Soll die Konzil-Wiese einem Mittelalter-Spektakel weichen?

20121108-221557.jpgWer sich immer schon gefragt hat, warum der Konstanzer Konzilvorplatz für 1,3 Millionen Euro „ungestaltet“ und die Liegewiese platt gemacht werden soll, findet nach einem Treffen von Stadtführern mit Baubürgermeister Werner womöglich die Antwort: Für die spinnerte Idee von Touristikchef Norbert Henneberger, während der Konzilfeierlichkeiten eine Lädine nachbauen zu lassen, wird ein Werftplatz gesucht – die Rasenfläche am Konzilgebäude mit See-Zugang böte sich da an, ließ der Baubürgermeister durchblicken

Die am vergangenen Dienstag im Baudezernat versammelten Stadtführer staunten nicht schlecht, als Kurt Werner seinen Plan verteidigte, die Rasenfläche nebst Blumenbeeten vor dem Konzilgebäude abzuräumen und stattdessen einen Platz „aus festgewalztem Sand-, Kalk- und Kiesgemisch” anzulegen.

Wie denn dieses Platz-Ungetüm (s. Planungsskizze), das bei nassem Wetter schlammig-schmutzig und bei Trockenheit staubig werden würde, genutzt werden solle, wollten die Stadtführer wissen. Werners Antwort: Für die Zeit des Konzilsjubiläums habe Frau Bader von der „Konzilstadt Konstanz GmbH” dazu Anregungen gemacht, z. B. als Werftplatz für den Bau einer Lädine. Auf die weitere Frage nach der Nutzung in den Jahren danach gibt es nach BM Werner keine konkreten Pläne.

Eine Lädine für die Nachwelt

Schon im Januar geißelte seemoz diese spinnerte Idee und schrieb: „Seit über einem Jahr ist im Gespräch, eine Lädine detailgetreu im Konstanzer Hafen nachbauen zu lassen. Lädinen segelten seit dem 15.Jahrhundert über den See und waren jahrhundertelang die wichtigsten Fortbewegungs- und Transportmittel der damaligen Zeit. Norbert Henneberger, Chef der Konstanzer Touristikabteilung, hat die Idee eines Nachbaus eingebracht. Dafür, so Henneberger im Frühjahr 2011, würden Kosten von etwa 300 000 Euro anfallen. Eine „Schauwerft“ für die Dauer von zwei Jahren soll errichtet werden, und nach Fertigstellung will man die Lädine als besondere Touristen-Attraktion in den Schifffahrtsbetrieb einbinden.

Mehrmals schon wurde Henneberger aufgefordert, sich mit den Betreibern der bereits existierenden Lädine „St. Jodok“ in Immenstaad in Verbindung zu setzen, um den mittelalterlichen Lastensegler für die Dauer des Konziljubiläums anzumieten. (seemoz berichtete). Doch nichts passierte. Bis heute hat sich niemand aus Konstanz in Immenstaad gemeldet. Dort ist man verwundert über die Konstanzer Ignoranz, denn man würde sehr gerne mit der Konzilstadt kooperieren. Bezüglich des finanziellen Aufwands für den Lädinen-Nachbau können die Immenstaader nur warnen: „Unter mindestens 800 000 Euro ist ein detailgetreuer Bau überhaupt nicht möglich.““

Zu befürchten ist jetzt, dass dieses kostenträchtige Mittelalter-Spektakel nicht nur weitere Unsummen verschlingt, sondern dass ihm auch noch die Liegeweise geopfert wird – der Rasen, für dessen Erhalt sich die Stadtführer einhellig aussprachen. Einer der Stadtführer wettete mit dem Baubürgermeister sogar, „dass in wenigen Jahren der Platz als staubige Öde apostrophiert werden wird.“

Noch mehr Kritik der Stadtführer

Zwar halten auch die Touristen-Guides den Platz für renovierungsbedürftig, „aber doch bitte nicht so“, war ihr einhelliges Votum. Kritisiert wurde neben der „Ungestaltung“ der Liegewiese auch, dass die neu zu pflanzende Platanendoppelreihe die Warteplätze für Schiffspassagiere einengen würde, dass lose Sitzmöbel nun wirklich für einen öffentlichen Platz am Wasser nicht geeignet seien, dass beidseitig geplante Sitzstufen zur Marktstätten-Unterführung unrealistisch seien und dass Bodenstrahler auf einem so frequentierten Gelände unangemessen seien.

Zum Schluss der Besprechung, so berichten Teilnehmer, habe man sich in Ironie geflüchtet: Sollte der umgestaltete Platz denn wirklich so realisiert, von der Bevölkerung aber nicht angenommen werden, könnte ja ohne großen Arbeits- und Kostenaufwand die Rasenfläche wieder hergestellt werden. Oder mit einem anderen Belag versehen werden, „aber bitte nicht so wie auf dem Münsterplatz“. Spätestens da soll dem Baubürgermeister das Lachen vergangen sein; für die geplante Ortsbesichtigung am Konzil hatte er dann auch keine Zeit.

Autor: hpk

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