Stadtgeflüster: Von Autisten, Karrieristen und Globetrottern
Ist Norbert Henneberger, Chef der Tourist Information Konstanz (TIK), ein Autist oder vielmehr ein selbstherrlicher Amtsleiter, der jede Kritik an seiner Arbeit für eine Majestätsbeleidigung hält? Es ist nicht das erste Mal, dass Konstanz` oberster Touristiker glaubt, er müsse auf Fragen über sein bisweilen seltsames Geschäftsgebaren keine Antwort geben. Erst neulich hat er nach eigenen Aussagen 15 000 Euro aus der TIK-Kasse entnommen, um diese der Agentur Lorth/Gessler/ Mittelstaedt für deren „Konstanzer Imagefilm“ zur Verfügung zu stellen.
Seit über einer Woche liegen dazu Fragen auf Hennebergers Schreibtisch. Unter anderem will man von ihm wissen, ob der TIK-Aufsichtsrat bereits im Vorfeld von der Unterstützung des Filmprojekts wusste und ihm ein Konzept vorgelegt wurde. Desweiteren wurde gefragt, ob bei der Vergabe des Auftrags nicht an einen Ideenwettbewerb gedacht wurde, wie bei ähnlichen Projekten durchaus üblich. Doch der Mann schweigt beharrlich. Auch die Aufsichtsratsmitglieder der TIK, darunter GemeinderätInnen von FGL, CDU, SPD, FWG und FDP, wurden angefragt, üben sich aber ebenfalls in nonverbaler Kommunikation. Ist dieser Aufsichtsrat eher ein Abnickrat wie im Fall der Posse um Peter Lenk? Zur Erinnerung: Norbert Henneberger zeichnete auch verantwortlich für den Abtransport des Päpstleins aus dem Konstanzer Bahnhof. Für die damalige Nacht- und Nebelaktion, über die ganz Deutschland ungläubig den Kopf schüttelte, wurde eine Spezialfirma beauftragt. Bis heute will Henneberger nicht offen legen, welche Kosten dafür angefallen sind.
Auweiwei dachte sich die Freie Grüne Liste im Gemeinderat und wollte ein deutliches Zeichen Richtung China schicken. Seit Jahren schon besteht eine Städtepartnerschaft zwischen Konstanz und Suzhou. Solange der Künstler Ai Weiwei und der Friedensnobelpreisträger Liu Xiaobo in Haft gehalten würden, solle die Städtepartnerschaft mit Suzhou ausgesetzt werden, forderte unter anderem die FGL-Rätin Dorothee Jacobs-Krahnen. Dreimal schon, war bei der Debatte zu erfahren, sei „Frau Wichtig“, wie man sie sogar in den eigenen Reihen spöttisch nennt, in China gewesen. Wie heißt es so treffend: Reisen bildet. Und Frau Jacobs-Krahnen reist gerne und häufig im Auftrag der Stadt. Egal wohin. Aber beim letzten Besuch sei bei ihr der Eindruck entstanden, dass der Dolmetscher nicht korrekt übersetzt habe. Sagt die Grüne, die nachweislich kein Chinesisch spricht. Da ihr aus der eigenen Fraktion niemand folgen wollte, zog sie den Antrag kleinlaut zurück. Ist da im September nicht schon wieder eine Reise nach Suzhou geplant? Stehen Sie schon auf der Liste, Frau Jacobs-Krahnen?
Es ist eben nicht einfach mit den Menschenrechten. Vor allem, wenn man sie konsequent umsetzen will. Konstanz pflegt auch eine Städtepartnerschaft mit Lodi in der Lombardei. Dass der dortige Provinzpräsident ein Mitglied der Rechtsaußenpartei Lega Nord ist, kümmert die Konstanzer Partner nicht die Bohne. Lega Nord-Mitglieder haben erst kürzlich in der Stadt Lodi eine Schweineherde über eine Baustelle getrieben, auf der eine Moschee entstehen soll. Protest aus Konstanz gab es nachweislich keinen. Da hisst man lieber reichlich naiv die Tibet-Flagge und unterstützt damit das feudale Terrorsystem der angeblich so friedfertigen Lamaisten, deren „Gottkönig“ sich seit Jahrzehnten präsenil durch die Welt lächelt.
