Stadtgeflüster: Sind wir alle Gaga oder doch eher Konzil?

In Konstanz haben wir zwar immer noch keine Bürgermeisterin, können aber mit einer Ehrenbürgerin aufwarten. Die Dame kennt zwar kaum jemand, aber immerhin. Ob es in naher Zukunft zum Bau einer Synagoge kommt, in der man die Frauen auf die Empore verweist, wird wohl kurz nach Ostern entschieden. Und warum nun auch wir zu erfahren trachten, wie gut die seemoz-LeserInnen ihre Stadt kennen, entnehmen Sie bitte dem folgenden Text

Seit Jahren wird davon geredet, dass die neue Synagoge bald gebaut wird. Mehrmals schon wurde der Spatenstich in der Sigismundstraße angekündigt, doch passiert ist bisher nichts. Die Liegenschaft um das ehemalige Hotel „Anker“ liegt brach und gleicht eher einer Müllhalde im Herzen der Stadt. Immer wieder verzögert wurde das Bauvorhaben auch durch Streitigkeiten, die zwischen den zwei jüdischen Gemeinschaften jahrelang schwelten. Dazu kommen neuerdings archäologische Grabungen, die aber angeblich bis Mitte des Jahres abgeschlossen sein sollen und den Bau zusätzlich um mehrere hunderttausende Euro verteuern werden.

Am 7.4. soll der Oberrat der Israelitischen Religionsgemeinschaft Baden (IRG Baden) das letzte Wort darüber haben, wie es weiter geht. Optimisten rechnen damit, dass noch im Oktober 2013 die Bodenplatte gegossen und mit dem Rohbau begonnen werden kann, mit dessen Fertigstellung man noch vor der Frostperiode rechnet. Es sind genau die Optimisten, die bereits vor zwei Jahren erklärten, der Spatenstich erfolge spätestens Ende 2011.

Den Organisatoren des geplanten Konziljubiläums treibt es allmählich den Angstschweiß auf die Stirn, denn spätestens ab April 2014 soll Konstanz in Feierlaune sein. Um Stimmung aufkommen zu lassen, hat man vorsorglich schon mal die Parole für die kommenden Monate ausgegeben: „Wir sind Konzil“. Das könnte richtig eng werden, denn Projekte, an denen man lange herum werkelte, haben sich in Luft aufgelöst, anderen steht dieses Schicksal noch bevor.

Tobias Engelsing, Chef der Konstanzer Museen, denkt derzeit weniger an das Konstanzer Konzil (1414 bis 1418), denn die Jahre des Ersten Weltkriegs (1914 bis 1918) liegen ihm, und wohl auch der Bevölkerung, näher. Er plant dazu eine Ausstellung im Richentalsaal, die Auskunft darüber geben soll, wie es vor exakt hundert Jahren in Konstanz und Umgebung zuging. Themen werden unter anderem sein: Die Lage der Bevölkerung; Flüchtlinge und Pazifisten im Seegebiet; Propaganda für den Krieg und die besondere Rolle als Grenzstadt. Die Ausstellung, so Engelsing, „wird ein starkes und überregionales Thema“. Geplant ist auch eine kritische Publikation, an der die Regionalhistoriker Manfred Bosch, Jürgen Klöckler und Lothar Burchardt mitwirken. Mehr dazu alsbald auf dieser Seite.

Anfang April soll sich auf Wunsch von Oberbürgermeister Uli Burchardt eine gemeinderätliche Arbeitsgruppe treffen, um den weiteren Umgang mit der Liste der Ehrenbürger zu erörtern. Erinnern Sie sich noch an Bruno Helmle? Richtig, dem langjährigen Konstanzer Oberbürgermeister wurde die Würde entzogen, weil er sich nachweislich an jüdischem Eigentum bereichert hatte. Nun sollen auch andere auf den Prüfstand. Mit dabei: Otto von Bismarck (kein Friedensfreund), Paul von Hindenburg (auch kein Friedensfreund und Steigbügelhalter eines Massenmörders), Conrad Gröber (leichter Nazi-Alarm), Kurt-Georg Kiesinger (mittlerer Nazi-Alarm) und Franz Knapp (hoher Nazi-Alarm). Nach letzterem ist auch die Passage neben dem Rathaus benannt.

Alles Personen, heißt es auf der homepage der Stadt, die „sich in besonderer Weise um die Stadt Konstanz verdient gemacht“ haben. Insgesamt sind es inklusive Helmle 17 Personen, denen man die Auszeichnung einst zuteil werden ließ, darunter mit Hella Gräfin von Brandenstein-Zeppelin eine Frau. Da ihr berühmter Vater 1908 zum Ehrenbürger ernannt wurde, ereilte sie die Würde 27 Jahre später. Worin ihre Verdienste für Konstanz bestanden haben, ist unklar. Die Ehrenbürgerin taufte 1938 unter der Anwesenheit von Hitler, Keitel und Brauchitsch einen nach ihrem Familiennamen benannten Flugzeugträger. Doch die „Zeppelin“ kam nie zum Einsatz.

Der Südkurier wollte unlängst von seinen LeserInnen wissen, wie gut sie ihre Stadt kennen. Eingestiegen ist die Lokalredaktion mit der Frage, nach wem die Max-Stromeyer-Straße benannt sei. Bis heute, so eine Praktikantin des Verlags, warte man auf eine richtige Antwort. seemoz will da nicht nachstehen und stellt seinen LeserInnen zum fröhlichen Wochenanfang sogar zwei knifflige Fragen. Also: Wie lautet der Vorname des Münsterdekans Franziskus Trennert-Helwig? Achtung, Falle! Und: Wie heißt der Hund von CDU-Stadtrat Wolfgang Müller-Fehrenbach? Wer bis Karfreitag die richtigen Antworten parat hat, wird von uns zu einer exklusiven Führung durch die kirchlichen Gärten und Höfe eingeladen.

Autor: H.Reile