seemoz e.V. lädt zur Diskussion über Conrad Gröber

Conrad Gröber (1872–1948), Freiburger Erzbischof, war von 1899 bis 1924 Lehrer und Pfarrer in Konstanz. Noch heute wird er hier als Ehrenbürger geführt und auch eine Straße ist nach ihm benannt. Der im Volksmund als „Brauner Conrad“ bekannte Gröber unterstützte von Anfang an das NS-Regime, später überwarf er sich mit ihm. Wie ist seine Rolle im Rückblick einzuschätzen? Ein Vortrag von Wolfgang Proske kommenden Dienstag beschäftigt sich mit dem umstrittenen Geistlichen.

Der von 1932–1948 als römisch-katholischer Erzbischof von Freiburg tätige Gröber war nachweislich ein Sympathisant der Nazis. Als „rechte Hand“ von Eugenio Pacelli, der später als Papst Pius XII. amtierte, bereitete er etwa ab 1930 die Hinwendung der vorher antinazistischen deutschen Kirche zum Nationalsozialismus vor, die am 20.7.1933 in den Abschluss des Reichskonkordats einmünden sollte.

Am 10.10.1933 erklärte Gröber, „dass ich mich restlos hinter die neue Regierung und das neue Reich stelle“. Von 1934–1938 war er unter der Nummer 400.609 förderndes Mitglied der SS; er forderte von seinen Diözesanen „rückhaltlose Kooperation“ und unbedingte Staatstreue. De facto untersagte er gläubigen Katholiken jedweden Widerstand gegenüber dem NS-Staat. Bis 1945!

Auch nach seinem Ausschluss aus der SS am 28.1.1938 und trotz seiner Zurückweisung insbesondere durch den Gauleiter Robert Wagner blieb er zeitlebens einer völkisch geprägten Weltsicht verhaftet. Sein „Widerstand“ gegen die Nazis lag im Grunde lediglich darin begründet, dass er sie etwa ab Mitte der 1930er Jahre zunehmend als „christentumsfeindlich“ empfand, um schließlich dem Nationalsozialismus gar „Atheismus“ vorzuwerfen. Er nörgelte immer öfter, weil er sich von ihren Repräsentanten in Baden nicht standesgemäß behandelt fühlte. „Es wäre gescheiter, sich um die Kommunisten zu kümmern, die eine wirkliche Gefahr der inneren Front bilden, statt die Priester, Katholiken und Christen zu plagen“, schrieb er am 23.5.1942 seinem Amtsbruder Heinrich Wienken nach Berlin.

Sein Antisemitismus suchte seinesgleichen. Die jüdische Konstanzer Juristin Dr. Irene Fuchs, mit der ihn mehr als bloße Freundschaft verband, denunzierte er nach Beendigung des langjährigen Verhältnisses rassistisch am 21.10.1936 bei Gauleiter Wagner wegen ihrer Abstammung, wobei er sich über die möglichen Folgen für die Frau durchaus im Klaren gewesen sein dürfte. Gegen die Juden, seiner Meinung nach „Christi Erz- und Todfeinde“, wetterte er, etwa am Karfreitag von 1941 und nach ersten Deportationen, z. B. nach Gurs, mit verstörender Schärfe. Und seine Predigten blieben bis 1945 geradezu dschihadmäßige Lobeshymnen auf den Krieg.

Beim Überfall auf Polen 1939 wollte er, dass die Soldaten für ihre „Befehlshaber, für unser Volk und seine Führung“ beten mögen; ihr eventueller Tod werde als „Heldentod … ehrenvollster Tod“ sein und „ein Weg zum barmherzigen Gott“. 1941 wünschte er sich einen „ehrenhaften Frieden“, der Deutschland „den notwendigen Lebensraum und den gebührenden Einfluss im Weltganzen“ sichere. Nach 1945 tat er den Holocaust mit der fragwürdigen Bemerkung ab, „keiner von den Bischöfen“ habe je „beweiskräftig“ etwas über die „Vorgänge im Osten“ erfahren. Lieber setzte er sich nun „mit vollem Engagement … für ehemalige Mitglieder der NSDAP“ ein. Über sich selbst schrieb er: „Soviel ist sicher, dass ich … durch die Gestapo und ihre Helfershelfer seelisch mehr gelitten habe als viele von jenen, die in Dachau misshandelt wurden oder starben.“

Näheres in: Proske, Wolfgang (Hg.): Täter Helfer Trittbrettfahrer, Bd. 6: NS-Belastete aus Südbaden, Gerstetten 2017, S. 104–136, 19,99 €.

Termin: Vortrag am Dienstag, 4. April 2017, 19.30 Uhr: Dr. Wolfgang Proske über Dr. Conrad Gröber, ehemaliger Erzbischof in Freiburg. Veranstalter: seemoz e.V. Mitveranstalter: Wessenbergcafé, Stolpersteine Konstan z, VVN/BdA, DKP Bodensee, Linke Liste Konstanz
Veranstaltungsort: Treffpunkt Petershausen, Georg-Elser-Platz 1, Konstanz.
Eintritt ist frei.

wp/red

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