Steiners Erben wollen weiter wachsen

Seemoz-WaldorfschuleDer Verein zur Förderung der Waldorfpädagogik Konstanz e.V. sucht ein Baugrundstück, auf dem er seine Schule erweitern kann. Dementsprechende detaillierte Pläne über die Finanzierung und den Flächenbedarf wurden mittlerweile an alle Gemeinderatsfraktionen verteilt, verbunden mit der Bitte um „Rat und politische Unterstützung“.

Die vor drei Jahren gegründete Waldorfschule habe sich, so eine Mitteilung des Fördervereins, „bisher sehr erfolgreich bis zur vierten Schulklasse entwickelt“. Man könne aktuell 19 Neuanmeldungen für 2015/16 verzeichnen, so dass mit dem ersten Abiturgang für 2024/25 gerechnet wird. Aber in der zur Zeit genutzten Immobilie in der Robert-Bosch-Straße sei ein weiterer räumlicher Ausbau „noch für maximal drei Schuljahre möglich“. Im April wurde die Freie Waldorfschule Konstanz als vollwertiges Mitglied in den Bund der Freien Waldorfschulen aufgenommen.

Seit dem neuen Schuljahr erhält die Schule, nach nun dreijähriger Probe- und Bewährungszeit, die nötigen Landeszuschüsse. Somit gilt ihre Finanzierung als weitgehend gesichert. „Aber die wachsende Zahl von Erstklassanmeldungen“, so ist in dem Schreiben weiter zu lesen, erfordere jetzt einen neuen Standort für eine einzügig ausgebaute Schule, da die angemietete Immobilie an der Robert-Bosch-Straße aus allen Nähten platze.

Für ihren geplanten Neubau suchen die Waldorfianer in Konstanz ein Grundstück mit einer Fläche von mindestens 4000 Quadratmeter für eine Minimalvariante. Für eine Basisvariante mit eigener Halle bräuchten sie rund 6000 Quadratmeter. Viel Holz in einer Stadt, die vor allem eines kaum mehr hat: Freie Flächen. So nimmt es auch nicht wunder, dass man den politischen Entscheidungsträgern, sollten sie dennoch ein passendes Grundstück auftreiben können, schon mal ein wenig Zucker ins Gesicht bläst. Die Waldorfschule sei selbstverständlich in der Lage, so die deutlichen Flötentöne, „multikulturelle Menschengruppen zu erreichen“ und stelle sich „den besonderen Herausforderungen der Flüchtlingsintegration“. Was damit genau gemeint ist, wird nicht weiter ausgeführt.

Im Herbst 2013 beschäftigte der Waldorf-Verein schon mal die hiesige Politik. In einer ersten Fuhre hatte der Konstanzer Gemeinderat für den Ausbau des Waldorfkindergartens satte 287 200 Euro genehmigt. Vor zwei Jahren dann gab es, abgenickt von einer großen Ratsmehrheit, zusätzliche 122 700 Euro, weil den Waldis während der Bauphase – teilweise selbst verschuldet – die Kosten gewaltig aus dem Ruder gelaufen waren. Doch vor allem mit der Unterstützung der FGL-Fraktion, deren Klientel den Anthroposophen naturgemäß sehr nahe steht, war die nachweisbare Misswirtschaft plötzlich kein Thema mehr und man kehrte die Angelegenheit hurtig und stillschweigend unter den Tisch.

Die anthroposophische Bewegung, deren Gründer Rudolf Steiner (1861–1925) auch die Waldorfpädagogik zum Bildungsschlager für den esoterisch-angehauchten Mittelstand gemacht hat, steht schon lange in der Kritik. Von einem verquasten und elitären Spiritistenzirkel, der eurythmisch Richtung Atlantis tänzelt, ist sinngemäß oft die Rede und auch davon, dass Übervater Steiner nachweislich ein Rassist und Antisemit war. Doch das streitet seine zahlreiche Fangemeinde in der Regel ab und verweist die Vorwürfe meist in den Bereich der üblen Nachrede und Verleumdung.

Auf seemoz ist vor zwei Jahren darüber eine teils heftige Debatte entstanden. Die dazugehörigen Berichte und Kommentare sind unter diesem Text als Links abrufbar.

H. Reile

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