SPD entdeckt die Probleme der Flüchtlinge
Der Kommunalwahlkampf kommt, und die SPD im Kreis Konstanz will thematisch nicht ins Hintertreffen kommen. Deshalb springt man schnell noch auf den Zug auf, den andere längst befeuert haben: Nach mehreren Demonstrationen in der Stadt, im Gemeinderat und vor der Asylanten-Unterkunft in der Steinstraße, initiiert vom Aktionsbündnis Abschiebestopp und parlamentarisch von der LLK begleitet, entdeckt die SPD die Probleme der Flüchtlinge
In einer flott gezimmerten Pressemitteilung (PM) nimmt der scheidende SPD-Pressersprecher Winfried Kropp die LLK-Argumentation auf und verkauft sie unversehens als eigene Forderung. Immerhin dürften die Flüchtlinge in Konstanz und ihre Sympathisanten froh über weitere Unterstützung sein. Und über das Copyright wird in Wahlkampfzeiten, die für die SPD offensichtlich schon begonnen haben, ohnehin nicht nachgedacht. Aber urteilen Sie selbst – die SPD-PM im Wortlaut:
SPD: „Bargeld statt Sachleistungen“
Die SPD im Kreis Konstanz fordert das Landratsamt auf, die Hilfe an Flüchtlinge in bar auszuzahlen. Das bisher praktizierte System der Gutscheine sei diskriminierend und wegen des hohen Verwaltungsaufwands zu teuer, erklärten der SPD-Kreisvorsitzende Peter Friedrich und der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Kreistagsfraktion Tobias Volz.
Die Landesregierung habe eine Reform des Flüchtlingsaufnahmegesetzes auf den Weg gebracht, berichtet Peter Friedrich. Darin werden die Landkreise ermächtigt, die Flüchtlingshilfe von Sach- auf Geldleistungen umzustellen. Derzeit berate der Landtag über das Gesetz, doch die Regierung begrüße im Vorgriff auf die künftige Regelung, wenn die Kreise so schnell wie möglich ihre Verwaltungspraxis ändern. „Flüchtlinge haben ein Recht auf ein selbstbestimmtes Leben,“ sagte Tobias Volz. Dazu gehöre die „freie Entscheidung, welche Lebensmittel ich wo kaufe.“
Wer beschäftigungslos in Lagern nur Sachleistungen beziehen dürfe, werde unselbständig. Das könne nicht im Interesse der Gesellschaft liegen. Mit einer Verabschiedung des erneuerten Flüchlingsaufnahmegesetzes wird noch in diesem Jahr gerechnet. Neben der Abkehr von Sachleistungen, soll auch die durchschnittliche Wohnfläche in den Flüchlingsquartieren ansteigen. Die Landkreise, die für die Unterbringung von Asylbewerbern zuständig sind, erhalten eine höhere Kostenerstattung vom Land.
Autor: PM/hpk
Lieber HPK,
auch mir scheint der umstrittene Begriff aus dem Wörterbuch des Unmenschen zu stammen.
Klar ist aber, wer ihn in Vergangenheit und Gegenwart benutzt(e): Die Rechten, die übrigen Xenophoben, und, hoffentlich zum letzten Mal, Seemoz.
Flüchtlinge? Asylanten? Asylsuchende?
Am einfachsten und klarsten ist doch: FLÜCHTLINGE.
Menschen, die geflohen sind.
Das versteht jeder, während „Asylsuchende“/“Asylbewerber“ Bürokratendeutsch ist, um diese von anerkannten Flüchtlingen zu unterscheiden: nicht jeder, der in ein anderes Land kommt, hat für sein Kommen gesetzlich oder völkerrechtlich anerkannte Gründe. So gilt etwa Hunger und Durst nicht einmal nach der Genfer Flüchtlingskonvention als zureichender Asylgrund.
ASYLANT:
Als Fremdwort eh‘ ein wenig unscharf, aber durch den überwiegend abwertenden Gebrauch in Verruf geraten, z.B. „Asylantenflut“, während wohl kaum jemand schreiben würde: „Flüchtlingsflut“.
Der Duden merkt zum Stichwort „Asylant“ an: „wird gelegentlich als abwertend empfunden“.
Als Sprachliebhaber bevorzuge ich „Flüchtling“, aber wer sich darum kümmert, dass Menschen ein menschenwürdiges Leben führen können, der kann sagen, was er will. Das Kümmern ist wesentlich wichtiger als genaue oder politisch korrekte Sprache.
@HPK:
Dass vor dem Naziterror Geflohene sich als „Asylanten“ bezeichneten,
ist für den heutigen Sprachgebrauch nur mässig relevant. Wortbedeutungen und deren Konnotationen („Mitbedeutung“: das, was beim Hören eines Wortes mitschwingt) ändern sich eben mit der Zeit. Im Reisepass von Anna Seghers stand zum Beispiel noch: „Der Inhaber dieses Passes ist Deutscher.“
Diese Antwort, liebe Anke (und vor allem der link) können nicht befriedigen. Nicht erst 1970, sondern schon in den 30iger Jahren ist der Begriff von Anna Seghers sogar in die Weltliteratur eingeführt worden, als tausende deutsche Flüchtlinge vor dem Nazi-Terror flohen…
Der Begriff „Asylant“ wurde und wird meist von rechtsgerichteten, ausländerfeindlichen Kräften verwendet. Eine gute Darstellung der Begriffsgeschichte und semantischen Bedeutung findet sich im Glossar der Züricher Stiftung gegen Rassismus und Antisemitismus (GRA), siehe hier:
http://www.gra.ch/lang-de/gra-glossar/121
Erbitte Aufklärung: Was ist am Begriff „Asylant“ fragwürdig? Zumal Sprachpedanten sogar am „Flüchtling“ etwas auszusetzen haben. Also her mit den Argumenten – ich will nur lernen
„Asylant“ ist ein ziemlich negativer und äußerst fragwürdiger Begriff. Könnte das vielleicht durch „Asylsuchende“ oder „Flüchtlinge“ ersetzt werden?
Ich kann übrigens nichts Negatives daran erkennen, dass die SPD hier „auf den Zug aufspringt“. Schließlich ist die Übernahme von Forderungen nun mal ein Kernbestandteil von Politik und wenn die eigenen Forderungen übernommen werden ist dies doch eine gute Sache. Außerdem ist es ja auch nicht so, dass die LLK diesen Protest angestoßen oder efunden hätte. Das waren nämlich die Flüchtlinge und deren Unterstützer.
Lieber Hans-Peter Koch,
vielen dank für die bissigen Anmerkungen. Ohne diese wäre mir in der Tat gar nicht aufgefallen, dass die Linke als Teil der Landesregierung die Reform des Flüchtlingaufnahmegesetzes durchgesetzt hat. Hoffentlich habt Ihr Euch schon eine gute anwaltliche Vertretung für diesen Urheberrechtsstreit organisiert.