicht sogar erfolgreicher ist, ist eine andere Frage.
Für die Stadtkultur wäre hingegen ein solches Kino an der Marktstätte sicher bereichernder, als dies im Umfeld eines konstruierten, merkantilen Unterhaltungstempels (Lago) der Fall sein würde.
Bliebe das aussergewöhnliche Kinoerlebnis an der Markstätte, könnte es überaus sinnvoll sein, dieses mit einem Kino-Kulturcafé zu kombinieren (mit z.B. entsprechender „kinoesker Innengestaltung“). Eine solche Einrichtung hätte als Ort der Begegnungen und der Gespräche das Potential, „Kino heute“ als Kulturgut neu zu interpretieren und für die Stadt und das Umland zukunftsfähig zu halten.
Das mit der schlichten „Bauhausfassade“ ist grundsätzlich ein Nebenaspekt. Es geht besonders um Kinokultur. Findet sie in einem solchen Rahmen statt, umso schöner. Aber Kinokultur kann auch in einer anderen Örtlichkeit zelebriert werden. Zebra zeigt es, ist als Vergleich aber nur bedingt heran zu ziehen, geht es doch auch beim Scala-Kino um eine Einrichtung, die wie Theater oder Musik oder Museum oder Bibliothek, usw., besonders die innere Stadt kulturell lebendiger zu gestalten hat. Fürwahr eine permanente Aufgabe für Konstanz!
Wir wünschen uns:
Eine Nutzungsplanung für die gesamte Innenstadt, die die kulturellen Werte der Stadt Konstanz schützt
und dazu gehört auch „unser“ Scala Programm-Kino.
Wir sagen nein zu dem Trend der Gleichmacherei aller deutschen Städte durch Standard-Geschäfte.
Von Herzen stimme ich Mme Klett zu, dass man zunächst die Fakten zur Kenntnis nehmen sollte. Nicht nur nimmt das Wichtigtuern Wind aus den Segeln, es dämpft Geschimpfe zu Umgangston und macht Urteile milder. Mme wird sich daher freuen, folgende Fakten zum Thema „Scala“ zu erfahren:
1. hat der Besitzer keineswegs sein Haus Marktstätte 22 verkauft – er hat mit dem Freiburger Baulöwen Wössner einen langfristigen Pachtvertrag geschlossen und ihm ein Vorkaufsrecht eingeräumt.
2., der Unterschied zwischen Gegröhle und einem Sprechchor, etwa bei ordnungsgemäß angemeldeter Demonstration, entspricht dem zwischen Geräusch und Musik. Gegröhle wäre für die Bürgerinitiative „Rettet das Scala!“ bedauerlich, denn es würde ihre Aussichten schmälern, Stadtregierung & Stadtparlament zu überzeugen: was mit zivilisierten Umgangsformen am ehesten gelingt. – Wer die stärkeren Argumente hat, brüllt nicht; wer brüllt, oder keift, hat die schwächeren Argumente.
3. hackt die BI keineswegs auf dem Noch-Betreiber herum – im Gegenteil, die Kino-Fans aus Konstanz & Einzugsbereich sind der Familie Rabe dankbar für 50 Jahre Programmkino am zentralen Platz der Stadt.
4. verlangt der Bauch tagtäglich, bedient zu werden; ist er aber satt, braucht es auch was in die Birne, sonst verblöden wir zu Konsumzootieren.
5. haben in einer Welt, in der Granit fließt, alle Ist-Zustände eines gemeinsam: sie werden sich ändern. Es ist daher möglich, dass das am längsten ununterbrochen bespielte Programmkino Süddeutschlands einem fünften dm-Markt weichen muss; womit der zentrale Platz von Konstanz ab Geschäftsschluss mausetot wäre.
6. Unter glücklichen Ausnahmeumständen sind aber sogar in unsrer unvollkommenen Welt Wendungen zum Besseren möglich. Möglich ist daher auch, dass das Stadtparlament die Chance erkennt und ergreift: den „Casus Scala“ zum Anlass nimmt, sich grundsätzliche Gedanken zu machen über eine Verbesserungsplanung für die gesamte Marktstätte – ja vielleicht gar das bisher fehlende „Leitbild Konstanz“ fürs nächste Vierteljahrhundert zu erarbeiten. – Soll phantasielos weitergewurstelt und der nimmersatten Reibachmacherei erlaubt werden, die gewachsenen Strukturen und identitätsstiftenden Traditionen Stück für Stück wegzufressen? Oder soll Konstanz sich weiterentwickeln zu einer lebendigen Wissens- und Kulturstadt – nebenbei womöglich gar zu einem Leuchtturm der Kinolandschaft?
Schade, dass Mme Klett mit Kino, Theater und Zirkus so gar nichts anfangen kann; „nobody is perfect“, lautet das berühmteste Schlusswort der Filmgeschichte. Die Sachkenntnis von Herrn Fouquet unterschätzt sie jedenfalls in fahrlässiger Weise. Um einen Schlenker zurück zum Anfang zu riskieren: je weniger ein Kopf weiß, desto leichter fällt ihm das Urteilen.
Man sollte endlich aufhören, auf dem Kino-Betreiber rumzuhacken, nur weil er nicht auf der Straße mitgrölt. Stattdessen macht Detlef Rabe das, was ein seriöser Geschäftsmann in einem solchen Fall tut: die unabänderlichen Fakten akzeptieren und sich nach vorne orientieren. Außerdem: Warum nimmt man sich nicht die wirklich „Schuldigen“ vor, also die Erbengemeinschaft, die das Haus verkauft hat, womit schließlich alles begann. Aber sich erst mal mit den realen Fakten auseinanderzusetzen, nähme ja solchen Wichtigtuern von Anfang an den Wind aus den Segeln. Tatsache ist jedenfalls, dass man in diesem unserem Lande bis heute einem Immobilienbesitzer zum Glück nicht vorschreiben kann, an wen er vermietet und einer Einzelhandelskette nicht, wo diese ein neues Geschäft eröffnen darf. Im übrigen fragt man sich angesichts dieses nicht endenwollenden albernen Theaters wirklich, gibt es in dieser Stadt nicht genug „echte“ Probleme, die dringend angegangen werden sollten?
Bleibt nur zu hoffen, dass im Gemeinderat wenigstens ein paar Leute sitzen, die sich mit der realen Faktenlage auseinandersetzen und diese auch wahrnehmen und damit diesem Zirkus ein Ende bereiten.
Und ganz nebenbei: Die Altstadt von Konstanz steht seit Jahrzehnten unter Ensembleschutz (das hat was mit Denkmalpflege zu tun) – was z.B. ein ehemaliger Baudezernent eigentlich wissen müsste.
Will die Bürgerinitiative Herrn Rabe eigentlich zum Weiterbetrieb des Scalas zwingen, sollte sie Erfolg haben? Er selbst scheint ja nicht wirklich viel Interesse daran zu haben, was man schon vor diesem Artikel erahnen konnte.