Stadtgeflüster: Tausche Rathaus gegen Parkhaus
Nicht nur vorherbstliches Geblätter schwebt durch die Lüfte, auch Gerüchte und Vermutungen allerbuntester Art gibt es derzeit satt und prall. Kann man sich ein Parkhaus kaufen, wenn man kohlewedelnd durch die Stadt läuft? Wo geht’s hier bitte zur Schlossallee? Dazu Fragen, die nicht nur die Stadtverwaltung beschäftigen: Haben wir zuviele Bademeister? Sollen Bürger mehr kehren? Zu allem Übel werden jetzt auch noch die Narren muffig und vermuten Majestätsbeleidigung.
Sowas nennt man wohl vorauseilenden Gehorsam auf breiter Schleimspur: Kaum wurde im Gemeinderat ein städtischer Zuschuss über 100 000 Euro für das Narrentreffen 2012 in Frage gestellt, titelte der Südkurier: „Linke mosern über Narrentreffen“. Eine Überschrift, die zwar leserwirksam knallt, aber an den Tatsachen vorbei rasselt. Es wird ja wohl die Frage erlaubt sein, ob nicht auch die Fasnachter mit etwas weniger Zuschuss auskommen können, um ihr Spektakel finanziell abzusichern. Angesichts der nicht nur knappen, sondern eher leeren Kassen sollte es sich auch bei den Narren herumgesprochen haben, dass Sparen angesagt ist – nicht nur bei den anderen. Oder hält sich die Zunft der „Blaetzle-Buebe“ für die heiligste aller Kühe? Deren Obernarr Andreas Kaltenbach, wir erinnern uns schemenhaft, hat in grauer Vorzeit kräftig für das KKH Werbung betrieben, ohne vorher seine Mitglieder zu fragen, ob sie mit dieser Vereinnahmung einverstanden sind. Um das innernärrische Demokratieverständnis scheint es nicht weit her zu sein und längst ist klar: Wenn sich auf Lebenszeit verbeamtete Narrenfunktionäre auch nur im Ansatz belästigt fühlen, dann ist´s schnell vorbei mit lustig.
Die Erweiterung des Lago-Parkhauses hat die erste Hürde genommen. Mit einer Stimme Mehrheit sprach sich der Gemeinderat für das umstrittene Projekt aus. Was seemoz schon einige Tage zuvor prognostiziert hatte, traf ein. Es war die Stimme des Oberbürgermeisters, der einst als Grüner angetreten war, und die nun den Ausschlag gab für noch mehr Verkehr in der Stadt. Sein mittlerweile zum Standard gewordenes Credo: „Ich muss auf die Zukunft der Stadt schauen“, gilt eher als Einladung für Investoren aller Art, umgehend und vor allem unverblümt für ihre Projekte vor Ort zu werben. Als ein quirliger Vertreter dieser Spezies erwies sich der Vertreter des Parkhausbetreibers. Ganz offen verkündete der Mann im Rat, sein Unternehmen werde einen „sechsstelligen Betrag“ aus seiner Kaffeekasse für die Begegnungszone am Bahnhof zur Verfügung stellen, quasi als Dank für die Parkhauserweiterung. Das, so munkeln nicht nur Eingeborene, habe doch zumindest ein G`schmäckle. Grobrethoriker drücken sich da klarer aus. Die Sache sei grenzwertig und da hätte einer allzu deutlich mit dem Scheckheft vor den Gemeinderatsnasen gewedelt….
Um sogenannte Leser-Blatt-Bindung bemühte sich die Konstanzer Tageszeitung. Die Redaktion hat ihre Leser aufgefordert, angesichts der Haushaltsdebatte Sparvorschläge einzureichen. Bereits bei der Klausur im beschaulichen Ittingen kursierten dann jene unter den RätInnen. Neben durchaus vernünftigen Ideen – „Abschaffung Katamaran“, „Programm Konzil-Jubiläum abspecken“ – wurde auch Seltsames formuliert: „Weniger Bademeister“, „Niederburg zur Geldquelle machen“, „Stadttheater oder Philharmonie schließen“ oder „Bürger sollen mehr kehren“
.Da bei Spardiskussionen vermehrt die kulturellen Einrichtungen ins Fadenkreuz geraten, ist Wachsamkeit angesagt. Zur kulturellen Grundversorgung zählen sicher auch die Konstanzer Museen. Wobei das rege Team um Museumsleiter Tobias Engelsing Erfolge vorweisen kann, die aller Ehren wert sind. Schon im vergangenen Jahr konnte man erfreut konstatieren, dass sich innerhalb von wenigen Jahren die Besucherzahlen im Rosgartenmuseum verdoppelt hatten und der Museumsshop trotz quälender Enge enorm gestiegene Umsätze verbucht. Eine Kürzung des Etats würde die Museen in arge Bedrängnis bringen. Ähnliches gilt auch für das Stadttheater und die Philharmonie. Und: Bleibt es dabei, dass andere wichtige Kultureinrichtungen wie Zebra-Kino, Kulturladen und K9 von Einsparungen verschont werden? Oder baut sich das für alle dicke Ende erst langsam auf?
