Sozialer Wohnungsbau: Fehler der Vergangenheit werden heute sichtbar und jetzt teuer bezahlt

„Baden-Württemberg hat viele Jahre kaum etwas für den sozialen Wohnungsbau getan“, meint der Vorsitzende des Mieterbundes, Herbert Weber. „Es ist daher zwangsläufig, dass in den nächsten zehn Jahren die Zahl der preisgebundenen Wohnungen für Menschen mit weniger Geld auch in Konstanz zurückgehen wird,“ kommentiert der Mieterbund die Ergebnisse einer parlamentarischen Initiative der grünen Landtagsabgeordneten Nese Erikli.

Anfang der 1990er Jahre habe die Landesregierung noch in großem Stil den Neubau preisgünstiger Wohnungen gefördert. Davon hatte die Stadt Konstanz stark profitiert, weil die WOBAK für viele Bauvorhaben Landeszuschüsse einwerben konnte, berichtet Weber, der stellvertretender Aufsichtsratsvorsitzender des kommunalen Unternehmens ist. Etwa um das Jahr 2000 habe die damalige schwarz-gelbe Landesregierung den Schwerpunkt ihrer Wohnungspolitik fast ausschließlich auf die Eigentumsförderung gelegt: Geld für Mietwohnungen gab es kaum noch. „Diese Fehler rächen sich nun,“ beklagt Weber, „und die Mieter in Konstanz bezahlen sie heute teuer.“

Mieten blieben nur dann für die Mehrheit der Bürger bezahlbar, wenn es einen ausreichend großen, preisgünstigen Wohnungsbestand gebe. Daher komme es darauf an, wie die Wohnungsbaugesellschaften nach Ablauf der Bindungsfristen für die Sozialwohnungen vorgehen. Für die WOBAK gibt es Lob vom Mieterbund, denn die städtische Gesellschaft verlange spürbar niedrigere Mieten als rechtlich zulässig wäre. „Gemeinderäte sind dafür verantwortlich, dass kommunale Wohnungsbauunternehmen sozial handeln. Ein Vergleich in Baden-Württemberg zeigt: Das ist keineswegs selbstverständlich,“ blickt Weber kritisch auf andere Städte wie Freiburg. Andere Städte in der Region wie Singen und Radolfzell haben gar keine sozial verpflichtete Wohnungsbaugesellschaft mehr. „Wer baut dort Sozialwohnungen?“ fragt der Mieterbund.

2018 habe die grün-schwarze Landesregierung 250 Millionen Euro zur Förderung des sozialen Mietwohnungsbaus vorgesehen. „Das ist zu wenig“, sagt dazu Winfried Kropp vom Mieterbund. Denn das Fördervolumen reiche nicht aus, um Ersatz für die Sozialwohnungen zu schaffen, deren Bindung in den nächsten Jahren auslaufe. „Unsere Minimalforderung ist daher, dass das Land für jeden Euro, den es aus Berlin erhält, einen Euro aus Landesmitteln dazugibt.“ Damit die Zuschüsse auch abgerufen werden, müsse die Wohnraumförderung des Landes flexibler und praxisnäher werden. Andernfalls sei die Stadt Konstanz schon bald überfordert, die im Handlungsprogramm Wohnen vorgesehenen Sozialwohnungen zu realisieren.

Eine effektive baurechtliche Maßnahme sei auch ohne höhere Zuschüsse zu haben. So müsse die Landesregierung für effektivere Genehmigungsverfahren sorgen. Derzeit dauere es mehrere Monate, bis das Regierungspräsidium über Widersprüche gegen Baugenehmigungen entscheide. Dies verzögere auch den Bau von Sozialwohnungen, berichtet der Mieterbund.

MM