Scala: War’s das nun?
Mehrere Stammgäste des Kinos hatten sich noch Karten für die letzten Vorstellungen gekauft, standen dann aber vor verriegelten Türen. Der langjährige Betreiber des Scala, Detlef Rabe, sagte aus „Sicherheitsgründen“ alle Aufführungen kurzerhand ab. Ein unrühmliches Ende.
Wäre er klug gewesen, dann hätte Rabe alle Scala-Türen weit aufgemacht an diesem letzten Filmabend, aus eigener Tasche Häppchen und Glühwein bezahlt, den anwesenden Damen eine Rose in die Hand gedrückt, eine warme, geheuchelt-gefühlvolle Abschiedsrede gehalten und damit seinen Teil dazu beigetragen, dem bedauerlichen Ende des Kinos zumindest eine gewisse Würde zu verleihen. Doch er entschied sich für eine durchweg kleinkarierte Variante und zog somit – völlig unnötig – den berechtigten Zorn der Scala-FreundInnen auf sich.
Die Ankündigung der Bürgerinitiative „Rettet das Scala“, die letzten Filmvorführungen als fantasievolle „Beerdigungsaktion“ zu verstehen, ließ Rabes Herz spontan ganz tief in die Hose rutschen. Per Aushang am Scala teilte er mit, dass „so eine Aktion geltende Sicherheitsbestimmungen nicht respektiert“ und er sich auch Sorgen um die körperliche Unversehrtheit seines Personals mache. Eine peinliche, ja geradezu dämliche Nummer. Rabe gebärdete sich so, als ob hier ein gewalttätiger Mob im Anmarsch sei, dem der Sinn danach stünde, zuerst das Kino und anschließend die Innenstadt in Schutt und Asche zu legen. Damit hat er für seine neue Spielstätte im Lago sicher keine gute Bewerbung hingelegt und wohl eher Geschäftsschädigung betrieben. Die sei ihm nachhaltig gegönnt.
Was lehrt uns nun die ganze Geschichte? Die Bürgerinitiative blühte spontan auf und erreichte innerhalb kürzester Zeit große Teile der Bevölkerung. Die Debatte um das Scala war (und ist?) für viele KonstanzerInnen Anlass genug, um über die zukünftige Stadtgestaltung nachzudenken. Gerade auch, weil diesbezüglich im Rathaus ein gerüttelt Maß an Ignoranz zum Tagesgeschäft gehört und man dort eher bemüht ist, die letzten freien Quadratmeter vor allem im Altstadtbereich gewinnbringend zu verscherbeln. Es ist mit ein Verdienst der wachgewordenen Bürgerschaft, dass sie auf diese ungute Entwicklung immer wieder hingewiesen hat. Ob sich der kritische Blick bis zu den nächsten Kommunalwahlen 2019 oder den Oberbürgermeisterwahlen 2020 hält, wird abzuwarten sein.
H. Reile
zu Herrn Krause
ich stimme Ihnen in den meisten Punkten zu. Und ganz klar, diesen Film sollte es geben, auch dann, wenn das Objekt, der Stein des Anstosses, in der Sache und rechtlich ungeeignet war. Wir als Bürger müssen etwas tun um dem Ausverkauf und der absoluten Austauschbarkeit der Innenstadt entgegen zu treten. Dies sinnvoll und erfolgreich zu tun, steht an. Dabei ist es wichtig, Menschen als Mitstreiter zu erreichen und von den Entscheidungsträgern als schlagkräftig und vor allem als ernstzunehmend wahrgenommen zu werden. Die Initiative zur Erhaltung des Scalakinos war zwar engagiert und von Idealen getragen, im ersten Punkt erfolgreich, doch leider was Punkt zwei betrifft in diesem Sinne eher kontraproduktiv.
Herzlichen Dank, Frau Herbert-Fischer, sie sprechen mir aus der Seele, wie man so schön sagt.
Liebe Frau Fischer, es ist ja schön, dass sie auch dabei sind, gegen den Ausverkauf der Innenstadt zu kämpfen. Diese Veränderung ist jedoch kein Naturgesetz und fällt nicht vom Himmel, sondern wird konkret von Menschen verursacht. Der Scala-Vorgang ist für diese Entwicklung ein fast klassisches Beispiel – und taugt daher, dies in einem Film zu dokumentieren. Die Darsteller: Ein Hausbesitzer bzw. dessen Erben, die aus ihrem Besitz künftig eine höhere Rendite erzielen und ein Unternehmer, der einen nicht hinreichend gewinnbringenden Teil seines Geschäftes loswerden will, zusammen mit einem Investor, der in dieser Konstellation ein lukratives Neugeschäft für sich sieht. Als Nebendarsteller eine Stadtverwaltung, die achselzuckend die Tendenz zwar beklagt, aber passiv zuschaut. Die ideale Konstellation also, einen markanten Innenstadtbereich genau in der Richtung zu verändern, die eigentlich niemand möchte . . .
