Stolperstein-Schicksale, Teil zwei

Für die am 14. Juli geplante Verlegung von „Stolpersteinen“ in Konstanz sind auch diese beiden Nazi-Opfer ausersehen. Im zweiten Teil unserer Serie über Opfer-Biografien, rechierchiert von Uwe Brügmann, berichten wir über Rupert Renner und Jakob Stoll, beide waren überzeugte Gegner des Nazi-Systems.

Rupert Renner (2. 6. 1884 – 29. 9. 1970)

Wohnadresse zum Zeitpunkt der Verhaftung: Konstanz, Konradigasse 4. Rupert Renner wurde am 2.6. in Dettingen geboren. Sein Vater Matthias Renner war Landwirt. Außer der Volksschule hat Renner keine Ausbildung gemacht; er verdiente seinen Unterhalt als Hilfsarbeiter. Von 1905 bis 1908 war er beim Militär und von 1914 bis 1919 Soldat.

1919 heiratete er Paula Höck. 1920 trat Renner in die KPD ein. Das Ehepaar Renner hatte drei Kinder. Seine Frau Paula verübte 1941 Selbstmord. 1946 heiratete Renner ein zweites Mal, Rosa, geb. Frick; sie verstarb wenige Tage nach ihm am 22. Oktober 1970.

Renner war überzeugter Kommunist. 1933 wurde er das erste Mal und wegen „Vorbereitung zum Hochverrat“ angeklagt. Nach Verbüßung einer mehrjährigen Haftstrafe in den Zuchthäusern Ludwigsburg und Ulm engagierte sich Renner 1940 für die verbotene Rote Hilfe der KPD und wurde prompt wieder verhaftet. Nach Verbüßung der Haftstrafe von 20 Monaten wurde er ohne weiteres Gerichtsurteil 1942 in das KZ Dachau eingeliefert.

In Dachau wurde er, wie viele andere Häftlinge auch, gezwungen, Blindgänger zu entschärfen. Seine Häftlingsnummer war 29309. Mit der Befreiung aus Dachau am 29. April 1945 durch die Amerikaner hatte der Leidensweg von Rupert Renner ein Ende. Rupert Renner war 7 Jahre, 7 Monate und 28 Tage in Haft.

Nach dem Krieg war Renner zunächst in der Landwirtschaft beschäftigt. Im Oktober 1945 fand er als Heizer beim städtischen Gaswerk eine Anstellung. Rupert Renner starb am 29. September 1970 in Konstanz.


Stoll, Jakob (21. 6.  – 23. 6. 1960)

Wohnadresse zum Zeitpunkt der Verhaftung: Konstanz, Fürstenbergstraße 127. Jakob Stoll wurde am 21. Juni 1899 im Thurgau geboren. Er besuchte von 1906 bis 1914 die Volksschule und arbeite von 1914 bis 1917 in der Stickerei Feldmühle in Rorschach. Hier erlernte er den Beruf des Stickers. Von 1917 bis 1919 diente er in der deutschen Armee. Von 1919 bis 1924 war er Lokomotivheizer. war er in erster Ehe mit Marie, geborene Stadelhofer, in zweiter Ehe mit Marta, geb. Sauter (gestorben am 31. 10. 1965) verheiratet.

Die weiteren Stationen seines Arbeitslebens waren: 1930 – 1933 die Textilfabrik Stromeyer und die Stickerei in Arbon; hier wurde er nach einem Streik am 30.1.1933 entlassen. Bei den Gemeinderatswahlen am 16. November 1930 wurde er für die KPD  mit 130 von  abgegebenen Stimmen in den Gemeinderat von Wollmatingen gewählt. Bis zu seiner Verhaftung wohnte das Ehepaar Stoll in Wollmatingen, Am 3. März 1933 wurde Stoll wegen illegaler Betätigung für die verbotene KPD verhaftet und in Schutzhaft genommen. Am 5. Mai 1933 wurde in das KZ Ankenbuck (zwischen Donaueschingen und Bad Dürrheim gelegen) eingeliefert. Im Februar 1934 wurde er wieder entlassen.

Im August  wurde er erneut verhaftet; wegen Verunglimpfung der Regierung wurde er vom Sondergericht Mannheim zu 9 Monaten verurteilt. Stoll soll sich in einer Gastwirtschaft beleidigend über den Schießsport der SA geäußert haben. Bei einem Arbeitseinsatz im deutsch-schweizerischen Grenzgebiet gelang ihm 1937 die Flucht. Sein Fluchtweg führte ihn über die Schweiz und Frankreich nach Spanien.

In Spanien schloss er sich dem Bataillon Thälmann an, das aus 1500 Deutschen, Österreichern und Schweizern bestand. Kommandant des Bataillons war der Schriftsteller Ludwig Renn. Dank seinem „großen und militärischen Fähigkeiten“ wurde Stoll in der 11. Brigade, in der er Soldat war, zum Sergeanten (Unteroffizier) befördert. Stoll besuchte eine Politkommissarschule und wurde als „guter und zuverlässiger und der Partei treu ergebener Genosse“ beschrieben.

1938 wurde Stoll in die Kommunistische Partei Spaniens überführt. Nach dem Fall von Barcelona am 26. Januar 1939 floh Stoll nach Frankreich und wurde wie alle geflüchteten republikanischen Soldaten interniert. Vom 9. Februar 1939 bis zum 29. April 1941 wurde Stoll in den Lagern Archeles, Gurs und Vernet festgehalten. Nach der Niederlage Frankreichs gegen Deutschland im Juni 1940 wurde Stoll von den Franzosen an die Deutschen ausgeliefert und am 1. Mai 1941 nach Karlsruhe überführt.

Nach viermonatiger Untersuchungshaft wurde er in das KZ Dachau eingeliefert. Von Dachau wurde er 1943 nach Friedrichshafen versetzt, im Mai 1944 nach Raderach (Oberschwaben), und im August 1944 in das KZ Dora bei Nordhausen. Während des Transports nach Mauthausen gelang ihm im April 1944 die Flucht. Von den Amerikanern wurde er in ein Sanatorium in Halberstadt eingeliefert und im August 1945 nach Konstanz entlassen.

Jakob Stoll war 7 Jahre, 7 Monate und 23 Tage inhaftiert. Nach dem Krieg betrieb das Ehepaar Stoll das Restaurant und Cafe Fürstenberg, gegenüber der Cherisy-Kaserne. Vom 1. 4. 1946 bis zum 30. 6. 1949 war Stoll Geschäftsführer der Betreuungsstelle der Nazi-Opfer in Konstanz bei der Stadt Konstanz. Jakob Stoll verstarb am 23. März 1960 in Konstanz.

Bild: Jakob Stoll

Autor: Uwe Brügmann