Südkurier-Chefredakteur mag keine Leserreporter
Seit 1.Juni ist Andre Uzulis neuer Chefredakteur beim hiesigen Ortsblatt. Lange hat man gesucht und nun geht das große Zittern los. Denn Uzulis könnte derjenige sein, der die Zeitung grundlegend verändert. Wird der Mantel zukünftig eingekauft und nicht mehr vor Ort produziert? Aber zuerst wird es wohl den Leserreportern an den Kragen gehen.
Wer vor geraumer Zeit das Xing-Profil nach Andre Uzulis durchstöberte, kam aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die Auflistung seiner Hobbys ist beeindruckend: Geschichte, Politik, Fliegen (Pilotenlizenz PPL-A gemäß JAR-FCL) – was immer das heißen mag – dazu Cessna 172, Motorrad, Suzuki V-Strom, Kraftsport, Bergsport, Berchtesgadener Land, Kanufahren, Mountainbiking, Literatur, Theater und Jazz. Ach ja, Major der Reserve ist der Neue auch. Klingt nach Allzweckwaffe für besonders heikle Einsätze. Seit Februar war beim Südkurier der Sessel des Chefredakteurs verwaist, nachdem Thomas Satinsky ziemlich abrupt die Stadt verlassen hatte.
Seit Monaten wird gemunkelt, dem Südkurier drohe ein massiver Umbau. Viele RedakteurInnen fürchten um ihre Arbeitsplätze. Es könnte das passieren, was bereits zu Satinskys Zeiten im Gespräch war und seitdem als Damoklesschwert über dem Medienstandort Konstanz hängt. Wenn der Mantel der Zeitung zukünftig woanders produziert und in Konstanz nur noch gedruckt wird, dann stehen rund 25 RedakteurInnen auf der Abschussliste. Das sind vor allem diejenigen, die für die aktuelle Berichterstattung in den Ressorts Wirtschaft, Sport, Politik und Kultur zuständig sind.
Ebenfalls um ihren Job bangen müssten dann weitere 20 Beschäftigte aus den Sekretariaten und Geschäftsstellen. Auch viele freie JournalistInnen hätten einen Auftraggeber weniger, wenn der sogenannte Verschlankungsprozess tatsächlich umgesetzt wird.
Die Signallampen blinken schon lange beim Südkurier. Die Auflage sinkt und das Anzeigengeschäft bröckelt. Die drohende redaktionelle Auslagerung soll für Satinsky mit ein Grund gewesen sein, dem Blatt den Rücken zu kehren. „Das ist mit mir nicht zu machen“, soll er kurz vor seinem Abgang erklärt haben. Danach stellte sich die Frage: Wer gibt jetzt für den bevorstehenden Kahlschlag seinen Namen her? Für diesen Job braucht es schon ein besonderes Modell und Andre Uzulis scheint ein solches zu sein. Ein altgedienter Redakteur redet Klartext: „Da haben sie nach vier Monaten den richtigen gefunden. Wenn der seinen Schreibtisch bezieht, brechen schwere Zeiten für uns an.“ Spätestens bis Herbst, so der Insider, „werden wir endgültig wissen, wohin die Reise geht.“
Bis dahin wird sich Andre Uzulis warm gelaufen haben. Ein bisschen Eingewöhnung muss ja sein. Möglich, dass er mit lockeren Fingerübungen einsteigt und sich erstmal eine „Berufsgruppe“ vornimmt, die der Südkurier bislang immer stolz vor sich hergeschoben hat. Es geht um die „Leserreporter“, die man gerne herum schickt im Landkreis, um die größten Kartoffeln und die rötesten Erdbeeren zu fotografieren. Honorar für diese ehrenvolle Aufgabe gibt es keines, Leserreporter müssen dem Verlag sogar vertraglich zusichern, dass sie alle Rechte dem Südkurier auf unbestimmte Zeit überlassen. Bei Abdruck ihres Bildes oder ihrer kleinen Textmeldung dürften sie außerdem nicht damit rechnen, namentlich erwähnt zu werden.
Andre „Uzi“ Uzulis gehen solche Mitarbeiter gehörig auf den Keks. Als er vor einigen Jahren, damals war er noch Chefredakteur beim „Nordkurier“, gefragt wurde, worüber er sich in den Medien am meisten geärgert habe, war seine Antwort deutlich: „Über das zunehmende Unwesen der sogenannten Leserreporter. Das Engagement von Lesern in allen Ehren, aber die Aufgabe der Zeitung ist doch wohl eine andere, als Fotos abzudrucken, die in Familienalben gehören. Zur Qualität der Zeitung trägt diese Modeerscheinung nicht bei.“
Autor/In: H. Reile