Südkurier-Forum zur Wahl: Langweilig
Dass die schon traditionelle Kandidaten-Befragung im Konstanzer Konzil dieses Mal so fad war, lag nicht an den KandidatInnen – die gaben sich redlich Mühe, kontrovers zu erscheinen. Es lag am Veranstalter, der aus der Show eine Werbe-Veranstaltung in eigener Sache machte. Das ging so weit, dass man Material politischer Gruppen – und das waren keine Parteien – im Saal untersagte. Chefredakteur Lutz, öffentlich auf diese Ächtung angesprochen, wusste auch darauf keine Antwort.
Überall Werbegeschenke (Gummibärchen, Kugelschreiber, Schreibblocks), immerzu ein Banner der Heimatzeitung im Bild, allzeit der Hinweis auf die geniale Wahl-Berichterstattung und in jedem dritten Satz der Name „Südkurier“. Fast mochte man glauben, die Zeitungsmacher stünden zur Wahl. Aber in Zeiten des „Marketing-Journalismus“ scheint auch so etwas erlaubt.
Da rückte der wahre Aufreger in den Hintergrund: AfD-Kandidat Cay Amey fehlte zum wiederholten Male einer Fußverletzung wegen – die grüne Kandidatin Nese Erikli hingegen humpelte mit Krücken auf die Bühne. Auch der Ersatzkandidat fehlte ohne Erklärung – die ganze Aufregung im Vorfeld über die Teilnahme dieser alten Männer war also unnötig.
Ansonsten hatten die Organisatoren mit vielen Anleihen beim Fernsehen eine seichte Show inszeniert: Mit groß eingeblendeter Stoppuhr und ebensolchen Kernfragen, mit einem Hiwi am Laptop, der aber nie zum versprochenen Faktencheck kam, und zwei smarten Moderatoren, wobei Jörg-Peter Rau den angriffslustigen Part übernommen hatte.
Reichlich Altbekanntes
Und dann kamen endlich die KandidatInnen zu Wort. Nese Erikli (Grüne), Peter Friedrich (SPD), Fabio Crivellari (CDU), Jürgen Keck (FDP) und Simon Pschorr (Die Linke) bekamen jeweils kurze Fragen serviert und antworteten Altbekanntes, eine strittige Diskussion konnte so nie aufkommen: Zum Stichwort „Innere Sicherheit“ verhakten sich die Diskutanten an der Polizeireform, die von den Regierungsvertretern Friedrich und Erikli – natürlich – gelobt, von den Oppositionsvertretern Keck und Crivellari – natürlich – gegeißelt wurde. Allein Linken-Kandidat Pschorr fiel etwas Originelles ein, als er forderte, die Bundesliga-Vereine an den Kosten des wöchentlichen Polizeieinsatzes zu beteiligen: „Wer soviel verdient, soll auch zur Kasse gebeten werden.“
Ähnliche Weichenstellung beim Thema Gemeinschaftsschule: Friedrich und Erikli lobten ihre Stuttgarter Kollegen für die Schulreform, während Crivellari und Keck weitere Reformen an der Reform anmahnten, aber nicht sagten, worin die bestehen sollten; Friedrich erwies sich als G8-Fan und Erikli bekannte sich zum „Zwei-Säulen-Konzept“ der Schulpolitik, vergaß darüber aber, dass die Schullandschaft hierzulande aus mehr als nur zwei Schularten besteht, was Pschorr wiederum dazu nutzte, „einen Schultyp für alle“ zu fordern. Auch in der Verkehrspolitik nur altbekannte Positionen: Dass die Bahn den Schienenausbau bei der Gäubahn wie den Ausbau des Konstanzer Bahnhofs vernachlässige, habe überhaupt nichts mit S21 zu tun (Friedrich) und dass die Grünen für ein Tempolimit auf Autobahnen sind, weiß man nicht erst seit Erikli („wir verstehen Mobilität eben anders“).
Kaum Kontroverses
Auch die Fragen aus dem Publikum sorgten nicht für Pfeffer in der Runde. Kritisches zum ‚Freihandelspakt‘ TTIP bügelte Minister Friedrich ab, indem er versicherte, die nationalen Parlamente würden sicherlich in die Entscheidung einbezogen; Crivellari lobte wenigstens die Kritiker, die mit ihrem Protest für mehr Offenheit gesorgt hätten. Zur Hochschulpolitik fiel Erikli nur Lob für ihre Parteifreundin, Kultusministerin Bauer, ein und Friedrich betonte, die Entfristung von gut 100 Stellen im Unibetrieb sei allein seiner Regierung zu danken. Dass SPD und Grüne in Berlin eine Gesetzes-Initiative zur Beendigung befristeteter Arbeitsverträge verhinderten, blieb dann Pschorr zu erwähnen übrig. Und schließlich die Bagatellgrenze für die grünen Einfuhrscheine: Populistisch wäre diese Lieblingsidee von Peter Friedrich, schimpfte Crivellari, eine elektronische Arbeitsvereinfachung könnte alle Probleme lösen.
Nach zweieinhalb Stunden waren die gut 400 Zuschauer, der Saal war längst nicht gefüllt, wohl auch nicht klüger – eine Wahlhilfe, wie Stefan Lutz in seinem Schlusswort hoffte, war diese Veranstaltung jedenfalls nicht. Eher ein Schaulaufen – weniger für die KandidatInnen als für das Heimatblatt.
hpk
Also der Straßenverkehr ist für ca 12% der CO² verantwortlich.
Damit würde bei einem Tempolimit der Anteil auf 0,3 Prozentpunkte sinken, wenn 120km/h als Tempolimit gelten würde.
