Schmieder gibt sich bockig
Michael Groos, Personalchef bei den Schmieder-Kliniken, bewegte sich kaum – und das ist durchaus wörtlich zu nehmen. Während der gestrigen Verhandlung vor dem Arbeitsgericht in Radolfzell um die fristlose Kündigung von Betriebsrat Galle blieb Groos stumm und steif. Ob jetzt, nach eineinhalbjähriger Verfahrensdauer, ein für beide Seiten befriedigendes Ergebnis erzielt werden kann, ist zumindest fraglich: In zwei Wochen wollen die Parteien das Ergebnis ihrer dann internen Beratungen verkünden.
An Arbeitsrichterin Adam jedenfalls lag es nicht: Beredt und beschwichtigend wirkte sie auf die Prozessbeteiligten ein, schilderte Risiken, Bedenken und Chancen, akzeptierte eine Sitzungsunterbrechung, um interne Beratungen zu ermöglichen, und blieb dennoch erfolglos. Die Streithähne sollen sich bis zum 20.Oktober einigen, ansonsten fällt sie am 10. November eine Entscheidung.
Keine Einigung in 15 Monaten
Soweit war man im Juli 2014 schon einmal: Beim Gütetermin damals zeichnete sich bereits ab, dass die außerordentliche Kündigung des Krankenpflegers Karl-Heinz Galle wohl keinen Bestand haben würde, dass die Vorwürfe, das Betriebsratsmitglied hätte während einer Krankschreibung unrechtmäßig an einer ver.di-Aktion teilgenommen (Kollegen hatten zur gestrigen Sitzung das Transparent mitgebracht, an dem sich der Streit entzündete – s. Foto) wohl nicht stichhaltig war und dass der Arbeitsplatz bei Schmieder wohl sicher wäre. Dennoch kam es in 15 Monaten zu keiner Einigung.
Spielt Schmieder auf Zeit?
Die Gründe für diese Verzögerung blieben im Dunkeln. Zwar wurden etliche medizinische Gutachten eingeholt und einige Gerichtstermine abgesagt, zwar wurde dem Kläger Galle ein Arbeitsplatz bei einer Schwesterklinik in Gailingen angeboten, der aber als nicht gleichwertig abgelehnt wurde – doch verschiedene Prozessbeobachter gewannen den Eindruck, dass der Schmieder-Konzern in diesem Fall auf Zeit spielte. Denn Karl-Heinz Galle ist mittlerweile 64, bis zur Verrentung sind es nur noch eineinhalb Jahre…
Kläger Galle bestand bis zuletzt auf einer Weiterbeschäftigung in Allensbach, wo er auch sein Betriebsratsmandat ausüben könnte. Doch da böte sich kein gleichwertiger Arbeitsplatz an – so die stete Beteuerung des Arbeitgebers. Zwischen den Zeilen und auch in der Verhandlung aber wurde deutlich, dass Galle wohl ein „unbequemer Kollege“ ist, der sich nicht scheut, Missstände im Betrieb offen anzusprechen. Solche Konsorten hat kein Arbeitgeber gern.
Jetzt geht es „nur noch“ um Geld
Wie häufig in solchen Verfahren vor deutschen Arbeitsgerichten geht es am Ende dann „nur noch“ ums Geld. Angesichts der nur noch kurzen Zeit bis zur Verrentung und angesichts des Prozessrisikos (der beklagte Schmieder-Konzern kann immer in Berufung gehen) zeigte sich Galle schlussendlich vergleichsbereit. Jetzt geht es wohl nur noch um eine angemessene, finanzielle Wiedergutmachung, nur noch um ein Trostpflaster, auf das man sich bis zum 20. Oktober einigen sollte.
hpk | Foto: MiMaWi
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