Schafft die Verwaltung den Spagat?

Hinter den Kulissen wird fieberhaft gerackert: Positionspapiere werden erstellt, Arbeitsgruppen gebildet, Sondersitzungen gefordert, Schreckensmeldungen verbreitet. Wohin mit den Flüchtlingen? Alarmstimmung, Hektik und Arbeitswut beherrschen in Konstanz derzeit nicht nur die Amtsstuben.

Zunächst zu den Fakten: 650 Betten für Flüchtlinge fehlen in der Stadt – Stand: 10. September. Doch diese Zahlen werden vom Landratsamt, das für die Erstunterbringung zuständig ist, fast täglich nach oben korrigiert. Neuerdings wird sogar an Container-Städte gedacht, obwohl die Stadtverwaltung noch vor Wochen behauptete, Wohncontainer seien ausverkauft. Und die Lokalredaktion des Heimatblattes sieht bereits den schadhaften Rasen des Bodensee-Stadions mit Zelten zugepflastert.

Immer neue Versprechen…

Die Freie Grüne Liste (FGL) denkt über eine Sondersitzung des Gemeinderates nach, was der zuständige Bürgermeister Osner aber für übertrieben hält. Er verspricht in seinem Antwortschreiben, in der nächsten, turnusmäßigen Sitzung am 24.9. alle nötigen Informationen für das Projekt „Wohnen für Flüchtlinge“ zu liefern. Nach seiner Aussage arbeiten gegenwärtig mehrere Arbeitsgruppen in der Verwaltung mit Hochdruck nur an diesem Projekt. Allein – hatte nicht derselbe Bürgermeister schon vor Wochen versprochen, alternative Standorte für eine Anschluss-Unterbringung in Egg zu benennen? Wenngleich – wie man aus einer dieser Kommissionen hört, soll tatsächlich ein neuer Bauplatz am Ortsrand von Egg gefunden worden sein.

… aber auch neue Töne

Derweil bahnen sich, so scheint’s, unerwartete Koalitionen im Konstanzer Gemeinderat an. Nicht nur, dass der FGL-Vorstoß zu einer Sondersitzung von fast allen Fraktionen mitgetragen wird – die CDU-Granden Tscheulin und Müller-Fehrenbach lassen seit wenigen Tagen ein Positionspapier in der Stadt kursieren, das für Konservative ganz neue Töne enthält. Von einem nötigen „Integrationsfahrplan“ ist da die Rede, von der Verwaltung wird Transparenz eingefordert und eine stärkere Zusammenarbeit mit Wobak, IHK und Handwerkskammer angeregt. Fast könnte man den Eindruck gewinnen, das Papier stamme von einer Flüchtlings-Organisation. Oder hat die CDU-Fraktion nur Kreide gefressen? Oder populistisch nur die Stimmung besorgter BürgerInnen aufgegriffen?

… und viele offene Fragen

Auch kommunalpolitisch werden die nächsten Wochen also spannend: Wie positionieren sich die Fraktionen in der Flüchtlingsfrage? Schafft die Stadtverwaltung die Mammutaufgabe der Unterbringung? Und schafft sie den Spagat zwischen dem menschenwürdigen Umgang mit den Neuankömmlingen und dem hinhaltenden Widerstand mancher BürgerInnen? Viele offene Fragen – wir alle werden uns um befriedigende Antworten und Lösungen kümmern müssen…

hpk