Staus vermeiden, Auto die weniger Verbrauchen und alternative Antriebe, da sollte man eher ansetzten.
Die Zahl der Unfälle nimmt mit dem Tempo tatsächlich ab. Doch 60 Prozent aller tödlichen Unfälle passieren auf Landstraße, auf denen bereits ein Tempolimit gilt. Dagegen rollen 31,6 Prozent des Verkehrs über die Autobahnen. Dort aber werden nur zwölf Prozent aller Verkehrstoten und 7,5 Prozent aller Verletzten gezählt. Zudem kommen in Deutschland auf eine Milliarde gefahrener Kilometer 3,1 Tote. In Österreich sind es 4,8 und in den USA 5,0. In beiden Ländern gelten auf der Autobahn Tempolimits bis zu 130 km/h.
Studien haben auch gezeigt, dass wenn man eintönig fährt die Unfälle durch Konzentrationsprobleme zunehmen.
Zudem weiß man nach Innenstadt-Versuchen mit generellem Tempo 30 aus Schweden, dass generelle Lösungen Aggressionen beim Autofahrer schüren.
Und übrigens, Österreich testet streckenweise wieder 160km/h auf Autobahnen und in Italien überlegt man auch schon das Tempolimit aufzuweichen.
Also nicht jetzt alles falsch verstehen, ich sehe nur kein Sinn in sturen Tempolimits, besser finde ich Computergestütze Geschwindigkeitsanlagen die den Verkehr regeln. Also dynamische Wegweiser mit gezielten Tempolimits.
Die wo heute mit 200km/h oder mehr rumbrettern werden es auch bei einem Tempolimit tun, solange die Strafen hier so gering sind.
Ich vergleiche den Wahnsinn der Deutschen mit ihrer Tempolimit-Angst gern mit den US-Amerikanern und ihrer Angst vor strengeren Waffengesetzen. Es führt beides zu mehr Toten, aber „oh je, unsere Freiheit ist bedroht“!
Ein Tempolimit würde Unfälle, CO²-Ausstoß, Staus und Lärm reduzieren.
Zu erstem Punkt eine Faustformel aus der Unfallforschung: „Würde jeder Fahrer auf allen Straßen das Tempo um ein Prozent reduzieren, würden zwei Prozent weniger Unfälle mit leichten, drei Prozent weniger mit schweren und vier Prozent weniger mit tödlichen Verletzungen die Folge sein.“ Quelle: http://www.sueddeutsche.de/auto/verkehrsopfer-mit-sicherheit-am-ziel-vorbei-1.949009-3
Punkt 2: bei hohen Umdrehungszahlen des Motors steigt der Spritverbrauch an. Zusätzlich wird öfters abgebremst und wieder beschleunigt, weil hohe Geschwindigkeitsunterschiede zu anderen Verkerhrsteilnehmern auftreten. Ein Tempolimit würde auch der unnötigen, immer stärkeren Motorisierung entgegenwirken, die zu „sportlichem“ Fahrverhalten führt, sprich starken Beschleunigungen, sprich starkem Spritverbrauch.
Punkt 3: sobald das Verkehrsaufkommen höher wird, reichen Geschwindigkeitsunterschiede der Teilnehmer, um einen Stau aus dem Nichts zu verursachen. Ein gleichmäßiger Verkehrsfluss lässt sich nur mit möglichst ähnlichen Geschwindigkeiten erreichen.
Punkt 4: Mit höherer Geschwindigkeit wird der Lärm durch Reifen-Fahrbahn-Kontakt stärker. Dazu kommen die häufigeren Brems-Beschleunigungsprozesse, die wiederrum durch höhere Drehzahlen mehr Lärm bedeuten.
Also ganz klar: Ja zum Tempolimit!
zum weiterlesen: https://www.vcd.org/themen/verkehrssicherheit/tempolimit-auf-autobahnen/
Sehr geehrter Herr Widmann,
Ich stehe zu meiner Aussage, mich für Tempolimits ausgesprochen zu haben – ich halte Tempolimits weiterhin für richtig. Für sie spricht nicht nur, dass es europaweit usus ist, nicht ohne Begrenzung zu rasen.
Im Gegensatz Ihrer Annahme steigt durch ein Tempolimit die Fahrsicherheit erheblich. Die Unfallrate sinkt und Verkehrsstraftaten werden deutlich weniger wahrscheinlich. Am Ehesten dafür sprechen jedoch die Folgen für die Straßen: Höhere Tempi führen zu einer stärkeren Abnutzung der Straße, wodurch der Staatskasse höhere Kosten zur Last fallen. Natürlich ist bei der Abnutzung der Faktor Gewicht bedeutender, der lässt sich jedoch nur durch Fahrzeugnormen und Regeln für LKWs reglementieren. Das Tempolimit reduziert die Abnutzung durch alle Verkehrsteilnehmer.
Das Thema ist aber bei uns in der Partei nicht unumstritten und wird ziemlich 50:50 vertreten. Manche von uns bewerten den Fahrspaß einfach noch höher als die Sicherheits- und Kostenerwägungen. Das ist Abwägungssache.
Gruß
Simon Pschorr
Landtagskandidat DIE LINKE Konstanz
Zitat: “ ..und dass die Grünen für ein Tempolimit auf Autobahnen sind, weiß man nicht erst seit Erikli („wir verstehen Mobilität eben anders“).“
Aber, so habe ich es zumindest in Erinnerung, hat der Kandidat der Linken (Simon Pschorr) nicht auch gesagt das er ein Tempolimit auf den Autobahnen begrüßt?
Ich persönlich halte davon nichts, es wird dadurch nicht mehr Sicherheit geben und auch der CO² Ausstoß wird damit nicht verringert.