Sonntagsöffnung durch die Hintertür?
Von der Öffentlichkeit gänzlich unbemerkt, hat die Stadt Konstanz die Bestimmungen zu Ladenöffnungszeiten im Einzelhandel aufgeweicht. So dürfen manche Geschäfte an 40 Sonn- und Feiertagen in der Sommerzeit zusätzlich öffnen. Möglich macht das eine Satzungsänderung der Stadt Konstanz, die seit 2009 gilt. Auch IHK und Gewerkschaft sind völlig überrascht.
Nach seemoz-Recherchen hat neben einigen Ausrüstungsgeschäften für Segler im Konstanzer Hafen und ausgesuchten Geschäften in Bahnhofsnähe, die bereits seit Jahren die Sonntagsöffnung praktizieren, bislang nur die Buchhandlung Osiander in der Kanzleistraße die Liberalisierung der sonntäglichen Öffnungszeiten genutzt. Bloß ein Teil des Erdgeschosses ist geöffnet und nur Reiselektüre darf verkauft werden. Doch nach Aussage von Filialleiterin Sieben lohnt sich das Geschäft Sonntag für Sonntag.
Zwischen dem 15.3. und 31.10. dürfen laut Satzungsänderung an 40 Sonn- und Feiertagen die Geschäfte in Konstanz zwischen 9 und 18 Uhr geöffnet haben, wenn sie denn „Tourismus relevante“ Waren anbieten. Möglich geworden ist diese Modifizierung des Ladenöffnungsgesetzes dadurch, dass sich Konstanz per Satzung zum „anerkannten Kur-, Ausflugs und Erholungsort“ erklärt hat, so die zuständige Sachbearbeiterin Bettina Parschat im Konstanzer Bürgeramt.
Doch weder die Gewerkschaft noch die Industrie- und Handelskammer (IHK) waren von dieser Aufweichung der sonntäglichen Ladenöffnungszeiten informiert. Bertram Paganini, Einzelhandles-Refernt der IHK, begrüßt natürlich diese „Liberalisierung“, wundert sich aber dennoch, wieso die IHK „nicht mit ins Boot gezogen“ wurde. Aber immerhin müsse die Stadt für ihre jährlich sechs Millionen Besucher verstärkt etwas tun, so Paganini. Auch im Konstanzer Gewerkschaftshaus ist man über diese „ärgerlichen Neuerungen“ nicht informiert.
Ahnungslos offensichtlich auch der Gemeinderat. Heftig wird dort Jahr für Jahr um die Bestimmungen für die vier genehmigten verkaufsoffenen Sonntage gestritten – doch von dieser Satzungsänderung war im Stadtparlament zumindest öffentlich nie die Rede. Doch über diese Sonntagsöffnung im Einzelhandel durch die Hintertür sollten sich die Parlamentarier schnellstens abstimmen.
AutorIn: hpk