Soldat mit Glanz, Gloria und Hakenkreuz
Rundum erneuert und sandgestrahlt präsentiert sich seit einigen Wochen das Nazi-Denkmal am Eingang zur Chérisy-Kaserne, ergänzt mit einer langatmigen, wenig aussagekräftigen Erläuterungstafel. Das Hakenkreuz an der Spitze der Fahnenstange – mit bloßem Auge kaum erkennbar – wurde pietätvoll belassen, obwohl es eine Anfrage von außerhalb gab, wie es denn die Stadt Konstanz mit dem öffentlichen Zeigen verfassungswidriger Symbole halte.
Das Aufpolieren der Statue geschah ohne Eröffnungsfeier und ohne Pressetamtam. Ästhetisch gelungen, politisch missraten. Ästhetisch insofern gelungen, als der Soldat samt Sockel wieder in seiner ganzen Wucht sichtbar wird und die (seitwärts angebrachte) große Erläuterungstafel nicht ablenkt. Politisch missraten, weil versäumt wurde, diese für Konstanz fast einmalige Gelegenheit zu nutzen, öffentliche Debatten über den Umgang mit diesem steingewordenen Nazi-Denk(?)mal zu führen.
Politisch missraten auch, weil der Text der Erläuterungstafel zwar umfangreich ist, aber rein historisierend bleibt, also weder auf die politische, noch die ästhetische und kulturelle Bedeutung eingeht, und dazu nur auf Deutsch ist, ja, nicht einmal einen Hinweis auf Übersetzungen enthält. Was denkt sich wohl beispielsweise ein Pole, dessen Angehörige von Wehrmachtssoldaten ermordet wurden, beim Anblick dieses gesundheitsstrotzenden Kriegers? Könnte man es ihm verdenken, wenn er zuhause berichtet: „In Konstanz werden diese Mörder erneut verherrlicht?“
Diese Versäumnisse sind nicht zufällig, reichen doch die Meinungen zu dieser Statue von „Abreißen oder Sprengen“ bis hin zu „Ehre dem deutschen Soldaten“. Zweimal stand das Thema „Chérisy-Soldat“ in letzter Zeit auf der Tagesordnung des städtischen Kulturausschusses. Die Meinungen zu diesem Denkmal gingen dabei so weit auseinander, dass das Ergebnis der Debatte ein ziemlich nichtssagender „Erklärtext“ war. Dabei gibt es in Konstanz nicht nur eine ganze Reihe ausgewiesener Historiker für diese Zeit, sondern mit Aleida Assmann eine Kulturwissenschaftlerin, die geradezu ein internationaler Star auf dem Gebiet der Erinnerungskultur ist. Es wäre also ohne großen Aufwand möglich gewesen, den KonstanzerInnen (und dem Gemeinderat) Denkanstöße von Leuten zu geben, die sich gründlich mit dem Thema befasst haben.
Diese Gelegenheit wahrzunehmen hat der Kulturausschuss gründlich verpasst, und alle werden bei ihrer vorgefaßten Meinung bleiben. Die „Ehre dem deutschen Soldaten“-Befürworter werden sich durch den neuen Glanz des Denkmals bestärkt fühlen. Wer meint, die Nazi-Vergangenheit könne man tilgen, indem man ihre Spuren auslöscht, werden ihre Graffiti anbringen. Aber: Rassismus ist das verheerendste Menschheitsverbrechen. Deshalb müssen wir aus dem Terror der Nationalsozialisten für Gegenwart und Zukunft lernen. Diese Lehre wurde hier leider versäumt.
So wird die zukünftige Auseinandersetzung um den Soldaten wohl zwischen Farbpinselschwingern und Reinigungstrupps geführt werden. Dann wird sich die Debatte hitzig darauf beschränken, ob der ganz in Rosarot getauchte Soldat Aktionskunst ist oder eine Riesenschweinerei.
Maik Schluroff
für die Konstanzer Friedens-Initiative