Südkurier: Der Druck war dann doch zu groß
(hr) Das Schreibverbot für Michael Lünstroth hat einen Sturm der Entrüstung ausgelöst. Viele LeserInnen, darunter einige Prominente, forderten den Südkurier auf, seine Entscheidung unverzüglich zurückzunehmen. In den vergangenen Tagen berichteten auch mehrere überregionale Medien über den Fall, der erst durch die Berichterstattung von seemoz publik wurde. Mittlerweile darf der Kollege wieder unter seinem Namen veröffentlichen. Auch die Kommunikationsabteilungen der hiesigen Hochschulen hatten massiv protestiert. Hier deren Schreiben an Stefan Lutz und Jörg-Peter Rau.
Presse- und Medienfreiheit
Sehr geehrter Herr Lutz sehr geehrter Herr Rau,
von einem Tag auf den anderen ist vor einigen Wochen die Stimme des Lokalredakteurs Michael Lünstroth im Südkurier verstummt. Die Gerüchte über die Gründe für das schlagartıge Verschwinden haben sich in den vergangenen Wochen verdichtet. Die jüngsten Veröffentlichungen auf seemoz.de scheinen zu bestätigen, dass es mehr als ein Gerücht ist, dass Herr Lünstroth auf den „Tischdienst“ verwiesen wurde, nachdem er kritisch, manchen demnach zu kritisch, über die Stadtverwaltung und -spitze berichtet hatte.
Wir, die Kommunikationsabteilungen der Universität Konstanz und der Hochschule Konstanz – Technik, Wirtschaft und Gestaltung (HTWG). sind darüber konsterniert. Wir haben als Hochschulen ein großes Interesse an einer unabhängigen, freien Presse auch in Konstanz. Sollten wirtschaftliche Aspekte bzw. Verlagsinteressen oder politischer Druck von außen tatsachlich redaktionelle Inhalte beeinflussen, erfüllt uns das mit sehr großer Sorge.
Wir sind uns sicher: Nur eine unvoreingenommene, kritische Berichterstattung wird von den Leserinnen und Lesern als glaubwürdig erachtet. Eine Berichterstattung über unsere Hochschulen in einem Medium, das die Themenauswahl und -gewichtung nach den Interessen seiner Kunden ausrichtet und vor die Interessen seiner Leser stellt, verliert an Gewicht. Wie ernst werden die Leserinnen und Leser dann noch eine kritische oder würdigende Berichterstattung über die Hochschulen nehmen?
Wir schätzen uns glücklich, in einem Land zu leben, in dem Pressefreiheit im Grundgesetz verankert ist. Wir fordern das Südkurier Medienhaus auf, dieses hohe Gut zu respektieren.
Sollte es sich bei diesen Entwicklungen und Berichterstattungen nur um Gerüchte handeln, würde uns dies natürlich sehr freuen – noch vielmehr würden wir uns über eine (öffentliche) Erklärung zu diesem Thema freuen.
Mit freundlichen Grüßen
Julia Wandt
Leitung Kommunikation und Marketing
Pressesprecherin
Universität Konstanz
Dr. Maria Schorpp
Stellvertretende Leitung Kommunikation und Marketing
Universität Konstanz
Dr. Adrian Ciupuliga
Sprecher Abteilung Kommunikation HTWG
Anja Wischer
Pressereferentin HTWG
Wir unterstützen dieses Schreiben unserer Kommunikationsabteilungen
Rektor Rüdiger und Präsident Manz
Klasse Aktion der Uni und der HTWG. Hut ab und vielen Dank
Gut dass es Menschen gibt, die Charakter haben. Unsere Gesellschaft braucht solche Stützen.
„Es wird Zeit, dass sich was dreht“. Endlich werden einmal klare Zeichen gesetzt, dies sollte jetzt nur noch da ankommen, wo es dringend, sehr dringend notwendig wäre – der „politische Druck von außen“ ist schließlich keine Neuigkeit. Dass unser aller Oberhaupt keinerlei Kritik, Widerspruch, Widerstand dulded, bekommt auch Herr Nix aufgrund seines leidenschaftlichen Einsatzes für den Erhalt des Scala wieder einmal zu spüren. Wann ist denn der mehrheitlich überaus stadtverwaltungsfreundliche Gemeinderat verpflichtet, seine Kontrollfunktion über SV und OB auszuüben?
Super, einfach klasse, Hut ab, HTWG und Uni, vielen Dank.
Tja, dann stehen zwei Herren aber jetzt mit ziemlich abgesägten Hosen da. Okay, heute ist zwar Casual Friday – vor allem bei dem Wette r -, aber so kurz sollten die Hosen dann wohl doch nicht sein. Glücklicherweise sind wir nicht in China, denn was dort passiert, wenn jemand sein Gesicht verliert, dürfte bekannt sein…
Bravo! Wenn jetzt noch ein ähnliches Schreiben an die Stadtspitze käme, die auffordert den hier im Text erwähnten „politischen Druck von außen“ zu unterlassen, wäre das sehr begrüßenswert.