Streit um Infostände geht in die nächste Runde
Gemeinhin ist die Bürgerfragestunde einer jeden Gemeinderats-Sitzung keine aufregende Veranstaltung: Stets um 18 Uhr bekommen BürgerInnen 30 Minuten Zeit, Fragen zu stellen oder Anliegen vorzubringen – selten genutzt und häufig nur von speziellem Interesse. Letzten Donnerstag war das anders: Da traten Vertreter unterschiedlicher Initiativen in die Bütt und beklagten sich über Einschränkungen ihrer Informationsrechte durch die Stadtverwaltung.
Seit dem Frühjahr fühlen sich solche Initiativen behindert, wenn es darum geht, mit Infoständen im öffentlichen Raum zu informieren (seemoz berichtete). Kurz gesagt kritisieren sie, dass ihnen die freie Ortswahl genommen worden sei, dass die Preise für die Anmeldung solcher Stände empfindlich erhöht sowie die Anzahl der Auftritte und die Themenwahl eingeschränkt worden sei. Außerdem wird bemängelt, dass dieses Thema von der Tagesordnung eben dieser Sitzung verbannt worden war.
Als erster meldete sich Dietmar Messmer vom ungemein rührigen Konstanzer „Bündnis gegen TTIP, CETA und TISA“ zu Wort und fuhr schweres Geschütz auf. Er sah in den Behinderungen durch die Stadtverwaltung das Grundgesetz, Art 5, Absatz 1 betroffen und zitierte: „Jeder hat das Recht, seine Meinung in Wort, Schrift und Bild frei zu äußern und zu verbreiten und sich aus allgemein zugänglichen Quellen ungehindert zu unterrichten. …“. Er forderte den OB auf, die neuen Regeln zurück zu nehmen und zum alten Verfahren zurück zu kehren.
Auch Karl Ulrich Schaible vom BUND nahm OB Burchardt beim Wort, als er aus der Broschüre „Zukunftsstadt“ eine OB-Aussage zitierte „Wir sind eine experimentierfreudige, eine experimentierbereite Stadt. Wir können uns glücklicherweise auch leisten zu experimentieren.“ Er forderte, dem Beispiel anderer Städte im Landkreis zu folgen und auf derartige Gebühren gänzlich zu verzichten.
In die gleiche Kerbe hieb Andrea Didra vom Bündnis gegen TTIP, als sie feststellte, das Geld fehle den Ehrenamtlichen bei ihrer für die Öffentlichkeit so wichtigen Arbeit. Pro einmaligem Stand 50 Euro zu kassieren, sei enorm viel Geld und schränke die Informationsfreiheit ein. Auch Nathalie Neubauer von Greenpeace hob auf die Gebührenerhöhung ab und fragte nach, ob bis zu der Entscheidung im Herbst die alte Regelung nicht beibehalten werden könne. 50 Euro pro Stand mache die ehrenamtliche Arbeit von Greenpeace geradezu unmöglich.
Fruchtlose Diskussion
Dieser geballte Auftritt von derart namhaften Initiativen verfehlte seinen Eindruck nicht. In der Sitzungspause suchte Uli Burchardt dann das Gespräch mit den Protestierern, ohne aber nennenswerte Zugeständnisse zu machen. Wie einige Gesprächsteilnehmer hinterher berichteten, gab es zunächst einige Verwirrung um Satzungsfragen und um die Beschlusslage des Gemeinderats. Überdies sei „die komplizierte Kostenfrage“ (Uli Burchardt) noch ungeklärt und auch der Grund für die Absetzung dieses Punktes von der Tagesordnung.
Trotz aller Verwirrung, was nun in welcher Satzung stehe und wer nun für die Änderung der Tagesordnung verantwortlich sei, war man sich schließlich einig, in der ersten Sitzung nach der Sommerpause das Problem endgültig zu klären. Wie seemoz weiterhin erfuhr, plant die SPD-Fraktion, den Oberbürgermeister schriftlich aufzufordern, bis zur Klärung im Herbst die alten Regeln wieder in Kraft zu setzen. Eine Forderung übrigens, die von der Linken Liste Konstanz (LLK) bereits vor Wochen erhoben wurde.
Und um diese Satzung geht es offensichtlich. Wir zitieren in Auszügen:
„III/12 Satzung über Erlaubnisse und Gebühren für Sondernutzungen an öffentlichen Straßen“:
(…) § 4 Gebührenpflicht
(1) Für Sondernutzungen an den in § 1 genannten Straßen werden Gebühren nach Maßgabe dieser Satzung und des Gebührenverzeichnisses (Anlage) erhoben. Dies gilt auch, wenn die Erlaubnis nach anderen gesetzlichen Vorschriften erteilt wird (vgl. § 2 Abs. 2).
(2) Von der Erhebung einer Gebühr wird abgesehen, wenn die Sondernutzung überwiegend im öffentlichen Interesse liegt, ferner, wenn sie ausschließlich gemeinnützigen oder sonstigen allgemein förderungswürdigen Zwecken dient.
(3) Keine Gebühren werden erhoben, wenn sich die Straßenbenutzung gem. § 8 Abs. 10 FStrG oder § 23 StrG nach bürgerlichem Recht richtet.
(4) Die Erhebung einer Verwaltungsgebühr für die Erteilung der Sondernutzungserlaubnis nach Nr. 9 der Anlage zu § 4 der Verwaltungsgebührenordnung bleibt unberührt (Ortsrecht l, 5).
(5) Soweit im Gebührenverzeichnis keine besonderen Gebühren oder Gebührentatbestände enthalten sind, werden diese in Anlehnung an vergleichbare Tatbestände und im Rahmen des für „Sonstige Sondernutzungen“ zulässigen Höchstbetrages erhoben.
§ 5
(1) Innerhalb des Gebührenrahmens bemisst sich die Gebühr nach der Verkehrsbedeutung der Straße, nach Art und Maß der Nutzung, und nach dem wirtschaftlichen Interesse des Antragstellers (vgl. § 2) Abs. 2 StrG). (…)
(3) Der für den Antragsteller günstigste Gebührenrahmen ist anzuwenden. Beträge unter 1,02 Euro werden nicht erhoben.
Quelle: http://www.konstanz.de/rathaus/ortsrecht/03649/00039/
Und zu Verwaltungsgebühren siehe § 7 „I/5 Satzung der Stadt Konstanz über die Erhebung von Verwaltungsgebühren“:
http://www.konstanz.de/rathaus/ortsrecht/03647/00011/index.html
red
Mehr zum Thema:
20.07.16 | Behördliche Abzocke oder politische Gängelung?
Zuhören kann man auch beim Podcast der Stadt Konstanz, wo sich OB Burchardt zu dieser Thematik äußert .. Schon (typisch) einseitig die Darstellung hier .. No Offense
Ist der OB schon bei der Gebührenfrage zu Infoständen überfordert, was macht er dann bei wirklich komplizierten Zusammenhängen und Fragestellungen?
Wenn es Gegenwind aus verschiedenen Richtungen gibt, dann wird am besten vertagt!
Vielleicht sollten die Interessenverbände einen Infostand zur möglichen Gebührenfreiheit von Infoständen machen und den OB einladen sich mal zu informieren und um zu lernen zuzuhören.