Stadtgeflüster: Gegeben zu Constanz, anno 2014

Sind Sie tatsächlich davon überzeugt, dass kommunalpolitisch interessierte Frauen bei der CDU eine Chance haben? Das glauben die nämlich selber nicht. Wollen Sie wissen, warum Stadtmarketing-Chef Wörnle unverzichtbar ist für unsere Stadt? Trauern Sie dem Zeltfestival hinterher und freuen sich auf das nächste Jahr, wenn Sie mit der Seilbahn Richtung Klein Venedig gondeln dürfen? Lesen Sie immer noch den Südkurier oder denken Sie schon? Das alles und noch vieles mehr …

Das Konstanzer Zeltfestival, vor einigen Jahren eingestellt, soll wieder belebt werden. Angeregt von Oberbürgermeister Uli Burchardt und der Linken Liste Konstanz (LLK), ist der langjährige Veranstalter Koko offenbar gewillt, dem allseits beliebten Event auf dem Festivalgelände Klein Venedig neues Leben einzuhauchen. Mit im Boot diesmal, sowohl organisatorisch als auch finanziell, die Stadt Kreuzlingen. Klingt vielversprechend, denn auch die Schweizer Musik- und Kabarettszene hat einiges zu bieten, was zum Gelingen des dann grenzüberschreitenden Zeltfestivals beitragen wird.

Fast schon hatte man sich daran gewöhnt: Zwei stämmige Haflinger zogen jeweils am Wochenende vom P+R-Platz einen meist leeren Wagen hinter sich her, um BesucherInnen von auswärts wohlbehalten in die Konstanzer Innenstadt zu bringen. Hinter dem Fuhrwerk, das sich in Schrittgeschwindigkeit über den Asphalt quälte, bildeten sich endlose Schlangen genervter Automobilisten. Und wer hat´s erfunden? Logo, Hilmar „Gaucho“ Wörnle, quirliger Chef des Konstanzer Stadtmarketings. Nachdem auf seemoz eine humoristische Betrachtung seiner neuen Transportidee nachzulesen war, erhöhte Wörnle die Schlagzahl, geriet außer Rand und Band und amüsierte uns mit meterlangen Kommentaren, die für lautes Gelächter in der Stadt sorgten. Auf die neulich gestellte Frage, was das von ihm organisierte Verkehrschaos unterm Strich gekostet habe, wollte er keine Antwort geben. Dass Wörnle aber weiterhin massive Wahrnehmungsprobleme hat, beweist seine nachträgliche Einschätzung der Aktion: „Für die Nutzer des Kutschservice war es eine große Freude. Für den P+R Parkplatz eine weitere Bewerbung“.

Mitte letzten Jahres wollte die katholische Kirche das denkmalgeschützte Gebäude am Stephansplatz 31 abreißen lassen, um darauf ein neues Wohngebäude zu errichten. Daraufhin protestierten BürgerInnen, SeeMoz berichtete ausführlich. Der öffentliche Druck führte dazu, dass die von Münsterdekan Trennert-Helwig schon bestellte Abrissbirne zurückgepfiffen wurde, obwohl sich der Südkurier auf seine Seite geschlagen hatte, weil man der Kirche den Erhalt der Immobilie aus finanziellen Gründen nicht zumuten könne. Nun bemüht sich ein Architekt darum, Teile des „historisch gewachsenen Kulturdenkmals“ zu erhalten. Er legte Pläne vor, die allerdings den Gestaltungsbeirat (GBR) nicht überzeugen konnten: „Die Grundkonzeption der Anbauten sowie das Gesamterscheinungsbild werden jedoch dem postulierten behutsamen Weiterbauen noch nicht gerecht“. So die Auffassung dieses Gremiums am 20.11.2013. Kommenden Mittwoch wird sich der GBR erneut mit dem Thema beschäftigen. Ebenfalls mit auf der Tagesordnung steht der höchst umstrittene Neubau des sogenannten „Torhaus“.

In rund vier Monaten wird ein neuer Gemeinderat gewählt. Die Parteien stellen ihre KandidatInnenlisten auf und spätestens Anfang März wird weitgehend klar sein, wer zur Wahl antritt. Eine grobe Vorabumfrage von seemoz ergab, dass ein großer Teil der „Generation Pattex“ mit Zähnen und Klauen ihre Sitze verteidigen möchte. Darunter einige Ratsmumien, die schon seit Jahrzehnten dem Gremium angehören. Somit haben es vor allem Jüngere schwer, sich gegen politische Urgesteine und Politrentner durchzusetzen. Spannend unter anderem auch die Frage: Was wird aus der notdürftig zusammengeflickten UFG, nachdem deren Frontmann Eberhard Roth nicht mehr kandidiert? Wird die örtliche FDP, die bei der letzten Kommunalwahl 2009 vom Bundestrend profitierte, aber in den zurückliegenden fünf Jahren im Konstanzer Rat kaum aufgefallen ist, ausgebeint? Schafft es der Seniorenclub CDU, zumindest eine Frau auf einen Spitzenplatz zu hieven, obwohl nach Aussage von CDU-Rat Alexander Fecker Frauen in seiner Partei „keine Chance haben?“ Kann sich die FGL als stärkste Fraktion behaupten, obwohl sie heillos zerstritten ist und mittlerweile aus mehreren Fraktionen besteht? Schwächt der Abgang von Vera Hemm die Linke Liste, oder profitiert die LLK davon, dass sie sich die vergangenen Jahre zur einzig ernsthaften Opposition gemausert hat und dem Vernehmen nach vermehrt mit jungen KandidatInnen auf den vorderen Plätzen antreten wird? Wer übernimmt nach dem Rückzug von Jürgen und Brigitte Leipold das Ruder bei der SPD? Können sich die Freien Wähler halten und den WählerInnen weiterhin vorgaukeln, ihre Fraktion bestünde nicht nur aus Lobbyistenvertretern, sondern aus basisdemokratischen FreidenkerInnen, die lediglich an Sachpolitik interessiert seien? Komplettiert eventuell eine andere Gruppierung das kommunalpolitische Geläuf? Denn angeblich gibt es Bestrebungen, so tönt es vom Gießberg herunter, eine StudentInnenliste in die Wahl zu schicken. Wir werden beizeiten berichten.

Neulich ließ Konzernchef Burda sinngemäß verlauten, alleine mit Qualitätsjournalismus könne ein Verlag nicht überleben. Erstaunlich, dass sich da einer zu Wort gemeldet hat, dessen Produkte mit ernst zu nehmendem Journalismus rein gar nichts zu tun haben. Aber bleiben wir im Lande und werden vor unserer eigenen Haustüre fündig. Am 7.1.2014 titelte der Südkurier: „Humanisten gehen auf Distanz zur Linken Liste“. Aha, dachten sich da vermutlich viele LeserInnen, das klingt ja spannend. Der zweite Satz hatte es dann in sich und sorgte für Aufklärung: „Die Humanistische Alternative Bodensee (HABO) distanziert sich nicht von der Einschätzung der Linken Liste Konstanz, die beim Konziljubiläum eine Ausgrenzung Konfessionsfreier, Atheisten und Freidenker kritisiert“. Da haben sich die Edelfedern der örtlichen Tageszeitung wieder mal selbst übertroffen.

Autor: H.Reile