Es ist noch nicht lange her, da wurde im Rat auch darüber diskutiert, ob man nicht eine Partnerschaft mit einer US-amerikanischen Stadt eingehen sollte. Aus überwiegend finanziellen Gründen wurde der Vorschlag verworfen. Hätte man die Partnerschaft vorangetrieben, wäre sie sicherlich nicht daran gescheitert, dass die USA in Guantanamo seit Jahren gegen alle gültigen Menschenrechtsvereinbarungen verstossen und völkerrechtswidrige Kriege führen.
Bei der Suche nach dem kleinsten gemeinsamen Nenner in dieser heiklen Frage böte sich für die Konstanzer Folgendes an: Vorübergehende Stilllegung der chinesischen Bushaltestelle an der Konzilstraße, dazu eine geharnischte Protestnote Richtung Suzhou. Denn allem Anfang wohnt ein Zauber inne. Und so wäre auch der geplante Ausflug im September nach China weitgehend in trockenen Tüchern.
Auch das noch: Till Seiler, Stadtrat der FGL, wechselt als Nachrücker in den Bundestag. Der enagagierte Lehrer gibt sein Gemeinderatsmandat ab und schlägt ab sofort sein Hauptzelt in Berlin auf. Somit verlässt der letzte „linke“ Grüne eine Fraktion, die zunehmend bürgerlicher und strukturkonservativer wird. Bleibt zu hoffen, dass sich Seiler in der Hauptstadt seine frische Art bewahrt und die Belange seines Wahlkreises am Bodensee überzeugend vertritt. Schon während der vergangenen Bundestagswahlkämpfe hat Seiler meist den besten Eindruck gemacht und sich für höhere Aufgaben empfohlen. Oberbürgermeister Horst Frank wird leise aufatmen, denn sein Parteikollege Seiler fuhr ihm regelmäßig und oft sehr deutlich in die Parade und galt als einer der schärfsten Kritiker von Frank. (Letzterer, so aktuelle Gerüchte, liebäugelt tatsächlich mit einer erneuten OB-Kandidatur. Da sehnt sich wohl einer nach einer kräftigen Klatsche).
Ebenfalls vom Acker machte sich der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Peter Friedrich. Er wechselte als Europaminister in die neue Stuttgarter Regierung unter Winfried Kretschmann. Der karrierebewusste und angeblich „charismatische“ Sozialdemokrat weiß sehr wohl, dass sich seine Partei nicht erst seit dem Sarrazin-Debakel bundesweit im Sinkflug befindet. Bei der nächsten Wahl 2013 hätte sein Bundestagsmandat bedenklich wackeln können. Da sorgt der kluge Mann aus Konstanz rasch vor und lässt sich geschickterweise erstmal zwischenlagern. Außerdem, so Friedrich, sei er gerne auf Reisen. Bon voyage, Herr Minister!
Bleiben wir auf heimatlicher Scholle. Über zwei Monate ist es her, da wurde die SPD-Landtagskandidatin Zahide Sarikas in ihrem Büro überfallen. Aufgrund dieser traumatischen Erfahrung brach sie den Wahlkampf ab. Eine Stuttgarter Sonderkommission kam an den Bodensee und ermittelte. Drei Tage nach dem Überfall wurde ein Phantombild des Täters veröffentlicht. Seitdem ist absolute Funkstille. Die Sondereinheit ist längst wieder in Stuttgart, ermittelt dort aber – so die gängige Auskunft, „in verschiedene Richtungen“ weiter. Alle Nachfragen werden aber seit Wochen abgeblockt, man wolle durch voreilige Pressemitteilungen den Erfolg der Tätersuche nicht unnötig gefährden. Das mutet seltsam an und lässt zunehmend die Befürchtung wachsen, dass sich der Vorgang eventuell anders abgespielt hat als bislang vermutet. Jetzt, rund zehn Wochen nach dem Überfall, täte Zahide Sarikas gut daran, zumindest den Tathergang genauer zu schildern. Damit würde sie Ermittlungen – falls es diese überhaupt noch gibt – weder behindern noch erschweren.
