Spätsommerliches Stadtgeraune

seemoz-Stadtgeflüster-170x170Sind die Konstanzer Bürgermeister wirklich kulturferne und ignorante Schnarchnasen, wie noch vor kurzem im „Trojaner“ behauptet wurde? Die Begründung steht noch aus und wird sehnlichst erwartet. Braucht’s den Flugplatz noch? Ja, sagen zwei Professoren und benennen die Gründe. Was ist beim „Qlt“ los? Der „Setzer“ ist weg und das Blatt schwächelt gar arg. Dazu: Wem der Sinn nach religiösen Wahnvorstellungen steht, wird bei Edeka bestens bedient. Und: Neues aus Egg, Konstanz wacht auf und zeigt sein großes Herz.

Der Theaterdonner zu Konstanz hatte Sommerpause, aber gegessen ist die Sache noch lange nicht. Ende Juli war in der Theaterzeitung „Trojaner“ ein Beitrag zu lesen, in dem ein gewisser Autor namens Michael Menz vor allem den drei Bürgermeistern etwas grob an die Wäsche ging. Denen gefiel vor allem dieser Satz rein gar nicht: „Alle drei gewählten Bürgermeister fallen dadurch auf, dass sie wenig Profil bilden, dass sie ausschließlich eine Form der Repräsentationskultur bedienen. Kritik am Handeln der Verwaltung gilt als Majestätsbeleidigung und wer ausschert aus dem Kreis der Konformisten, wird auf subtile Weise an anderen Vorhaben der Stadt nicht beteiligt“. Postwendend und, wie von ihm gewohnt, voreilig protestierte Bürgermeister Andreas Osner scharf und schickte eine Brandmail in die weite Welt hinaus, in der er sich gegen den Text verwehrte und Christoph Nix, dem presserechtlich Verantwortlichen der Zeitschrift, unsolidarisches Verhalten vorwarf. Schließlich sei Nix ja Angestellter der Stadt und somit zur Loyalität gegenüber seinem Arbeitgeber verpflichtet. Die Provinzposse rauschte bundesweit durch den Blätterwald, verglühte dann aber in schwüler Sommerlast. Osner forderte Nix auf, Stellung zu beziehen, der aber befindet sich in Urlaub und schlägt erst kommende Woche wieder in Konstanz auf. Durchaus möglich also, dass sich das kulturpolitische Bäuerchen noch zu einer veritablen Herbstgeschichte aufbläht.

Auch die Debatte um den Konstanzer Flugplatz versackte im Sommerloch. Nun haben sich die Uni-Professoren Martin Wikelski und Oliver Deussen in einem Offenen Brief an die StadträtInnen und auch an Oberbürgermeister Uli Burchardt gewandt. „Mit Beunruhigung“, so die Herren vom Gießberg, „verfolgen wir die Diskussion um die geplante Schließung des Flugplatzes“. Denn dieser spiele für den Forschungsstandort Konstanz eine bedeutende Rolle. Gerade habe die Universität einen Forschungsneubau „im Umfang von ca. 30 Millionen Euro im Zusammenhang mit einer Forschungsinitiative zur Verhaltensanalyse von Tierschwärmen“ beantragt. Im Zusammenhang damit, so Deussen und Wikelski, „wird der Flugplatz als Standort unter anderem für Vogelbeobachtungsflüge benötigt, sowie für physikalische Messungen der Ausbreitungseigenschaften neuentwickelter Satellitensender im ICARUS Projekt“. Ihr gemeinsamer und innigster Wunsch: „Dies ist für uns von großer Bedeutung und wir möchten daher dringend an Sie appellieren, den Flugplatz nicht ohne Notwendigkeit zu schließen“. Durchaus zu Recht fragen die Wissenschaftler: „Ist es wirklich so, dass ohne den Flugplatz definitiv nicht genügend Gewerbestandorte existieren“. Zumindest diese Antwort sollte der Verwaltung nicht schwer fallen, denn in Konstanz sind jetzt schon rund 30 000 Quadratmeter Gewerbefläche ungenutzt.

Das altehrwürdige Magazin Qlt schwächelt und röchelt lautstark vor sich hin. Nach dem Abgang von Chefredakteurin Dani Behnke, sie erledigt nun die Pressearbeit beim Stadttheater, kommt das Qlt anscheinend auf dem Zahnfleisch daher. Die aktuelle Ausgabe ist so mager, dass sich die Druckkosten kaum lohnen. Und: Wer sich die vergangenen Jahre im Kleinanzeigenteil, und da vor allem beim Gesäusel einsamer Herzen, wenigstens über die bissigen „Setzer“-Kommentare amüsieren durfte, wird auch diesen vermissen, denn die beliebte Schwertgosch’ hat ihren Dienst quittiert. Außerdem findet Qlt derzeit auch Online nicht mehr statt. Thomas Ruh, bislang verantwortlich für den Online-Bereich, hat dem Vernehmen nach ebenfalls das Weite gesucht. Was dazu führte, dass die Qlt-Facebook-Seite seit Ende Juli keine Beiträge mehr vorweisen kann. Es hat sich offensichtlich ausgeliked. Wir wünschen dennoch gute Besserung. Vielleicht hilft’s ja. Tipp für Gewerbetreibende, quasi als vorgezogene Leichenfledderei: Wer für moderate Preise nach einer neuen Präsentationsmöglichkeit für seine Produkte sucht, ist bei seemoz gut aufgehoben. Näheres erfährt man auf unserer Startseite rechts oben unter der Rubrik „Inserieren“. Einsteigern sei hiermit schon ein Vorzugspreis zugesichert.

Sträflicherweise hat der Konstanzer Gemeinderat vor Jahren mit großer Mehrheit beschlossen, für das Konziljubiläum mehrere Millionen Euro aus dem Fenster kippen zu lassen. Die Programmgestalter der endlosen und völlig überschätzten Dauerveranstaltung, die sich noch bis 2018 hinzieht, nutzen das auch weidlich aus. Ihr neuester Coup ohne Sinn und Verstand: Der Gebetomat. Seit vergangenen Montag steht eine Art Passbildkabine beim E-Center Baur in der Reichenaustraße. In dem Kasten kann man sich insgesamt 320 Gebete in 65 Sprachen anhören. Das sei, so eine Pressemitteilung, „Gelegenheit zur inneren Einkehr“ und böte zudem die Chance, sich „Einblicke in fremde Religionen zu verschaffen“. Was die Konstanzer indes verschweigen: Andernorts hat das als Kunst gepriesene Projekt eher für negative Schlagzeilen gesorgt. In Wuppertal meldeten sich nach der religiösen Marathonberieselung 18 Personen in Richtung ISIS ab, in Köln hatte anschließend das rechtskatholische „Opus Dei“ (Das Werk Gottes) unverhofften Zulauf und in Berlin sorgte der Gebetomat dafür, dass sich innerhalb von nur einer Woche 25 Religioten auf dem Alexanderplatz öffentlich an ein Kreuz nageln ließen. Weiterhin und verstärkt gilt: Zuviel Religion war schon immer ungesund.

Das Letzte: Seit unserem gestrigen Bericht über die wahren Verhältnisse in Egg schwappt eine ungeheure Anteilnahme durch Konstanz. Drei Schulen in der Kernstadt haben sich bereit erklärt, für die in Egg verbliebenen Kinder Alphabetisierungskurse einzurichten. Bei der Caritas sind Kleiderspenden für die kommenden harten Wintermonate eingegangen. Die Stadtwerke haben spontan zugesagt, ab sofort alle drei Tage einen Bus in die Senke der Vergessenen zu schicken. Danke, Konstanz!

H. Reile