Soll die Konzil-Wiese einem Mittelalter-Spektakel weichen?
Wer sich immer schon gefragt hat, warum der Konstanzer Konzilvorplatz für 1,3 Millionen Euro „ungestaltet“ und die Liegewiese platt gemacht werden soll, findet nach einem Treffen von Stadtführern mit Baubürgermeister Werner womöglich die Antwort: Für die spinnerte Idee von Touristikchef Norbert Henneberger, während der Konzilfeierlichkeiten eine Lädine nachbauen zu lassen, wird ein Werftplatz gesucht – die Rasenfläche am Konzilgebäude mit See-Zugang böte sich da an, ließ der Baubürgermeister durchblicken
Die am vergangenen Dienstag im Baudezernat versammelten Stadtführer staunten nicht schlecht, als Kurt Werner seinen Plan verteidigte, die Rasenfläche nebst Blumenbeeten vor dem Konzilgebäude abzuräumen und stattdessen einen Platz „aus festgewalztem Sand-, Kalk- und Kiesgemisch” anzulegen.
Wie denn dieses Platz-Ungetüm (s. Planungsskizze), das bei nassem Wetter schlammig-schmutzig und bei Trockenheit staubig werden würde, genutzt werden solle, wollten die Stadtführer wissen. Werners Antwort: Für die Zeit des Konzilsjubiläums habe Frau Bader von der „Konzilstadt Konstanz GmbH” dazu Anregungen gemacht, z. B. als Werftplatz für den Bau einer Lädine. Auf die weitere Frage nach der Nutzung in den Jahren danach gibt es nach BM Werner keine konkreten Pläne.
Eine Lädine für die Nachwelt
Schon im Januar geißelte seemoz diese spinnerte Idee und schrieb: „Seit über einem Jahr ist im Gespräch, eine Lädine detailgetreu im Konstanzer Hafen nachbauen zu lassen. Lädinen segelten seit dem 15.Jahrhundert über den See und waren jahrhundertelang die wichtigsten Fortbewegungs- und Transportmittel der damaligen Zeit. Norbert Henneberger, Chef der Konstanzer Touristikabteilung, hat die Idee eines Nachbaus eingebracht. Dafür, so Henneberger im Frühjahr 2011, würden Kosten von etwa 300 000 Euro anfallen. Eine „Schauwerft“ für die Dauer von zwei Jahren soll errichtet werden, und nach Fertigstellung will man die Lädine als besondere Touristen-Attraktion in den Schifffahrtsbetrieb einbinden.
Mehrmals schon wurde Henneberger aufgefordert, sich mit den Betreibern der bereits existierenden Lädine „St. Jodok“ in Immenstaad in Verbindung zu setzen, um den mittelalterlichen Lastensegler für die Dauer des Konziljubiläums anzumieten. (seemoz berichtete). Doch nichts passierte. Bis heute hat sich niemand aus Konstanz in Immenstaad gemeldet. Dort ist man verwundert über die Konstanzer Ignoranz, denn man würde sehr gerne mit der Konzilstadt kooperieren. Bezüglich des finanziellen Aufwands für den Lädinen-Nachbau können die Immenstaader nur warnen: „Unter mindestens 800 000 Euro ist ein detailgetreuer Bau überhaupt nicht möglich.““
Zu befürchten ist jetzt, dass dieses kostenträchtige Mittelalter-Spektakel nicht nur weitere Unsummen verschlingt, sondern dass ihm auch noch die Liegeweise geopfert wird – der Rasen, für dessen Erhalt sich die Stadtführer einhellig aussprachen. Einer der Stadtführer wettete mit dem Baubürgermeister sogar, „dass in wenigen Jahren der Platz als staubige Öde apostrophiert werden wird.“
Noch mehr Kritik der Stadtführer
Zwar halten auch die Touristen-Guides den Platz für renovierungsbedürftig, „aber doch bitte nicht so“, war ihr einhelliges Votum. Kritisiert wurde neben der „Ungestaltung“ der Liegewiese auch, dass die neu zu pflanzende Platanendoppelreihe die Warteplätze für Schiffspassagiere einengen würde, dass lose Sitzmöbel nun wirklich für einen öffentlichen Platz am Wasser nicht geeignet seien, dass beidseitig geplante Sitzstufen zur Marktstätten-Unterführung unrealistisch seien und dass Bodenstrahler auf einem so frequentierten Gelände unangemessen seien.