Das der nachhaltige Eindruck, den diese drei Hauptverursacher hinterlassen haben so ist, wie vielfach kritisiert, haben sich diese durch ihr Verhalten selbst zuzuschreiben: Sie hätten hinreichend Gelegenheit gehabt, ihre persönlichen Bewegründe zu beschreiben, sie hätten in dem Film von Wolfsberger sogar ein Forum gehabt publikumswirksam zu widerlegen, dass sie nur ihre eigene Interessenlage im Fokus haben und die Verpflichtung, mit ihrem Besitz auch dem Gemeinwohl zu dienen, einfach ausblenden. Die Verursacher dieses typischen innerstädtischen Veränderungsprozesses haben jedoch die Nicht-Kommunikation gewählt, haben sich entschieden, den Regisseur als Berichterstatter auszusperren und den letzten Aktes so unwürdig zu inszenieren, wie es jetzt gelaufen ist. Wer vermag hierfür noch Verständnis aufbringen?
nun ja, ich bin kein Versteher des Kommerz auf alle Fälle. Ich bin auch nicht mehr jung, sondern vielfache Oma. Ich bin durchaus kulturinterssiert. War vielleicht einmal in Jahr im Scala, sehr schön, und jetzt meine Frage, wer zahlt die Löhne und lebt davon?
Es ist bestimmt absoluter Quatsch die Not der Menschheit mit samt des möglichen dritten Weltkriegs gegen das Engagements der Kinoliebhaber aufrechnen zu wollen, doch sorry, es war immer nur ein Wirtschaftsbetieb und ein Zuschussgeschäft. Danke, dass es so lange ging und Tschüß
Der Ausverkauf der Innenstadt ist nochmal ein anderes Thema, dagegen rentiert es sich zu kämpfen, da bin ich dabei, aber nicht bei diesem pseudokulturellen Blödsinn. Geht ins zukünftige Pogrammkino des Cinestar oder geht endlich mal ins Zebrakino.
Versteigere meine letzte Eintrittskarte fürs Scala-Kino, die ich wegen verschlossener Türen nicht mehr einlösen konnte. Ich beginne mit 10.00 Euro.
Peinlich berühren in der Nachlese und im Vorfeld des Scala-Debakels am allermeisten unter den Kommentatoren die „Unternehmer-Versteher“, und ich sehne mich als älteres Semester ein klein wenig nach den Zeiten zurück, in denen es weder als besonders realitätsbewusst, noch als schick galt, mit dem Klassenfeind kuscheln zu gehen. Man hat es einfach nicht getan. Punkt.
Genau. Und wir alle haben die Auswertungen gesehn und wissen, dass dieses Zahlen , diese 15% stimmen, oder?
Nein. Rabe hat sich mit dem Popcorn-Tempel im Lago selbst Konkurrenz gemacht das mit einer 50% igen Beteiligung am CineStar.
Das war ein Klotz am Bein. Dieses Scala. Da muss man sich Gedanken machen, was man für das anspruchsvolle Non-Popcorn-Publikum spielt. Da muss man auf die Leiter jedesmal und die Lettern neu aufs Marquee pflanzen. Da muss man Kasse und Projektion besetzen und hinterher putzen. Das alles für ein paar Dollar mehr? Lohnt nicht.
Die Kommunikation, was läuft wann? war sehr, sehr bitter, schlecht und undurchschaubar. Cineasten wollen nachholen, was sie versäumt haben. Wollen nochmal auf grosser Leinwand oder OmU gucken, was sie lieben. Sie würden auch gern gleich wissen, wer da die Regie geführt hat. Oder sie wollen jede Woche mit ihrer Gruppe von Freunden etwas besonderes gucken und dann danach über den Film sprechen. In der Altstadt.
Holger bringt es auf den Punkt. Danke.
Wer hoch fliegen will muss Ballast abwerfen. Aber Vorsicht oben wird dann auch mal die Luft ganz dünn, Herr Münchhausen-Rabe…
Ich kann es Herrn Rabe nicht verdenken. Trotzdem schade für die Zuschauer, die gern nochmal gekommen wären. Es ist ein unrühmliches Ende für das Kino und die Initiative. Bleibt zu hoffen, dass diese Provinzposse endlich damit ihr Ende findet, ein Ruhmesblatt für unsere Stadt ist es nicht. Ein Kino in der Innenstadt mit 15% Auslastung wurde ziemlich lange gehalten, dafür danke.