Studieren in Zeiten von Corona
Während sich Bund und Land den Kopf darüber zerbrechen, wie sich „unserer“ Wirtschaft auf die Sprünge helfen lässt, sieht es im Bildungswesen traditionell mau aus. Die gerade in Coronazeiten wichtige digitale Ausstattung der Universitäten etwa ist weiterhin mangelhaft, und viele Studierende wissen nach dem Wegfall ihrer Nebenjobs finanziell nicht ein noch aus. Deshalb fordert die Verfasste Studierendenschaft Hilfen von Land und Bund, und zwar auch als Direktzuwendung an die Betroffenen.
Die Verfasste Studierendenschaft der Universität Konstanz wendet sich in einer Medienmitteilung an die Öffentlichkeit, um auf die schwierige wirtschaftliche Lage vieler Studierender sowie die mangelhafte Infrastruktur aufmerksam zu machen. Hier der leicht bearbeitete Text:
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Die finanziellen Folgen der Corona Krise treffen auch die Studierenden in Konstanz besonders hart. Ein Großteil hat seine Jobs in den am meisten betroffenen Branchen, wie der Gastronomie, dem Tourismus oder dem Einzelhandel verloren. Bevor ein Festangestellter in Kurzarbeit geschickt wird, werden zunächst die Aushilfen entlassen. Selbst Studierende, die finanzielle Unterstützung ihrer Familien erhalten, sind dadurch mit ihren laufenden Kosten (Miete, Lebenshaltungskosten, Lernmaterialien und dergleichen) vielfach überfordert.
Entsprechend sind die Finanztöpfe für die Sozialberatung des Studierendenwerkes Seezeit ausgeschöpft. Seezeit hat dafür einen Nothilfefond eingerichtet, um Studierende in Not weiter unterstützen zu können, aber auch dieser ist bereits am Anschlag.
Die Studierenden sind jetzt auf die Hilfe von Bund und Land angewiesen. Doch diese ist mehr als enttäuschend: Nach einer eingehenden Prüfung vergibt das Land Baden- Württemberg Darlehen bis zu 900 Euro, vom Staat werden Darlehen von bis zu 650 Euro vergeben. Diese Summe scheint auf den ersten Blick hoch, jedoch wird dabei außer Acht gelassen, dass es sich um einen Kredit handelt und keine Soforthilfe, wie sie die Studierendenvertretungen und die LandesAstenKonferenz (LAK) am 1. April gefordert hatte. Die Frage, die sich die Studierenden nun stellen, ist, wie sie einen Kredit zurückzahlen sollen, wenn sie voraussichtlich die nächsten Jahre noch von Eltern, BAföG oder Minijobs leben.
„Wie kann es sein, dass Unternehmen Einmalzahlungen erhalten, aber Studierende nicht? Studierende sind auch auf Unterstützung angewiesen. Viele haben schon Schulden und keine Aussichten, diese in den nächsten Jahren, vor Abschluss des Studiums begleichen zu können“ schildert Mete Ünal, Referent für Hochschulpolitik, die Lage.
Auch wenn die Studierendenvertretung das Entgegenkommenden der Landesministerin Bauer und Bundesministerin Karliczek begrüßen, so ist die Hilfe durch Darlehen schlichtweg nicht ausreichend. „Wir bekommen regelmäßig Nachrichten von Studierenden in finanzieller Not. Einige müssen sogar in Betracht ziehen, ohne weitere finanzielle Hilfe das Studium abbrechen zu müssen, für viele ist die Situation sehr prekär“, so Helen Schiff, Vorsitzende der Studierendenvertretung.
Aus diesem Grund ist die Studierendenvertretung der Uni Konstanz selbst aktiv geworden: Der AStA (Allgemeiner Studierendenausschuss) hat den Nothilfefond von Seezeit mit aktuell 900 Euro aufgestockt. Es wird bereits diskutiert, diesen mit weiteren Mitteln zu unterstützen.