Zum Schluss der Besprechung, so berichten Teilnehmer, habe man sich in Ironie geflüchtet: Sollte der umgestaltete Platz denn wirklich so realisiert, von der Bevölkerung aber nicht angenommen werden, könnte ja ohne großen Arbeits- und Kostenaufwand die Rasenfläche wieder hergestellt werden. Oder mit einem anderen Belag versehen werden, „aber bitte nicht so wie auf dem Münsterplatz“. Spätestens da soll dem Baubürgermeister das Lachen vergangen sein; für die geplante Ortsbesichtigung am Konzil hatte er dann auch keine Zeit.
Autor: hpk
Weitere Links:
Konziljubiläum: Vage Aussichten und viel Ernüchterung
In Schwachsinn ersticken
Es entzieht sich meiner Kenntnis, wie weit Konstanz der Pflicht nachkommen kann, Kitaplätze zur Verfügung zu stellen. Diese 1,3 Millionen € wären an der Stelle jedoch wohl hochwillkommen.
Besser verwendet jedenfalls, als in dem diskutierten Schwachsinn zu ersticken. Erstaunlich, wer sich alles dazu berufen fühlt, ein Denkmal von sich zu hinterlassen – und sei es noch so idiotisch.
Werte Frau Bader,
bleiben Sie doch bitte realistisch. Seit Anfang 2011 habe ich mehrmals in den Ausschüssen und auch im Gesamtgemeinderat immer wieder darauf hingewiesen, dass der Nachbau einer Lädine in Konstanz ein aufgeblähtes Hirngespinst ist. Und ständig habe ich Sie und Herrn Henneberger aufgefordert, doch endlich Kontakt mit den Betreibern der Immenstaader Lädine aufzunehmen. Das hat Sie bis vor kurzem nicht die Bohne interessiert. Und den Gemeinderat ebenso wenig. Da wird Ihnen bei jeder Sitzung eifrig gedankt, aber keiner fragt nach, ob die jahrelangen Feierlichkeiten nicht völlig überzogen daher kommen und keiner fragt nach, wer das alles finanzieren soll.Wir haben in der Tat andere Probleme in unserer Stadt.
Erst nach einer Einladung von Herrn Henneberger vor wenigen Wochen – vier Interessierte (!)kamen, um Informationen über den Mittelaltermarkt zu erhalten und dabei auch die Lädine zur Sprache kam – hat sich Herr Henneberger mit Immenstaad in Verbindung gesetzt. Dass Sie jetzt so tun, als sei diese späte Erkenntnis auf Ihrem Mist gewachsen, ist so gesehen ziemlich mutig.
Dennoch wollen Sie an dem Nachbau in Konstanz fest halten. Mit im Boot haben Sie ja nun Bürgermeister Werner, der das Konzilareal zupflastern will (für schlappe 1,3 Millionen Euro) und dann – welch ein Zufall ! – soll auf dem neuen Platz die Werft für Ihre Lädine entstehen.Richtig, für diese Werft braucht es einen festen Untergrund, also muss der Rasen weg. Passt doch. Ich hoffe, dass diese Pläne von den BürgerInnen abgelehnt werden und fordere eine Bürgeranhörung. Man stelle sich nur mal vor, der Platz vor dem Konzil wird tatsächlich platt gemacht. Dann wäre er über die ganze Sommersaison 2013 eine einzige Baustelle. Das nenne ich in Kooperation mit dem Baubürgermeister eine fahrlässige Fehlplanung zu Lasten der Bürgerschaft. Werfen Sie endlich (nicht nur) Ihre Lädinenpläne aus dem Programm, sonst droht Ihren Feierlichkeiten ein sich jetzt schon deutlich abzeichnendes Desaster.