Zuguterletzt gilt es, einem lärmgeplagten Kommunalpolitiker beizustehen. Alexander Stiegeler, FWG-Stadtrat und Besitzer eines kleinen und bescheidenen Seegrundstücks nebst Wohnhütte, ist verärgert. Bei der kommenden Gemeinderatssitzung am Donnerstag will er bei der zu erwartenden Diskussion über die Weiterentwicklung des Lärmschutzkonzepts auf seine persönlichen Qualen aufmerksam machen. Wenn er im Garten sitzt, Käffchen schlurft und sein Auge wohlgefällig über den See schweift, vernimmt er zunehmend Gelärme von der gegenüberliegenden Schweiz. Und damit niemand auf die Idee kommt, das würde nur ihn ganz alleine stören, macht er sich für den Stadtteil Petershausen stark, dessen Bewohner seiner Meinung nach ebenfalls unter den akustischen Attacken der Eidgenossen zu leiden hätten. Also schreibt Stiegeler: „ (….) Die Bewohner von Petershausen sind auch sehr oft den lauten Lautsprecheransagen der Schweizer Sportereignisse ausgesetzt, oft über Stunden können wir verfolgen, welcher Läufer an der Spitze liegt, welche Mannschaft bei welchem Wettbewerb vorne oder hinten liegt etc. Die lautstarken privaten wie öffentlichen Lustbarkeiten der Schweizer Nachbarn schlagen in der Lärmbilanz auch zu Buche. Gerade an Wochenenden, die der Erholung der Bevölkerung dienen sollten, ist sommers eine beträchtliche Lärmentwicklung an den Ufern und zu Wasser festzustellen. Auch unterhalb der TU Lärm-Normierung liegende Beschallung ist in der Summierung eine Beraubung des Anspruches auf Erholung und Privatheit der Bürger.“ Was lernen wir aus Stiegelers unter die Haut gehende Anklage? Schweizer sind laut und Seegrundstücksbesitzer haben ein verdammt schweres Leben.
Autor: H.Reile
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Och, wenn ich da an das Überlinger Tanzfest letzten Samstag denke, dann könnte ich mir vorstellen, daß eine Mauer zwischen Überlingen und Wallhausen auch willkommen wäre… 😉
Könnte sich Stiegeler nicht mit dem Chef der Touristikinfo Henneberger zusammentun und eine Spendensammlung für den Bau einer (Schallschutz)-Mauer entlang der deutsch-schweizer Grenze quer durch den See arrangieren? Es werden sich sicher auf beiden Seiten der Grenze Personen finden, die sich ebenfalls vom Lärm der anderen Seite des großen Ententeiches belästigt fühlen. Meines Wissens gibt es auch noch lebende Personen, die mit der Errichtung eines solchen richtungweisenden Bauwerkes Erfahrung besitzen.
Man könnte aber auch erwägen, ob man nicht Ausgleichszahlungen auf der Basis von Staatsverträgen vereinbaren kann. Das wäre mal eine tolle Aufgabe für die Kommunalpolitiker und wir hätten mal was Richtiges zu lachen. Grundlage wäre dann eine Messung der jährlichen grenzüberschreitenden Lärmmenge.
Ich kann mich in diesem Zusammenhang aber auch an eine Antwortmail des Landesumweltamtes auf meine Beschwerde zu den alltäglichen 3500 Glockenschägen mit mehr als 94 bdA vor meinen Schlafzimmerfenstern erinnern, in welcher mir mitgeteilt wird, das diese Art von Lärm sozialadäquat sei und von mir geduldet werden muss.