Stadtgeflüster: Philharmonie mal ehrlich…
Die Abfuhr war deutlich: Mit überwältigender Mehrheit wurde Beat Fehlmann vom Konstanzer Gemeinderat zum neuen Intendanten ab Herbst 2013 gewählt. Madeleine Häusler, Interimsintendantin bei der Südwestdeutschen Philharmonie, ist wohl auch über einen Satz gestolpert, der einigen RätInnen rein gar nicht passte. Das Orchester, so Häusler bei ihrer Vorstellung vergangenen Donnerstag, „ist ein teurer Luxus. Schön, dass Sie sich ihn leisten wollen“. Da war es kurzfristig ganz ruhig im Ratssaal.
Auch wenn viele von plötzlich einsetzender Schockstarre befallen wurden: Falsch liegt Frau Häusler mit ihrer Einschätzung nicht und die Stimmen derer, die das kostenintensive Orchester sogar grundsätzlich in Frage stellen, werden lauter. Nun hat Häusler noch bis September 2013 Zeit, das philunharmonische Finanzloch zu stopfen, das sich in der Amtszeit von Florian Riem aufgetan hat. Ihren Angaben nach sollte dieses Unterfangen in drei Jahren bewerkstelligt sein.
Beat Fehlmann bezeichnet sich als überregional tätiger Netzwerker, der das Orchester wieder nach vorne bringen will. Die Musiker sollten unter seiner Ägide als „Brückenbauer“ wieder zu „stolzen Botschaftern“ werden. Dazu aber, erklärte Fehlmann eindringlich, bräuchte es dann doch alsbald eine Art Konzerthaus, denn die Akustik im Konzil sei immer noch grottenschlecht und verhindere den musikalischen Erfolg des Ensembles. Die Vorschusslorbeeren für Fehlmann sind groß, doch das waren sie auch bei Walschburger und Riem. Mit jeweils grausamen Ende.
Nach 16 Jahren in der Lokalredaktion Konstanz wechselt Josef Siebler als Pressesprecher zu den Stadtwerken Konstanz. Da habe schon mal einer, so einige Kollegen süffisant, gerade noch rechtzeitig das sinkende Schiff verlassen. Denn im Südkurier herrscht Unruhe ob der befürchteten Umstrukturierungen, sprich Einsparungen vor allem im redaktionellen Bereich. Auch das Sealife betrauert den Weggangs von Siebler. Denn jener berichtete im Südkurier über jeden noch so leisen Schildkrötenfurz aus dem profitablen Aquarienknast. Ungeklärt ist bis heute, ob Siebler bei der ergreifenden Krötenstory im Hintergrund die Fäden zog, die zur sommerlichen Zeit die Besucher des Rheinstrandbades so nachhaltig beschäftigt hat. Sie erinnern sich? Rheini, das putzige Schildkrötchen, hatte sich dort niedergelassen, war aber plötzlich verschwunden. Gramgebeutelt machte sich die halbe Stadt auf die Suche nach Rheini, doch das Tier blieb unauffindbar. Nun darf sich der wackere Siebler schon mal drauf einstellen, wie er in Zukunft drohende Preiserhöhungen seines neuen Arbeitgebers nach außen trägt und fortan wird erklären müssen, dass das Schlucken von Kröten zwar selten gesund, oft aber unausweichlich ist. Das schafft der.
Noch nicht lange ist es her, da versuchte sich der Südkurier an der Livestream-Übertragung aus dem Konstanzer Ratssaal. Überschwänglich wurde das Ereignis im Vorfeld angepriesen als bürgernahes Projekt, dem sich die Tageszeitung mit Begeisterung verschreiben wollte. Aber nach zwei Sendungen war auch schon Schluss. Die Linke Liste (LLK) fragte bei Lokalchef Jörg- Peter Rau nach und bat um Auskunft über die Zugriffe. Das seien Betriebsgeheimnisse, die man nicht auplaudern möchte, ließ Rau die Fragesteller wissen. Schließlich forderte die LLK Oberbürgermeister Uli Burchardt auf, die Daten beim Südkurier in Erfahrung zu bringen. Gegenüber dem neuen Rathauschef war der Verlag dann auskunftsfreudiger. Das klägliche Resultat: Bei der ersten Übertragung zählte man 530 Besucher, bei der zweiten nur noch 300. Sollte es einen zweiten Anlauf geben, Kommunalpolitik über das Netz transparenter zu machen, wird das wohl die Stadt selbst organisieren müssen. Derzeit werden datenschutzrechtliche Bedenken überprüft.