Mit freundlichen Grüßen
Holger Reile
Jetzt kommen wir der Sache schon näher:
1. Eine Lädine, die niemals schwimmen wird, weil die Sicherheit der Passagiere nicht gewährleistet werden kann (siehe Ruth Bader), ist nur eine billige Attrappe. Dafür überhaupt Geld auszugeben ist Wahnsinn. Ausserdem kann sich jeder, der möchte, den Rumpf eines aus dem See geborgenen original mittelalterlichen Lastenseglers von 20 Metern Länge im Archäologischen Landesmuseum in Konstanz anschauen und wenn er denn unbedingt mit einer Lädine fahren möchte, die Immenstaader haben einen funktionsfähigen Kahn. Warum das Rad zweimal erfinden?
2. Weil sie aber nicht zu Wasser gelassen werden kann, (sie ist ja nach Aussage von Ruth Bader nicht sicher!), kann die Lädine überall zusammengebaut werden. Dafür darf nicht das schönste Seegrundstück von Konstanz platt gemacht werden. Wenn denn unbedingt Geld verbrannt werden muss, dann bastelt die Lädine, wo ihr wollt, aber nicht am Konzilsvorplatz!
3. >> Einer der Stadtführer wettete mit dem Baubürgermeister sogar, „dass in wenigen Jahren der Platz als staubige Öde apostrophiert werden wird.“<<
Für diese Vorhersage braucht man kein Wettglück. Wassergebundene Decken sind für Wege in Parks oder Friedhöfen bzw. Fahrradwege geeignet – nicht für einen Platz diesen Ausmaßes. Bei wochenlanger Hitze trocknet der Belag aus, dann genügen zur Staubentwicklung schon leichte Winde. Bei Starkregen kann die oberste Schicht aufgeweicht werden. Sie wird in die Abflussrohe der Gullys gespült, die daraufhin verstopfen. Außerdem gedeiht auf diesen Plätzen Unkraut hervorragend… kommt dann die chemische Keule oder nimmt Bürgermeister Werner die Harke selbst in die Hand?
Aha, liebe Frau Bader, Sie wollen eine nicht schwimmfähige Lädine bauen lassen – das ohnehin schon waghalsige Projekt gewinnt immer witzigere Züge. Was mich (und wohl auch die Leser) aber wirklich interessieren würde: Soll für die Lädine-Lektion denn nun die Liegewiese geopfert werden? Dazu sagen Sie in Ihrem Kommentar leider nichts. Das wäre doch mal eine Information aus Ihrem Büro…
Zitat: „Deshalb sind die Kosten auch bei weitem nicht so hoch wie beim Bau der Lädine auf der anderen Seeseite.“
Hallo Frau Bader,
bitte für die Steuerzahler bisschen mehr Transparenz. Wie teuer soll dann Konstanzer-Lädine werden?
Sehr geehrter Herr Koch,
leider stimmen Ihre Informationen nicht, selbstverständlich gibt es Kontakte zwischen Immenstaad und Konstanz. Wir stehen im Austausch mit der Tourist-Information Immenstaad für eine Kooperation und klären derzeit auf unserer Seite, wo Anlegen und Zusteigen für die Immenstaader Lädine in Konstanz möglich ist.
Grundsätzlich ist die Lädine aus Immenstaad kein Ersatz für das von der Tourist Information für das Konziljubiläum entwickelte Konzept. In Konstanz geht es um den Bau eines spätmittelalterlichen Lastenkahns mit originalen Handwerksmethoden, um Leben und Handel zu Konzilszeiten anschaulich und erlebbar für jedermann zu machen. Familien, Gäste, Einheimische, Schiffsbegeisterte und Holzkundige können die Bauentwicklung beobachten und, wenn sie wollen, unter fachkundiger Anleitung selbst Hand an legen. Es geht nicht darum, eine weitere Lädine zu bauen, die wie das Immenstaader Modell Fahrgäste gegen Entgeld befördert – denn dann müsste man zu Gunsten der Sicherheit der Passagiere auf das spätmittelalterliche Bauhandwerk verzichten. Deshalb sind die Kosten auch bei weitem nicht so hoch wie beim Bau der Lädine auf der anderen Seeseite.
Mit freundlichen Grüßen
Ruth Bader
Geschäftsführerin Konzilstadt Konstanz
80 Prozent der Konstanzer/Innen denken bei Lädine vermutlich an Latrine und sind hellauf begeistert. Kein Wunder: In Konstanz gibt es viel zu wenige öffentliche Toiletten.