Stadtgeflüster: Aussichten für 2012 können besser nicht sein

Man habe, so OB Horst Frank im Rückblick auf 2011, „Politik mit Augenmaß“ betrieben. Angesichts diverser Baustellen (Müller-Esch, vhs), die viel Geld kosteten und das Image der Stadt Konstanz nachhaltig beschädigten, ist diese Aussage doch recht mutig. Sie klingt wie ganz lautes Pfeifen in einem arg dunklen Forst. Der noch schattiger wird, wenn Takeda in Bälde den Standort Konstanz skelettiert. Doch spätestens ab 2014 trifft sich ja die Welt in Konstanz und dann brechen güldene Zeiten an.

Bis es soweit ist, ziehen noch einige Tage ins Land. Die will man nutzen, denn bald werden die Gemeinderatssitzungen per Livestream im Internet übertragen. Damit das nicht in die Hose geht, könnten die GemeinderätInnen Ende Januar auf ein Casting geladen werden. Geplant ist ein gemeinsames Wochenende im Kloster Ittingen. Da war man schon mal, um in idyllischer Einöde Fragen zum Haushalt zu erörtern. Brachte aber auch nichts. Als Casting-Experte ist Stadtmarketing-Chef Hilmar „Wilma“ Wörnle vorgesehen. In Arbeitsgruppen will er positive Außendarstellung einüben lassen. Ganz oben auf Wörnles Prioritätenliste: Wie quatsche ich charmant mit allerlei Wortbrei den politischen Gegner aus dem Hocker? Wann darf ich zwischendurch internetwirksam gähnen? Welche Krawatte passt zu welchem Antrag? Die Kosten für das Treffen sollen bei rund 10 000 Euro liegen. Wörnle will sich um die Finanzierung kümmern.

Zwar ist er schon im fernen Sindelfingen, aber ganz vergessen soll ihn seine Heimatstadt nicht. Also hat der ehemalige Stadtrat Klaus Frank verlauten lassen, dass ihn der Job des Konstanzer Oberbürgermeisters immer noch reize. Sein Problem: Der Kandidat ist völlig klamm. Wenn aber, so Frank, rund 30 000 Euro auf sein Spendenkonto eingingen, dann wolle er sich zum Wohle der Stadt dennoch um das Amt bewerben. Der Südkurier hat dieses überzeugende Angebot seinen LeserInnen mitgeteilt, und das Echo auf diese bahnbrechende Meldung war enorm. Mittlerweile sind 36,54 Euro auf Franks Konto eingegangen. Das ist doch ein Anfang.

Ab 2014, das hat sich längst herumgesprochen, wird Konstanz auf der europäischen Landkarte einen vorderen Platz einnehmen. Richtig, dann beginnen die Feierlichkeiten zum Konziljubiläum. Seit Monaten trommelt OB Frank dafür und wo er auch war, sagt er, sei er bei allen Gesprächspartnern auf völlige Begeisterung gestoßen. Auf die Stadt Konstanz kämen Kosten von etwa fünf Millionen Euro zu. Sagt er. Doch Konstanzer Kostenschätzungen, das zeigen leidvolle Erfahrungen, haben mit der Realität meist nur wenig gemein.

Wer für die Feiermillionen aufkommen wird, weiß kein Mensch, denn bis heute gibt es keinen ernstzunehmenden Finanzierungsplan. Das jedoch hindert die Verwaltung nicht daran, ziemlich großkotzig an teuren Projekten zu basteln. Beispielsweise am Nachbau einer Lädine. Diese Idee stammt von Norbert Henneberger, dem Chef der Tourist-Information. Mehrmals schon wurde er aufgefordert, sich mit den Betreibern einer bereits über den See schippernden Lädine in Immenstaad zwecks frühzeitiger Anmietung derselben in Verbindung zu setzen. Doch passiert ist nichts. Im Gegenteil: Der Nachbau dieses traditionellen Bodenseeschiffes steht auf der Tagesordnung der morgigen TUA-Sitzung.

Der öffentliche Druck auf die Mainau-Grafschaft nimmt erfreulicherweise täglich zu. Weit über hundert Personen haben den Offenen Brief unterschrieben, in dem die Bernadottes aufgefordert werden, mit einer Gedenktafel an die auf ihrer Insel verstorbenen und namentlich bekannten 33 KZ-Opfer zu gedenken (seemoz berichtete mehrmals). Unter den Unterzeichnern auch 15 StadträtInnen aus allen Fraktionen, außer der CDU. Berichtet über die Initiative haben mehrere Internetportale, aber auch große Tageszeitungen – Stuttgarter Zeitung, Schwäbische Zeitung, Neues Deutschland, Thurgauer Zeitung, Schaffhauser Nachrichten und der Züricher Tagesanzeiger.

Kurz vor Weihnachten ließ die gräfliche Familie verlauten, man habe die namhaften Historiker Tobias Engelsing, Jürgen Klöckler und Lothar Burchardt gebeten, bei der „Erarbeitung eines Gesamtkonzepts“ mitzuhelfen. Es gibt nicht wenige, die befürchten, die Mainauer wollen die Geschichte damit erneut auf die lange Bank schieben, wie sie das schon seit Jahren tun. Denn die Recherchen von Arnulf Moser („Die andere Mainau 1945“) reichen allemal aus, um die längst fällige, sichtbare Erinnerung endlich und ohne weitere Verzögerung in die Tat umzusetzen. Man kann sich des Gefühls nicht erwehren, das Historiker-Trio soll auch als Schutzschild gegen Kritiker herhalten, um Zeit zu gewinnen.

In Kürze: Die FGL hatte den Antrag gestellt, für den Club of Rome ein Büro in Konstanz zu suchen. Unverständlicherweise ist nun die Verwaltung seit Monaten dabei, eine passende Unterkunft zu finden. Und da es uns finanziell ja blendend geht, soll die Stadt die anfallende Jahresmiete (mindestens 10 000 Euro) aus dem Stadtsäckel begleichen. Vorschlag: Die FGL erleichtert ihr gut gefülltes Konto und übernimmt diese Kosten.

Vor Wochen war hier auf seemoz zu lesen, dass die Ermittlungen wegen des Überfalls auf die SPD-Landtagskandidatin Zahide Sarikas eingestellt wurden. Man vermutete einen rechtsradikalen Hintergrund, der sich allerdings nicht belegen ließ. Die Solidarität mit der Kandidatin war damals richtigerweise groß und beherrschte täglich die Schlagzeilen. Über die Einstellung des Verfahrens wurde aber der Mantel des Schweigens gedeckt. Warum wird darüber nicht berichtet?

Ahoi und Volldampf voraus. Die Katamarane, das können wir mindestens wöchentlich im Ortsblatt und anderen halbgaren Nachbetern lesen, haben 2011 so viele Passagiere über den See gebracht wie nie zuvor. Dass der Weiterbetrieb der Kähne jährlich immer noch ein Defizit von mehreren hunderttausend Euro verzeichnet, ist den Jubelkonstanzern völlig aus dem Gesichtsfeld geraten.

Ganz zum Schluß: Der Weihnachtsmarkt ist zwar schon längst abgebaut, aber dennoch bleibt die Frage, wie die Organisatoren den Besucherstrom messen. Angeblich waren rund 400 000 Menschen (genau: 380 000) zu Gast. Kann mal jemand erklären, wie man auf diese Zahlen kommt? War da am Ende sogar eine nicht bezahlte Hundertschaft des Konstanzer Stadtmarketings, wie ansonsten bei verkaufsoffenen Sonntagen, zählend unterwegs? Wilmaaaa!

Autor: H.Reile