SÖS-Kandidatin: Lebenswerte Südstadt besser fördern

Der Ernst des Wahlkampfs hat begonnen für die 15 KandidatInnen der neuen Wähler­vereinigung „SÖS – Singen ökologisch und sozial“, die am 26.5. unter dem Hohentwiel in den Gemeinderat einziehen will. Die meisten betreten dabei Neuland, nur wenige haben bislang aktiv Wahlkampf gemacht. Anders als ihre seit Jahrzehnten im Stadtparlament etablierte Konkurrenz fehlen den SÖS-Aktiven zudem die mit allen Wassern gewaschenen VeteranInnen, die ihnen mit Tipps und Tricks zur Seite stehen könnten. Weil SÖS sich gerade erst formiert hat, können die Newcomer auch nicht mit bereits errungenen Erfolgen prunken, aus dem selben Grund fällt die mediale Resonanz spärlich aus. Für seemoz ein Grund mehr, mit KandidatInnen der öko-sozialen Liste zu sprechen, um diesen Gelegenheit zu geben, sich, ihr Programm und ihre Argumente vorzustellen.

Zum Auftakt unserer Gesprächsreihe stellen wir Birgit Kloos vor, die auf Platz 12 antritt. Die Allgemeinärztin ist Leiterin der Notfallpraxis am Krankenhaus Singen und Delegierte der Bezirksärztekammer Südbaden. Die 56-Jährige engagiert sich als Mitglied bei der Siedlergemeinschaft Singen e.V. und in der Seglervereinigung Singen-Hegau e.V. Zu ihren Hobbies gehören – neben ihrem Garten – denn auch Segeln, zudem liest sie gerne. Kindheit und Jugend verbrachte Kloos in der Nordstadt, seit den 1990er Jahren lebt sie in der Südstadt, wo auch ihre Praxis angesiedelt ist.

seemoz: Frau Kloos, was ist Ihre Motivation für die Kandidatur auf der Liste von SÖS bei den Kommunalwahlen?

Birgit Kloos: Die nicht ausreichende soziale und ökologische Orientierung der Politik des Singener Gemeinderates. SÖS symbolisiert meine Ziele bestens.

seemoz: Bei welchen Wahlkampfthemen sehen Sie Ihren persönlichen Interessenschwerpunkt? Wo möchten Sie sich im Falle einer Wahl im Gemeinderat besonders engagieren?

Birgit Kloos: Sozialer Wohnungsbau, Förderung anderer sozialer Gesichtspunkte, Erhaltung einer wohnortnahen und sozialen Gesundheitsversorgung, Verbesserung des Zusammenlebens aller Kulturen und Ethnien, gerade in der Südstadt.

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seemoz: Sie sind in Singen aufgewachsen, kennen die Stadt also seit Ihrer Jugend in den 1970er und 80er Jahren. Damals galt Singen als Arbeiterstadt. Heute möchten OB, Gemeinderat und Funktionsträger des Stadtmarketings sich damit nicht mehr identifizieren und preisen Singen als Einkaufsstadt, Kultur-, Museums- und Sport-Stadt an, neuerdings ist auch von Chancen- und Vielfalt-Stadt die Rede. Wie hat sich Singen in den letzten Jahrzehnten aus Ihrer Sicht verändert?

Birgit Kloos: Singen war und bleibt eine Arbeiterstadt, darauf sollten wir stolz sein. Wir hatten schon immer Zuzug aus allen Ländern Europas und der Welt. Das macht Singen so bunt und auch jung. Natürlich brauchen die Menschen neben der Arbeit auch Angebote für Freizeit und Kultur, und dass dies in den letzten 50 Jahren mehr geworden ist, ist sehr positiv. Die größte Veränderung in der Innenstadt brachte die Fußgängerzone. Auch die Ausgestaltung des Hohgartens und des Rathausplatzes ist positiv.

seemoz: Die Stadt Singen (ohne die Ortsteile) zerfällt in die drei Gebiete Nordstadt, City und Südstadt. Eine Adresse in der Nordstadt gilt (angeblich) als die bessere. Mit der Südstadt werden Industrie, Automeile, Autorennstrecke und Tuning-Treff in Verbindung gebracht – und sie gilt vielen als sozialer Brennpunkt. Nehmen Sie das das auch so wahr?

Birgit Kloos: Wer in der Südstadt wohnt, weiß, dass es sich hier sehr gut leben lässt. Die bessere Infrastruktur hatte meinen Mann und mich 1993 bewogen, in die Südstadt zu ziehen.

seemoz: Hat sich die Südstadt seitdem zum besseren oder schlechteren verändert?

Birgit Kloos: Leider ist diese Infrastruktur seither schlechter geworden: drei Bäcker, drei Metzger, ein Lebensmittelladen, eine Apotheke, zwei Blumenläden und ein Kino haben zugemacht, aber sie ist immer noch besser als in der Nordstadt.

seemoz: Gerade für die Südstadt gibt es eine Reihe sozialer Angebote und Programme seitens der Stadt, der AWO, der Caritas und auch von privater Seite – wie „Stark im Süden“, „Älter werden im Quartier“, „Verein Kinderchancen“, „Jenische Elternlotsen“, „Mittagstisch im Siedlerheim“. Was bringen diese Programme aus Ihrer Sicht und wie werden diese angenommen?

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Birgit Kloos: Die sozialen Angebote sind gut, aber noch ausbaufähig – das Kulturzentrum für die Jenischen zum Beispiel muss realisiert werden. Wir brauchen Nachwuchs bei den „Siedlern“ [Anmerkung: Gemeint ist die Siedlergemeinschaft e.V., die es in Singen seit 82 Jahren gibt, mit ihrem Vereinsheim in der Worblingerstraße], hier müssen wir versuchen, auch Mitbürger aus anderen Ländern zu erreichen und zu motivieren. Wir brauchen dringend eine schriftliche Zusammenfassung aller Aktivitäten, die auch online abrufbar ist, damit die Menschen auch wissen, was es für Angebote in der Stadt gibt. Die Sport- und Freizeitangebote für Kinder und Jugendliche in der Südstadt müssen besser gefördert und erweitert werden.

Das Gespräch führte Uta Preimesser (Foto: © privat)