Schweigeminute nicht für jeden
Es war bislang guter Brauch, dass der Konstanzer Gemeinderat mit einer Schweigeminute vor allem an verstorbene StadträtInnen erinnert, die zum Teil Jahrzehnte lang die Kommunalpolitik mit prägten. Doch mittlerweile scheint bei der Auswahl der zu Ehrenden eher der Zufallsgenerator den Takt anzugeben.
Bei der letzten Gemeinderatssitzung am 20.7. wurde mit einer Schweigeminute an Dieter Fulde gedacht, der mehrere Jahre die Interessen der FDP im Rat vertrat, bevor er 2008 zu den Freien Wählern wechselte. Oberbürgermeister Uli Burchardt, der Fulde wahrscheinlich nicht näher kannte, las ziemlich emotionslos einen vorbereiteten und trockenen Standardtext vom Blatt ab, bevor man zur prallen Tagesordnung überging.
Überwiegend bei älteren BürgerInnen der Stadtgesellschaft tauchten daraufhin kritische Fragen auf, denn in den vergangenen Monaten verstarben andere Ex-Räte, die zum Teil deutlich länger Mitglieder des Gemeinderates waren und die durchaus kommunalpolitisches Gewicht auf die Waage brachten. Max Bölle, SPD (17 Jahre), Willy Scheideck, CDU (24 Jahre) und Ottomar Neuss, CDU, dann NLK (29 Jahre). Für sie alle gab es keine Schweigeminute. Das verwundert dann doch, denn Neuss und Scheideck bekamen bereits zu ihren Lebzeiten mit dem Goldenen Ehrenring der Stadt Konstanz eine Auszeichnung, die bislang nur wenigen zuteil geworden ist.
Man mag über den Sinn dieser kommunalpolitischen Erinnerungskultur unterschiedlicher Meinung sein, aber sie alleine dem Zufallsprinzip zu überlassen, ist kein guter Stil. Da muss eine verbindliche Regelung her, ansonsten steigt der Peinlichkeitsfaktor. Auch der angeblich so heimatverbundene Südkurier hat sich da nicht mit Lorbeeren geschmückt, verdiente aber kräftig an den Todesanzeigen, die von den jeweiligen Hinterbliebenen aufgegeben wurden.
seemoz hat bei der städtischen Pressestelle nachgefragt, wer für die Auswahl der rätlichen Schweigeminuten überhaupt zuständig ist und wie man zukünftig damit umzugehen gedenkt. Eine Antwort steht noch aus.
H. Reile
Es handelte sich schlichtweg um eine Regelungslücke. Künftig wird so verfahren, dass alle verstorbenen Altstadträte bei der nächsten öffentlichen Gemeinderatssitzung gewürdigt werden. Es soll eine einheitliche Linie gewährleistet sein.
Walter Rügert
Stadt Konstanz, Pressereferent