Singen: Muss die Arbeitslosenberatung aufgeben?
Das Arbeitslosenzentrum der Arbeiterwohlfahrt steht vor einer ungewissen Zukunft. Denn die wichtigste Einnahmequelle der Anlaufstelle für arbeitslose Menschen droht zu versiegen, warnt der Landtagsabgeordnete Hans-Peter Storz (SPD). Das Landesprogramm „Neue Chancen auf dem Arbeitsmarkt“, aus dem das Arbeitslosenzentrum mit 50.000 Euro jährlich gefördert wird, läuft zum Jahresende aus. Hier eine Medienmitteilung von Storz.
„Offensichtlich will das zuständige Wirtschaftsministerium dieses Landesprogramm kürzen oder ganz auslaufen lassen,“ wirft Storz der Landes-Ministerin für Wirtschaft, Arbeit und Tourismus, Nicole Hoffmeister-Kraut (CDU), vor. Das Ministerium lobe zwar die Arbeit der Arbeitslosenzentren, will aber keine neuen Mittel dafür im Landeshaushalt bereitstellen. Storz hatte in einem Schreiben Hoffmeister-Kraut um weitere Unterstützung für die Einrichtung gebeten.
Doch das Ministerium will anderen Maßnahmen den Vorzug geben, geht aus der Antwort der Ministerin an den Abgeordneten hervor. Grund: Es stehe weniger Geld zur Verfügung: „Ob auch die Arbeitslosenberatungszentren weiterhin gefördert werden können, hängt von den Ergebnissen der Haushaltsberatungen ab,“ schreibt die Ministerin. Storz übersetzt diese verklausulierte Aussage: „Das Wirtschaftsministerium will das Projekt nicht mehr, gibt es aber noch nicht offen zu.“
Dabei äußerte sich die Landesregierung vor einem Jahr noch lobend über die Arbeit der Singener Einrichtung. In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage des Abgeordneten würdigte das Wirtschaftsministerium das niedrigschwellige Hilfsangebot, das vor allem Menschen nütze, die es aufgrund verschiedener sozialer Schwierigkeiten besonders schwer hätten, eine neue Arbeit zu finden. Das Arbeitslosenzentrum helfe diesen Personen nicht nur beim mitunter konfliktträchtigen Umgang mit dem Job-Center. Die Beratungsstelle am Heinrich-Weber-Platz vermittle auch den Zugang zu anderen Hilfsangeboten wie der Schuldner- oder der Suchtberatung.
Vor der Pandemie habe das Arbeitslosenzentrum etwa 2500 Beratungsgespräche mit 1500 Hilfe suchenden Personen pro Jahr geführt. 444 Mal wurden Menschen bei der Abfassung von Bewerbungen unterstützt. Da viele Hilfesuchende keinen Zugang zum Internet und Computern oder Tablets besitzen, waren die Angebote der AWO oft die einzige Möglichkeit für die Betroffenen, Bewerbungen zu verfassen und damit einen ersten Schritt aus der Arbeitslosigkeit zu gehen.
Hans-Peter Storz hält die Einrichtung der AWO für unverzichtbar. „Wenn das Arbeitslosenzentrum schließen muss, kümmert sich niemand mehr um diese Menschen mit besonderen Schwierigkeiten. Es entsteht ein großes Loch im sozialen Netz in unserer Stadt.“ Storz will daher die Streichung der Landeszuschüsse auf jeden Fall verhindern und kündigt jetzt schon einen entsprechenden Antrag der SPD in den Haushaltsberatungen an. „Ich bin gespannt, wie sich die Abgeordneten der Regierungsparteien dazu verhalten“, sagt er.
Deutliche Kritik äußert Hans-Peter Storz an den neuen Plänen der Regierung. Anstatt konkrete soziale Arbeit zu unterstützen, will das Ministerium Geld für eine Landesgeschäftsstelle des Netzwerks Teilzeitausbildung bereitstellen. „Wir brauchen bessere Hilfsangebote und bekommen neue Büros“, lautet sein Vorwurf.
Text: MM