Stadtseniorenrat: Reichlich Ernüchterung
Erst vor wenigen Tagen gab Dorothée Schmidt, Vorsitzende des Konstanzer Seniorenrates, ihr Amt auf. Sie wolle nicht mehr „in den Papierkorb arbeiten“, ließ sie seemoz wissen. Der Stadtseniorenrat habe zu wenig Einflussmöglichkeiten und müsse als Feigenblatt herhalten. Schmidts Rücktritt sorgte für Furore. Nun hat sich auch Edith Furchner (Foto) gemeldet. Hier ihre Überlegungen zum Thema, verbunden mit einem Vorschlag, der die Rechte der Konstanzer SeniorInnen in Zukunft stärken könnte. Auch die LLK fordert in einer Mitteilung ein Umsteuern.
Als ehemalige Stadtseniorenrätin weiß ich, wovon ich spreche. Nach jahrelanger Stagnation durch den Vorgänger der jetzigen Vorsitzenden des Stadtseniorenrates hat sich nichts geändert. Als vor knapp 10 Jahren die Journalistin Kirsten Schlüter zu einer der letzten Sitzungen des damaligen Stadtseniorenrates kam, um einen Artikel über die Aktivitäten des Seniorenrates zu schreiben, hatte in all den Jahren lediglich eine Kollegin Erfolg vorzuweisen, und zwar wurden durch deren Engagement im Klinikum Seniorenteller eingeführt. Das war’s.
Schon damals hatte ich in einem Leserbrief geschrieben, dass ich in den fünf Jahren meiner Zugehörigkeit zum Stadtseniorenrat besser in einem Fitnessstudio aufgehoben gewesen wäre.
Es war erfreulich, als nunmehr die jetzige Vorsitzende des Stadtseniorenrates aktiv wurde und so manches in Bewegung setzte. Ganz offensichtlich hat sie wegen mangelnder Unterstützung – egal durch wen und was – ihren Rückzug beschlossen und vollzogen. Was Frau Schmidt im Einzelnen zu diesem Rücktritt bewogen hat, bleibt ihr Geheimnis und ist sicherlich für viele nicht nachvollziehbar.
Mir sei eine Frage gestattet: Brauchen wir überhaupt einen Stadtseniorenrat, wenn dieser kaum oder gar nichts bewegen kann? Fünfzehn gewählte Vertreter sitzen Monat für Monat zusammen, und was kommt schlussendlich für die Senioren dabei heraus? Schon zu meiner Zeit als Stadtseniorenrätin mühte sich Herr Lerch vergebens damit ab, Handgriffe in den Duschen der Schwimmbäder anbringen zu lassen. Mit welchem Erfolg? Schon damals bemühte sich der Stadtseniorenrat um einen Sitz im Spitalausschuss. Mit welchem Erfolg? Es ist mehr als frustrierend, wenn gewählte Seniorenvertreter ein ums andere Jahr immer und immer wieder ohne Erfolg auf der Stelle treten müssen.
Mein Vorschlag: Es müsste reichen, wenn ein Seniorenbeauftragter die 20 000 Senioren der Stadt Konstanz vertreten würde. Das geht und funktioniert ja auch bei den Flüchtlingen und Behinderten. Es gibt einen Flüchtlingsbeauftragten und einen Behindertenbeauftragten, warum nicht auch einen Seniorenbeauftragten? Das Geld, das die Wahl der Seniorenvertreter verschlingt, und der jährliche Zuschuss, der in den Stadtseniorenrat fließt, könnte die Stadtverwaltung nutzbringender in den Kita-Ausbau stecken. Hier fehlen Plätze, und das Geld wäre sinnvoll eingesetzt, denn den Kindern gehört die Zukunft und in die sollten wir investieren.
Edith Furchner
Umsteuern in der SeniorInnenpolitik ist überfällig
Die Linke Liste Konstanz (LLK) bedauert den Rücktritt von Dorothée Schmidt vom Amt der Vorsitzenden des Konstanzer Seniorenrats außerordentlich. Wir haben Frau Schmidt bei vielen Gelegenheiten als engagierte und kämpferische Streiterin für die Interessen älterer Menschen in der Stadt kennengelernt, ihre Sachkenntnis hat uns nicht selten bei unserer Meinungsbildung geholfen.
Dieser Abschied ist aber vor allem ein Weckruf für die Führungsspitze der Stadt. Völlig zu Recht hat Dorothée Schmidt in ihrem Brief an den Oberbürgermeister und die Dezernenten darauf hingewiesen, dass man im Rathaus den Seniorenrat, der ein Viertel der Konstanzer Einwohnerschaft vertritt, seit Jahren nicht angemessen bei kommunalpolitischen Entscheidungen einbindet.
Eines der gravierendsten Negativbeispiele: Seit mehr als vier Jahren bemüht sich der Stadtseniorenrat vergeblich um ein Mitspracherecht in verschiedenen Ausschüssen, wenn es dort um die Belange älterer Menschen geht – ein berechtigtes Anliegen, für das sich auch die Linke Liste immer wieder stark gemacht hat. Im Spitalausschuss und einigen weiteren Ausschüssen sollen sich die VertreterInnen des Stadtseniorenrats zwar künftig beteiligen können, in welcher Form und ab wann ist aber immer noch ungewiss. Ein weiteres Beispiel: mehrfach hatten wir uns dafür stark gemacht, dass die SeniorenvertreterInnen städtische Hilfestellung für ihre Website erhalten, die seit mehreren Monaten nicht funktioniert und deren Verlinkung unlängst von der städtischen Webpräsenz genommen wurde. Auch das verweigerte die Verwaltung zuletzt im Sozialausschuss. Guter Wille und Respekt vor dem gewählten Gremium sehen anders aus.
Für uns ist das Agieren der Stadtspitze in Seniorenfragen ein weiterer Beleg für die mangelhafte Beteiligung von BürgerInnen an kommunalen Prozessen und Entscheidungen. Der Rücktritt der engagierten Seniorenrats-Vorsitzenden sollte ein Signal für den Oberbürgermeister und den Gemeinderat sein: Konstanz muss in der SeniorInnenpolitik umsteuern.
Wir wünschen Dorothée Schmidt alles Gute für die Zukunft und uns, dass ihre Stimme auch künftig in Sachen SeniorInnenpolitik zu hören sein wird.
Anke Schwede, Holger Reile, Linke Liste Konstanz (LLK)