Was macht eigentlich der Konstanzer Touristikchef Norbert Henneberger? Schon lange nichts mehr gehört von dem Zeitgenossen, der mit der Posse um Peter Lenks Päpstlein dafür gesorgt hat, dass Konstanz über Monate hinweg als Deutschlands bekannteste Lachnummer galt. Henneberger will davon nichts mehr hören und glaubt, er habe die Peinlichkeit nun ausgesessen. Er reagiert auch nicht auf Nachfragen. Wieviel beispielsweise der Abbau des Hutzelmännleins gekostet habe, wollte man von ihm wissen. Keine Reaktion. Wer die Kosten dafür übernommen hat? Er selber oder am Ende doch der Steuerzahler? Henneberger schweigt und bevorzugt – darin hat er Übung – die nonverbale Kommunikation. Keine gute Eigenschaft für eine Führungskraft auf einem für Konstanz wichtigen Posten.
Die Landtagswahlen stehen vor der Türe und die KandidatInnen aller Parteien für den Wahlkreis Konstanz sind nominiert. Ob sich der Protest gegen Stuttgart 21 auch auf die Wahlen im März auswirken wird und für einen politischen Erdrutsch im Ländle sorgt, der sich sogar auf die Bodenseeregion auswirkt? Abwarten. Vor Ort wird es Diskussionen geben und die Konstanzer LandtagskandidatInnen, die es nach Stuttgart zieht, checken jetzt schon ihre Termine. Die Veranstaltung „Konzepte der Partizipation von MigrantInnen“ am 13. November ist so einer. Ein wichtiger Anlass, denn bei diesem Thema besteht Handlungsbedarf. Das Programmheft allerdings macht stutzig. Die hoffentlich zahlreichen Besucher der Tagung werden von Zahide Sarikas begrüßt, steht da in der Einladung. Ausdrücklich und deutlich wird auch noch darauf hingewiesen, dass Sarikas die Landtagskandidatin der Konstanzer SPD ist. Die Programmverantwortlichen hätten besser daran getan, auf derlei unverhohlene Bevorzugung einer Kandidatin zu verzichten.
Die Presselandschaft in und um Konstanz ist vielfältiger geworden. Neben der Tageszeitung tummeln sich, seemoz eingenommen, diverse Internetpublikationen. Die älteste, der Webauftritt dornroeschen, betrieben von dem ehemaligen Südkurier-Redakteur Erich Gropper, schwächelt aber in letzter Zeit ein wenig. Das liegt daran, dass es den Kollegen Gropper regelmäßig Richtung Sizilien zieht, wo er seinen touristischen Geschäften nachgeht, während sein Röschen langsam verblüht.
Neu im Medienteich ist see-online, ein Netzauftritt, hinter dem die freie Journalistin Waltraud Kässer steht. Kam die Seite anfangs noch halbwegs flott daher, langweilt sie nun eher. Sorry, aber täglich über das jeweilige Wetter zu berichten – „Heute müssen wir mit vielen Wolken rechnen“ – ist nicht eben der Renner für ein Medium, das sich wenig bescheiden als „Die Onlinezeitung am Bodensee“ bezeichnet. Die täglich zunehmende Flut dröger Polizei- und Verkehrsmeldungen haut einen auch nicht vom Hocker. Zudem wird immer öfter über Geschehnisse berichtet, die man in der Regel schon im Südkurier gelesen hat. Schade, denn der Start las sich durchaus vielversprechend.
Zum Schmunzeln trägt die Seite dennoch bei, das muss man der Kollegin lassen. Sie schreibt über sich gerne im Pluralis Majestatis: „Wir haben heute noch einige Termine…“, „Wir haben gerade knackigen Salat auf dem Wochenmarkt gekauft“. Das ist putzig, wo doch jeder weiß, dass die durchaus umtriebige Vielschreiberin meist alleine durch die Gegend zieht. Zum absoluten Highlight aber mausert sich der Kommentarbereich. Wer da seine Meinung äußern will, wird erstmal einem Intelligenztest unterzogen und beispielsweise gefragt: „Wie lautet der Vorname von Franz Beckenbauer“ oder „Die Woche hat…. Tage?“. Wir empfehlen: Wer so scharf ist auf Clicks, sollte seine LeserInnen intellektuell nicht allzusehr überfordern. Dennoch weiterhin frohes Schaffen und viel Erfolg.
Kaum zu glauben, was Südkurier-Redakteurin Kirsten Schlüter aktuell abgesondert hat. Völlig kritiklos berichtet sie über „Zuwachs bei privater Kinderbetreuung“ und verweist dabei umfangreich auf ein Angebot von Mitgliedern der sogenannten Lakeside Church. Die Gruppierung hält seit einiger Zeit Gottesdienste in den Rieter-Werken ab und ist Mitglied im „Bund freikirchlicher Pfingstgemeinden“. Deren Anhänger halten sich rigoros an die Bibel und zählen zu christlichen Fundamentalisten der harten Sorte. seemoz berichtete über die religiösen Fanatiker bereits am 12.7.2007 („Hosianna und Halleluja im K9“). Dass nun das Sozial- und Jugendamt das Kinderprojekt der Gruppe mit Steuergeldern unterstützen möchte, wird für Diskussionen sorgen.
Autor: H.Reile
Und hier geht es zum alten Artikel über die Lakeside-Church…