Städtisches Maiengeflüster
Seit vorgestern ist klar: Im Zuge der Koalitionsverhandlungen mit der CDU hat sich bei den Grünen eine neue Kleiderordnung durchgesetzt. Nese Erikli übte sich schon mal als mutige Trendsetterin beim Ausflug in bislang fremde Kulturen. Christoph Nix hingegen hat zur Zeit weniger Freude, denn die Töne aus dem Rathaus werden schärfer. Da brennt wohl bald der Kittel. Und: Für immer noch trauernde Qlt-Fans könnte der triste Alltag („So lonely …“) bald wieder sehr viel freundlicher werden.
Vergangenen Sonntag hatte das Steigenberger Inselhotel zum „Ersten politisch-satirischen Weißwurstfrühstück“ geladen. Ein hoher Anspruch, der aber im gereichten Senftopf versank. Die etwa dreistündige Zusammenkunft zog sich quälend in die Länge. Die Kapelle, (wirklich gute MusikerInnen), mühte sich nach Kräften, passte ihr Repertoire dem Anlass an, aber Stimmung wollte keine aufkommen. Die Aufforderung, bei „Es gibt kein Bier auf Hawai“ in wohlige Schunkelei zu verfallen, wollte ebenfalls nicht fruchten. Das – nennen wir es wohlwollend kabarettistische Programm – bestand aus abgestandenen Kalauern, garniert mit den üblichen Schlüpfrigkeiten aus dem Leistenbereich. Dabei böte die Konstanzer Kommunalpolitik diverse Vorlagen für politische Spötterei auf höherem Niveau. Passabel hingegen waren die Weißwürste, deren Enthäutung allerdings einem Großteil der Gäste gründlich misslang und eher einem barbarischen Gemetzel glich. Absolut grandios mal wieder der Auftritt der grünen Landtagsabgeordneten Nese Erikli. Sie war die einzige, die ein Dirndl zur Schau trug und damit bei ihrem löblichen Bemühen, der deutschen Leidkultur Rechnung zu tragen, erneut ein gewaltiges Stück vorangekommen ist.
Brandgeruch um das Konstanzer Stadttheater und seinen Intendanten Christoph Nix. Dass der Theaterimpressario und politische Kopf vor allem mit der Verwaltungsspitze, und sie mit ihm, eher auf Kriegsfuß steht, ist allgemein bekannt. Auch Nix` Engagement für die Bürgerinitiative „Rettet das Scala“ stieß bei der Rathausspitze auf wenig Begeisterung und könnte am Ende dazu führen, dass die brodelnde Suppe überkocht. Nix habe mit seinem Einsatz für das Scala zur „Aufwiegelung“ beigetragen, war unter anderem zu hören.
Zudem ist da noch eine fette Rechnung aus dem letzten Jahr offen. In der von Nix herausgegebenen Theaterzeitung „Trojaner“ wurde das bürgermeisterliche Rathaustrio sinngemäß der kulturellen Ignoranz geziehen. Das haben die nicht vergessen. Vorwürfe dieser und ähnlicher Art hat Nix in den vergangenen Wochen bei Interviews mit überregionalen Print- und Hörfunkredaktionen mehrmals wiederholt, teils auch mit unberechtigten und überzogenen Attacken. Man darf und muss sogar von einem Theaterintendanten erwarten, dass er sich in kulturpolitische Angelegenheiten der Stadt einmischt. Doch Nix sollte es nicht unnötig auf die Spitze treiben, denn sein bisheriger Rückhalt nicht nur bei den kommunalpolitischen Entscheidungsträgern bröckelt. Ob da noch ein Moderator zwischen den längst verhärteten Fronten etwas bewegen könnte, bevor es zu einem finalen Crash kommt, der sicher keinerlei Nutzen hat?
Totgesagte leben länger und springen bisweilen wieder unverhofft aus der Kiste. Das trifft wohl auch auf das unlängst dahingeschiedene Kulturblatt „Qlt“ zu, wenn man einem aktuellen Bericht der Kreuzlinger Zeitung Glauben schenken darf. Dort war zu lesen, dass bereits die „Marke Qlt-Media“ ins Handelsregister eingetragen worden sei. Als Geschäftsführerin fungiere die Konstanzer Firma m3 support, die ihr Geld mit Messen und Marketing verdient. Mit im neuen Boot, so die Kreuzlinger Zeitung weiter, säße auch Rolf Grywaczewski, Geschäftsführer der Firma Rheingold, die – kommt es tatsächlich zur Wiederbelebung von Qlt – für Layout und Themen zuständig ist. Schon im Mai dürfe mit der ersten Ausgabe gerechnet werden.
Ob und wie dabei der ehemalige Qlt-Herausgeber Toni Rössler noch eine Rolle spielt, ist unklar. Sollte die Reinkarnierung Früchte tragen, hoffen nicht wenige, dass auch die beliebte Rubrik „Lonely hearts“ – eine Art Vermittlungsbörse für den Austausch von Körperflüssigkeiten und meist amüsant kommentiert vom „Setzer“ – ebenfalls wieder aufblüht. Da drücken wir doch lüstern die Daumen.
Bescheidenheit wird allgemein als Tugend bezeichnet. Jene aber scheint der Stadt Konstanz abhanden gekommen zu sein, sie hat es eher mit Blendgranaten. Drei Beispiele: In einer Presseerklärung konnte man lesen, Konstanz sei eine „Fahrradstadt“. Die Situation für Pedalisten hat sich zwar verbessert, aber da ist noch gehörig viel Luft nach oben. Bleiben wir doch auf dem Teppich: Die Auszeichnung Fahrradstadt muss sich Konstanz erst noch erarbeiten.
Ähnlich verhält es sich bei der beabsichtigten Sanierung der Marktstätte, die zum „Festsaal“ werden soll. Wohl weniger für die Einheimischen, eher schon für Touristen und sich mehr und mehr ausbreitende Filialisten. Und ob die Kalkulation für den neuen Bodenbelag, der mehrere Millionen Euro kosten wird, eingehalten werden kann, das wollen wir doch erstmal abwarten.
Die dritte Nebelkerze taucht den Katamaran in milchigen Dunst. Kürzlich wurde triumphierend mitgeteilt, die Geschäfte liefen prima und in zwei Jahren würde die Verbindung zwischen Konstanz und Friedrichshafen sogar Gewinne einfahren. Dürfen wir hier im Gegenzug daran erinnern, dass mit den Katamaranen, die gerne im Hafen bleiben, wenn sich ein Wellchen kräuselt, die vergangenen Jahre Millionen Euro im Bodensee versenkt wurden? Ahoi.
H. Reile