„Schweizer Schüler“ können mit Entgegenkommen rechnen

Die Kontroverse, ob in der Schweiz wohnende Kinder deutscher Eltern auch zukünftig die Grundschule in Konstanz besuchen können, endet in einem Kompromiss: Bürgermeister Andreas Osner kündigte auf einer gestrigen Pressekonferenz ein Entgegenkommen der Stadtverwaltung an. Danach soll es etliche Ausnahmeregelungen geben, wenn der Gemeinderat am Donnerstag einer aktualisierten Vorlage zustimmt 

Das Amt für Schulen, Bildung und Wissenschaft rückt damit von seiner noch im Oktober eingeschlagenen, harten Gangart (seemoz berichtete) ab, wonach generell keine Schüler deutscher Eltern, die in der Schweiz wohnen, in Konstanzer Grundschulen aufgenommen werden sollen. Noch in der aktuellen Vorlage des Amtes, die den Gemeinderatsmitgliedern derzeit vorliegt und so auch im Rats-Informations-Service (RIS) veröffentlicht wurde, ist diese harte Linie formuliert. In einer aktualisierten Vorlage, die am heutigen Dienstag auch die Stadträte erreichen soll, ist offensichtlich von einem Einlenken die Rede. Da auch den Medien diese Neufassung nicht schriftlich vorliegt, können diese Informationen nur auf mündlichen Aussagen fußen.

Danach sollen für den Schulbesuch „Schweizer Schüler“ an Konstanzer Grundschulen zukünftig etliche Ausnahmen greifen. So wird ein Bestandsschutz vorgeschlagen, was wohl meint, dass Schüler, die bereits eine Grundschule in Konstanz besuchen, von den Neuregelungen nicht betroffen sind. Zudem wird ein „Geschwisterschutz“ ins Spiel gebracht, was wohl meint, dass Familien mit mehreren Kindern ebenfalls keine Probleme haben dürften, wenn eines ihrer Kinder bereits eine Konstanzer Grundschule besucht. Außerdem wird Platz für „Schweizer Schüler“ geschaffen, sofern alle Kinder aus Baden-Württemberg versorgt sind. Nur – und da bleibt die Verwaltung konsequent – eine solche Überversorgung darf nicht dazu führen, dass neue Klassen gebildet werden müssen.

Denn die im Schuljahr 2012/13 an den fünf Konstanzer Grundschulen unterrichteten 84 „Schweizer Schüler“ haben dazu geführt, dass neue Klassen gebildet werden mussten. Also mussten neue Klassenräume (geht zu Lasten der Stadt Konstanz) und neue Lehrer (geht zu Lasten des Landes) her. Waltraut Liebl-Kopitzki. Leiterin im Amt für Schulen, Bildung und Wissenschaft, rechnet vor, dass jede neue Klasse die Stadt im Durchschnitt 84 000 € und das Land 250 000 € kostet. Solche Kosten sollen in Zukunft vermieden werden.

Bürgermeister Osner hofft mit diesem Kompromiss-Vorschlag offenkundig, die Gemüter beruhigen zu können. Denn „der etwas schweizfeindliche Zungenschlag in der nachfolgenden Diskussion“ habe ihn doch schon irritiert. Auch die Vermutung, das Stuttgarter Kultusministerium trage die Konstanzer Entscheidung nicht mit, wurde von Osner mit Zitaten aus einem entsprechenden Brief widerlegt – ganz im Gegenteil werde die Konstanzer Politik in dieser Frage von Stuttgart ausdrücklich mitgetragen. Und Liebl-Kopitzki legt nach, wenn sie darauf hinweist, dass die Verwaltung nur im Auftrag des Gemeinderats tätig geworden sei.

Immerhin zeigt diese Entwicklung, dass mehrfaches Nachdenken und Einander-Zuhören einmal fest gemauerte Meinungen doch noch erschüttern kann. So betrachtet, darf dieser Kompromiss durchaus als Fortschritt auch demokratischer Streitkultur bewertet werden.

Autor: hpk

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