Siemens baut still und heimlich Arbeitsplätze in Konstanz ab
„Die Angst ist riesengroß“, weiß Lore Dietzinger-Ruppert, neue Betriebsratsvorsitzende der SIS im Siemens-Werk Konstanz. Nochmals 2000 Arbeitsplätze will der Siemens-Konzern in diesem Jahr in Deutschland abbauen – die 66 Konstanzer Beschäftigten müssen spätestens im Herbst um ihre berufliche Existenz fürchten.
„Das ist ein ganz fieser Trick der Konzernleitung“, ist aus Kreisen des Konstanzer Betriebsrates zu hören. Die IT-Sparte des Konzerns soll zum 1.7. aufgespalten werden, der überwiegende Teil der Beschäftigten wird in die neue Tochtergesellschaft SIS überführt, die in naher Zukunft entweder an die Börse gebracht oder verkauft werden soll. Für die betroffenen Beschäftigten stellen sich lebenswichtige Fragen: Bleiben die Betriebsrenten erhalten? Gelten die Tarifverträge – und damit auch die Gehaltsstruktur – weiter?
Für die im Konzern verbleibenden IT-Beschäftigten auch in Konstanz geht es schlicht um den Arbeitsplatz. Denn durch die Aufspaltung der IT-Sparte wird die betriebsverfassungsrechtliche „Sozialauswahl“ ausgehebelt. Diese Regelung schützt Ältere, Behinderte oder auch Kindereiche vor der Kündigung. Doch wo es nur noch ältere Mitarbeiter gibt – „seit Jahren wurden keine Jüngeren mehr eingestellt – eine fatale Situation für eine IT-Branche“ – greift auch die Sozialauswahl nicht mehr.
Siemens-Personalvorstand Siegfried Russwurm begründet den Abbau mit „Anpassungen an das Geschäftsvolumen“, das in den vergangenen zwei Jahren um 13 Prozent zurückgegangen sei. Er kündigte an, den Jobabbau „verantwortungsvoll“ umzusetzen. Siemens wolle alle Möglichkeiten für freiwillige Maßnahmen wie beispielsweise Aufhebungsverträge nutzen. Zudem sollten befristete Arbeitsverträge auslaufen. Betriebsbedingte Kündigungen schloss Russwurm ausdrücklich nicht aus.
Dabei läuft schon seit Monaten im Konstanzer Siemensbetrieb eine schleichende Ausmusterung von Arbeitnehmern. Mit im Einzelfall nicht unattraktiven Aufhebungsverträgen, mit Vereinbarungen zum vorgezogenen Ruhestand werden Arbeitnehmer entsorgt und der Beschäftigungsstand minimiert. Mehrere Dutzend Beschäftigte haben in den letzten drei Monaten den Betrieb verlassen. An Neueinstellungen ist nicht gedacht.
„Doch Betriebsrat und Gewerkschaft werden sich diese arbeitsplatzvernichtende Abkoppelung der IT-Sparte nicht gefallen lassen“, so die Betriebsratsvorsitzende. „Derzeit prüft die IG Metall rechtliche Schritte gegen die Ausgliederung und deren Rahmenbedingungen. Der Betriebsrat wehrt sich – die Beschäftigten dürfen sich nicht alleine gelassen fühlen“, sagt Lore Dietzinger-Ruppert.
Foto: Rufus46
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AutorIn: hpk