Doch nicht nur die Finanzierung von Studierenden in Not ist unzureichend, auch die Universität Konstanz hat ihre Sorgen aufgrund der Finanzierungslage. Gerade jetzt in der Coronakrise benötigt die Universität ausreichend Mittel zur Digitalisierung. An der neuen Hochschulfinanzierungsvereinbarung (HSFV II) wurde nicht nachgebessert – auch nicht nach den Protesten im Sommer 2019 und auch jetzt nicht aufgrund des aktuellen Bedarfs durch die Online-Lehre in Coronazeiten. Marode und überfüllte Hörsäle, veraltete Labore, überschwemmte Bibliotheken und ein minimales Budget für die Digitalisierung sind bereits seit Jahren ein untragbares Problem für Studierende, Lehrende und Mitarbeitende.
„Unsere Landesregierung hat bereits früher gezeigt, dass Bildung nicht gerade das Investmentprojekt ihrer Wahl ist“, berichtet Daniel Färber, Präsident des Studierendenparlaments.
Jetzt wird dringend mehr Geld für Digitalisierung und die Fort- und Weiterbildung benötigt. Dozent*innen, Professor*innen und Studierende sind mit der aktuellen Umstellung der Lehre vollkommen überlastet. Dies ist nicht Schuld der Pandemie, sondern Ergebnis der Versäumnisse der letzten Jahre, die nun deutlich zu spüren sind. Überlaufene Online-Präsenzkurse, improvisierte Lehre und mangelnde digitale Ausstattung erschweren das Lernen und Lehren an allen Ecken und Enden. Die Studierenden und ihre Universität sind ein großer Verlierer dieser Krise, jetzt ist es an der Politik dies anzuerkennen und entsprechend zu reagieren.
MM/red (Foto: seemoz)
Lieber Herr Pschorr,
vielen Dank für Ihre Entschuldigung, und schön, dass wir das Mißverständnis aufklären konnten.
Aus meiner Sicht wäre es am einfachsten, wenn jeder Student und jede Studentin über das zuständige BAFÖG-Amt einen formlosen Antrag stellen könnte und dann die entsprechende Summe – seien es nun 500.- oder 1000.- Euro pro Monat – als zinsloses, nach dem Studium rückzahlbares Darlehen ausgezahlt bekommen könnte. Auf eine Bedürftigkeitsprüfung sollte hierbei verzichtet werden, um den Verwaltungsaufwand gering zu halten. Das Programm sollte befristet sein – z.B. drei bis vier Monate.
Ich gehe davon aus, dass nicht jede theoretisch antragsberechtigte Personen einen solchen Antrag stellen würde, so dass die Summe weit geringer sein dürfte, als theoretisch möglich.
Über die Frage, ob Studenten und Wirtschaftsunternehmen gleich behandelt werden sollte, kann man geteilter Meinung sein. Und ob nun jedes Unternehmen, jeder Wirtschaftszweig, der z.Zt. am lautesten „hier“ schreit, Steuergeld bekommen soll oder muss, darüber gehen die Meinungen auch auseinander. An erster Stelle stehen aus meiner Sicht hier die Bereiche, die man früher der öffentlichen Daseinsvorsorge zugeordnet hat: Gesundheitswesen, Schulen, weite Teile des öffentichen Dienstes, Nahverkehr etc..
Wenn man dort investiert – und auch die Löhne anhebt -, unterstützt man indirekt auch die produzierenden Industrien und die Dienstleiungsbetriebe.
