Sprungbrett auf der Uni-Karriereleiter
Die erste Generation deutscher Juniorprofessoren ist in der Lebenszeitprofessur angelangt – was vor zehn Jahren noch als Notlösung galt, ist zum Erfolgsmodell geworden: Die ersten Juniorprofessoren aus Konstanz berichten von ihrem Karrieresprung zur ordentlichen Professur in Zürich oder Konstanz. Mitverantwortlich dafür ist das aus den USA übernommene Tenure-Track-Konzept, das besonders an der hiesigen Universität als Karrieremodell genutzt wird.
Als eine der ersten deutschen Hochschulen hatte die Universität Konstanz im Jahr 2002 Juniorprofessuren eingerichtet. Inzwischen hat eine erste Generation an Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern das junge Karrieremodell erfolgreich durchlaufen und darauf aufbauend eine Lebenszeitprofessur erlangt. Rückblickend schildern die Konstanzer Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler die Juniorprofessur als ein Karrieremodell, das frühe wissenschaftliche Selbstständigkeit erlaubt und dessen Etablierung im deutschen Wissenschaftsraum insbesondere an die Anbindung von Tenure Track-Stellen gekoppelt ist – das heißt, der fest verankerten Option, die Juniorprofessur in eine Lebenszeitprofessur überzuführen. Damit bekräftigen sie ein Hochschulkonzept, das von der Universität Konstanz in ihrem Zukunftskonzept verfolgt wird: Im Rahmen der Exzellenzinitiative des Bundes und der Länder plant die Universität Konstanz, 50 Prozent ihrer Juniorprofessuren bis zum Jahr 2017 mit Tenure Track auszustatten.
Die Juniorprofessur ist ein alternatives Modell zur klassischen deutschen Hochschulkarriere im akademischen Nachwuchsbereich, die noch mit einer Habilitationsphase verbunden ist – üblicherweise im Dienstverhältnis eines Akademischen Rats oder im Angestelltenverhältnis eines Wissenschaftlichen Mitarbeiters. Anstelle dessen erlaubt die Juniorprofessur herausragenden jungen Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern, ohne Habilitation eine unabhängige Forschung und Lehre wahrzunehmen und sich auf diesem Wege für die Berufung auf eine Lebenszeitprofessur zu qualifizieren.
„Leistungen werden nicht verschleiert, sondern belohnt“
Frühe Selbstständigkeit und ein hoher Grad an Sichtbarkeit aller eigenen Projekte in Forschung und Lehre ist somit ein Hauptvorteil der Juniorprofessur: „Ein Juniorprofessor kann sehr früh selbstständig arbeiten und eigene Forschungsgruppen aufbauen. Leistungen werden nicht verschleiert, sondern belohnt“, erklärt Prof. Dr. Sven Reichardt, der bis 2011 die Konstanzer Juniorprofessur für Deutsche Zeitgeschichte innehatte und inzwischen auf die Professur für Zeitgeschichte an der Universität Konstanz berufen wurde.
Die Politikwissenschaftlerin Prof. Dr. Silja Häusermann sieht vor allem im Professorenstatus, den die Juniorprofessur bereits in der akademischen Nachwuchsphase verleiht, eine entscheidende Stärke des Modells: „Im Umgang der Wissenschaftler mit den Kollegen habe ich keinen Unterschied zwischen den verschiedenen Professuren erlebt. Ich wurde als Juniorprofessorin als gleichwertiges Mitglied akzeptiert. Dies hat einen positiven Einfluss auf die Selbstwahrnehmung, aber auch auf die Außenwahrnehmung: Man gewinnt an Sichtbarkeit.“ Silja Häusermann schätzt ihre Juniorprofessur an der Universität Konstanz als „enormes Sprungbrett“ für ihre heutige Ordentliche Professur für Schweizer Politik und vergleichende politische Ökonomie an der Universität Zürich ein. „Der Status als Juniorprofessor hat Gewicht, weil er als Sprungbrett gilt. Der nächste logische Schritt ist die Lebenszeitprofessur“, skizziert Häusermann.
Der Politikwissenschaftler Prof. Dr. Peter Selb wurde nach seiner Juniorprofessur an der Universität Konstanz auf die Konstanzer Professur für Umfrageforschung berufen. Eine Stärke der Juniorprofessur sieht er in der größeren Bewegungsfreiheit für junge Wissenschaftler in ihrer Forschung und Lehre: Eine Juniorprofessur ist – im Gegensatz zu den klassischen Habilitationsstellen – mit einem eigenen Budget ausgestattet und räumt auch Vorteile beim Einwerben von Drittmitteln für Forschungsprojekte ein.
Keine „Warteschleife“ mehr für Nachwuchswissenschaftler
Wie auch Sven Reichardt und Silja Häusermann betrachtet Peter Selb die Ausstattung der Juniorprofessuren mit Tenure Track-Optionen als wichtige Voraussetzung, damit sich das dynamische Modell im deutschen Wissenschaftsraum auf breiter Ebene durchsetzen kann. Transparente, stringente Kriterien für eine Übernahme in die Lebenszeitprofessur – oder für eine Ablehnung – seien erforderlich, um das amerikanische Karrieremodell der Tenure Track-Juniorprofessur auch in Deutschland zu etablieren, betont Sven Reichardt. Dann jedoch böte die Juniorprofessur gegenüber der klassischen deutschen Hochschulkarriere den Vorteil, keine „Warteschleife“ für einen Nachwuchswissenschaftler zu setzen, sondern einen nahtlosen Übergang in die volle Professur zu bieten.
Das wissenschaftliche Karrieremodell der Juniorprofessur mit Tenure Track ist ein Leitmotiv der Universität Konstanz. Die Universität unterstützt das junge Karrieremodell nachhaltig und baut ihre Juniorprofessuren verstärkt mit Tenure Track-Optionen aus. Für die Finanzierung der Konstanzer Tenure Track-Professuren in der Naturwissenschaftlichen Sektion der Universität Konstanz wird unter anderem der „Hector Personalfonds der Universität Konstanz“ genutzt, der im Jahr 2011 von der Weinheimer Hector Stiftung II geschaffen worden ist.
Autor:PM/hpk