Lange wurde letzte Woche bei der Gemeinderatssitzung auch über das Döbele diskutiert. Das geht nun schon seit Jahren so, aber eine Lösung will sich partout nicht abzeichnen. So lassen, wie es derzeit ist? Günstigen Wohnraum schaffen auf dem Areal? Oder ein Parkhaus auf den Platz stellen und das Verkehrschaos auf die Spitze treiben? Für letzteres steht unerschütterlich Eberhard Roth von der UFG („Unabhängige Fraktionsgemeinschaft“). Der langjährige Mediziner drehte seiner CDU letztes Jahr den Rücken zu, weil diese die fristlose Kündigung seines Kollegen Gert Müller-Esch befürwortet hatte. Da griff wohl eine Art von Korpsgeist bei Roth und er gründete die UFG, eine zusammengewürfelte Fraktion, bestehend aus den Restbeständen von NLK („Neue Linie Konstanz“) und F+F („Frank und Frei“). Roth trommelt kräftiger denn je dafür, das Döbele mit einem Parkhaus zu beglücken.
Gäbe es eine Konstanzer Autopartei, dann wäre Roth dort bestens aufgehoben. Park+Ride vor den Toren der Stadt ist für Roth lediglich ein „Überlaufventil“ für den Fall, dass die Parkhäuser in der City belegt sind. Und da diese meistens voll sind, muss eben ein neues her. Dass es darum geht, Voraussetzungen dafür zu schaffen, die Innenstädte weitestgehend vom motorisierten Individualverkehr frei zu halten und bereits bestehende Parkhäuser sogar zurück zu bauen, will Roth nicht in den Kopf. Ebensowenig einigen RätInnen aus den bürgerlichen Fraktionen. Bei den meisten von ihnen gilt weiterhin: Kunden von überall her sollten die Chance haben, die Innenstädte zu verstopfen, zu verpesten und am besten bis an die Ladenkasse vorzufahren. Die Verkehrspolitik aus den 1970-er Jahren feiert in Konstanz noch und immer wieder fröhliche Urständ`. Soziale Kategorien, nicht nur am Döbele, spielen für Roth und seine Mitstreiter nur eine untergeordnete Rolle. Angesichts der katastrophalen Wohnungsnot in und um Konstanz kann und darf es auf dem Döbele und anderswo nur eine Lösung geben: Wohnungen zu sozialverträglichen Preisen.
Autor: H.Reile
Madelaine Häusler spricht aus, was inzwischen immer mehr normale Bürger denken:
„Die Philharmonie ist ein teurer Luxus. Schön, dass der Stadtrat ihn sich leisten will“.
Deshalb: Wenn Philharmonie, dann F(i)ehlmann.
F(i)ehlmann, der große Wunderbringer, er möge uns erretten vor dem bevorstehenden Finanzchaos bei den Fiedlern und Geigern .
F(i)ehlmann sollte sich die Erwartungshaltung der Honoratiorenschaft des biedermeierlich – vorderösterreichischen Konstanz vergegenwärtigen.
Als Beispiel sei die Bildungsreise ausgesuchter Stadträte um Müller-Fehrenbach nach Singen erwähnt. Dort gab es einen Ortstermin mit dem Südkurier kurz nach Eröffnung der dortigen Stadthalle. Mü-Fe äußerte sich damals gegenüber dem Sk folgendermaßen:
“ Diese Halle mag wohl für Singen genügen, Konstanz aber hat den Anspruch, eine Halle zu haben, welche ebenbürtig ist mit der Metropolitan in New York oder der Mailänder Scala.“
In der Psychologie fällt so was unter den Begriff `luminose Verwahrlosung ´.
Warum auf dem Döbele kein Parkaus wie am Karstadt? Ab unter die Erde mit und oben drauf ist dann Platz für den Wohnungsbau.
Mir ist auch bewusst das der Untergrund da nicht einfach beschaffen ist, ja und billig ist diese Lösung auch nicht. Dann sollte ein Investor das Parkhaus bauen dürfen und durch die Einnahmen refinanzieren. Ich selber wohne im Paradies und die Parksituation dort ist am Wochenende extrem angespannt.
„Irgendwie“ finde ich es nett, dass Ihr einen Artikel, in dem es auch um soziale Unterschiede und sozialverträgliche Mieten geht, mit einem Bild der Berner Adeligen Elisabeth de Meuron schmückt. Madame war zu Lebzeiten in Bern auch als Besitzerin zahlreicher Altstadtliegenschaften bekannt – und ansonsten für einige Pointen, die aus ihrem Standesbewusstsein resultierten. Mit den Konstanzer bürgerlichen Fraktionen hatte sie die Harthörigkeit gemeinsam.
Yep…. vor allem den Schlusssatz unterschreibe ich mit Nachdruck! Konstanz ist – sieht man sich die qm-Preise für Mietwohnungen an – höchstens für Doppelverdiener ohne Kinder zu stemmen. Alle anderen werden sich wohl in Stockach, Singen, Radolfzell oder anderswo nach bezahlbarem Wohnraum umsehen müssen und ein nervtötendes Pendler-Dasein in Kauf nehmen, bei dem jede Mange an wertvoller Lebenszeit flöten geht!