Lieber Herr Krause,
dann habe ich Sie ersichtlich missverstanden, wofür ich mich entschuldigen möchte. Die Darlehenslösung der Bundesregierung ist nunmehr seit mehr als einem Monat in Diskussion und schlägt die von Ihnen benannten Leistungshöhen vor, sodass ich daraus voreilig schloss, Sie meinen ebendiese Darlehenslösung. Gegen eine Erhöhung des BAFöG beispielsweise wäre auch nichts einzuwenden. Das ist allerdings momentan nicht Stand der Debatte. Auf ebendiese unzureichende Lösung der Regierung bezog sich auch obiger Text. Schön wäre, wenn es zu einer einheitlichen Regelung käme – es wäre jedenfalls irritierend, wenn Wirtschaftsakteuren Hilfen ohne Bedingungen oder Rückzahlungsverpflichtung (vgl. https://www.bmwi.de/Redaktion/DE/Artikel/Wirtschaft/Corona-Virus/unterstuetzungsmassnahmen-faq-04.html sowie https://wm.baden-wuerttemberg.de/de/service/foerderprogramme-und-aufrufe/liste-foerderprogramme/soforthilfe-corona/) gewährt werden und dies für Studierende anders gehandhabt wird.
Gruß
Simon Pschorr
Lieber Herr Pschorr,
mir ist nicht klar, voraus Sie geschlossen haben, dass ich ein von Seiten der Regierung oder einer anderen Institution verteidigt habe.
Ich habe MEINE Meinung vertreten und die ist: Ich bin FÜR EIN ZINSLOSES DARLEHEN, dass NACH dem Studium zurückgezahlt werden sollte.
Und ich bin GEGEN einen ZUSCHUSS, der nicht zurückgezahlt werden mus.
Mehr habe ich nicht geschrieben. Darum frage ich mich, warum Sie mich indirekt „in Haftung“ nehmen, für eine Regelung, die ich nicht vertreten habe. Das ist für mich ein befremdlicher Diskussionstil.
Und ich habe mir erlaubt, darauf hinzuweisen, dasses eine erheblich Summe an Geld bedarf, wenn man jeden Studenten und jeder Studentin in der Bundesrepublik einen Zuschuss gewährt.
NOCHMAL: Ich verteten nicht die Position der „Regierung“ oder des „BAFÖG-Amtes“, sondern meine eigene.
Und bevor Sie mir gleich den nächsten Vorwurf machen: Ich bin auch nicht für ein Autokaufprämie.
Mit freundlichen Grüßen
Peter Krause
Lieber Herr Krause,
Problem an diesem Modell ist zum einen: Die gesamte Fördersumme soll auf 100 Mio. begrenzt werden, was bedeutet, dass nur ein Bruchteil der dt. Studenten überhaupt eine Förderung erhalten wird (https://www.bafoeg-rechner.de/Hintergrund/art-2361-corona-soforthilfe-studenten.php).
Der Kredit soll auch nur bis April zinsfrei sein, danach wird er mit deutlich überhöhten 4,26 % Nominalzins vezinst (https://www.bafoeg-rechner.de/Hintergrund/art-2363-corona-soforthilfe-beschlossen.php). Darüber hinaus ist eine Rückzahlung schon nach 18 Monaten fällig. Für Studienanfänger ist dies DEUTLICH vor dem Eintritt in die Berufstätigkeit – die auch bei AkademikerInnen heute nicht mehr automatisch zu einem auskömmlichen oder überdurchschnittlichen Einkommen führt.
Leider liegen Sie dementsprechend grob neben der tatsächlichen Situation der Studierenden.
Gruß
Simon Pschorr
Laut Statistischen Bundesamt gibt es der Bundesrepublik z.Zt. 2,9 Millionen Studenten und Studentinnen.
Wenn jede dieser Personen 1000.- Euro bekäme, wären dies 2,9 Milliarden Euro. Wenn diese Personen jeweils 500,- Euro bekämen, wären dies 1,45 Milliarden Euro.
Kann man machen, aber nur als Darlehen.
Ich denke, dass eine Darlehensregelung (Zinslos!) vertretbar wäre, da Hochschulabsolventen in der Regel im späteren Berufsleben ein überdurchschnittliches Einkommen haben.